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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.
Er lehnte den ehrenvollen Antrag wegen Alters und Gebrechlichkeit
ab. Da liess der Kaiser den alten Schlosser in einer Sänfte von
Nürnberg nach Wien und wieder zurückverbringen.

Waren die eben genannten Schlosser mehr wegen ihrer mecha-
nischen Trieb- und Kunstwerke berühmt, so zeichnete sich der Nürn-
berger Meister Hans Ehemann auf dem eigentlichen Gebiete der
Schlosserei aus. Er ist der Erfinder des Kombinationsschlosses.
Bereits 1520 verfertigte er ein Kammerschloss für das alte Rathaus
zu Nürnberg, welches grossen Beifall fand. Zwanzig Jahre später, im
Jahre 1540, erfand er das "Mahlschloss". Hieronymus Cardanus
hat dieses Schloss beschrieben und man hat die Erfindung desselben
manchmal fälschlicher Weise dem gelehrten Mathematiker und Philo-
sophen selbst zugeschrieben. Dies ist ebenso unrichtig wie die Angabe
des Cardanus, dass sie dem Janellus Turrianus von Cremona
zuzuschreiben sei. Die Erfindung des Kombinationsschlosses ist eine
deutsche und gebührt allein dem Hans Ehemann. Sein "Mahl-
schloss", wie er es nannte, bestand in einem glatten Cylinder mit
einem Bügel, um welch ersteren sich eine Anzahl sorgfältig ge-
arbeiteter, genau aneinander passender Ringe drehten. Jeder dieser
Ringe hatte auf seinem Umkreis in genau abgemessenen Entfernungen
eine Anzahl gleicher Buchstaben oder Zahlen, z. B. sechs. Durch
Verstellen der Ringe kamen die Buchstaben oder Zahlen in ver-
schiedene Stellung zu einander und zwar ergaben sich bei 6 Ringen
und 6 Zeichen 66 = 46656 Kombinationen. Aber nur bei einer der-
selben, welche einem bestimmten Wort oder einer bestimmten Zahl
entsprach, fasste der eingekerbte Riegel in die Kerben oder Oeff-
nungen der Ringe, wodurch sich das Schloss von selbst öffnete. Die
Kombinationen vermehren sich mit jedem Ringe und Buchstaben
mehr, ausserordentlich. Wenn dieses "Mahlschloss" für den prak-
tischen Gebrauch auch mancherlei Unvollkommenheiten aufweist, so
gab es doch den Anstoss für die späteren Arbeiten von Regnier,
Mallet
und Brahmah. Hans Ehemann erfand ausser diesem
noch ein anderes Geheimschloss, das von einigen älteren Schrift-
stellern "das Salomonische Schloss", von anderen das "Nürnberger
Zankeisen" 1) oder auch "Nürnberger Tand" genannt wurde. Auch
die Erfindung der Thüren, die sich nach beiden Seiten öffnen, schreibt
man ihm zu. Ferner war er auch berühmt als Zirkel- sowie als
Kunstschmied. "Er hat den Geudern am Heumarkt ein Gitter von

1) Siehe Wagenseil, de libera civitat. Norimb. commentates 1697, p. 150.

Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.
Er lehnte den ehrenvollen Antrag wegen Alters und Gebrechlichkeit
ab. Da lieſs der Kaiser den alten Schlosser in einer Sänfte von
Nürnberg nach Wien und wieder zurückverbringen.

Waren die eben genannten Schlosser mehr wegen ihrer mecha-
nischen Trieb- und Kunstwerke berühmt, so zeichnete sich der Nürn-
berger Meister Hans Ehemann auf dem eigentlichen Gebiete der
Schlosserei aus. Er ist der Erfinder des Kombinationsschlosses.
Bereits 1520 verfertigte er ein Kammerschloſs für das alte Rathaus
zu Nürnberg, welches groſsen Beifall fand. Zwanzig Jahre später, im
Jahre 1540, erfand er das „Mahlschloſs“. Hieronymus Cardanus
hat dieses Schloſs beschrieben und man hat die Erfindung desſelben
manchmal fälschlicher Weise dem gelehrten Mathematiker und Philo-
sophen selbst zugeschrieben. Dies ist ebenso unrichtig wie die Angabe
des Cardanus, daſs sie dem Janellus Turrianus von Cremona
zuzuschreiben sei. Die Erfindung des Kombinationsschlosses ist eine
deutsche und gebührt allein dem Hans Ehemann. Sein „Mahl-
schloſs“, wie er es nannte, bestand in einem glatten Cylinder mit
einem Bügel, um welch ersteren sich eine Anzahl sorgfältig ge-
arbeiteter, genau aneinander passender Ringe drehten. Jeder dieser
Ringe hatte auf seinem Umkreis in genau abgemessenen Entfernungen
eine Anzahl gleicher Buchstaben oder Zahlen, z. B. sechs. Durch
Verstellen der Ringe kamen die Buchstaben oder Zahlen in ver-
schiedene Stellung zu einander und zwar ergaben sich bei 6 Ringen
und 6 Zeichen 66 = 46656 Kombinationen. Aber nur bei einer der-
selben, welche einem bestimmten Wort oder einer bestimmten Zahl
entsprach, faſste der eingekerbte Riegel in die Kerben oder Oeff-
nungen der Ringe, wodurch sich das Schloſs von selbst öffnete. Die
Kombinationen vermehren sich mit jedem Ringe und Buchstaben
mehr, auſserordentlich. Wenn dieses „Mahlschloſs“ für den prak-
tischen Gebrauch auch mancherlei Unvollkommenheiten aufweist, so
gab es doch den Anstoſs für die späteren Arbeiten von Regnier,
Mallet
und Brahmah. Hans Ehemann erfand auſser diesem
noch ein anderes Geheimschloſs, das von einigen älteren Schrift-
stellern „das Salomonische Schloſs“, von anderen das „Nürnberger
Zankeisen“ 1) oder auch „Nürnberger Tand“ genannt wurde. Auch
die Erfindung der Thüren, die sich nach beiden Seiten öffnen, schreibt
man ihm zu. Ferner war er auch berühmt als Zirkel- sowie als
Kunstschmied. „Er hat den Geudern am Heumarkt ein Gitter von

1) Siehe Wagenseil, de libera civitat. Norimb. commentates 1697, p. 150.
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[472/0492] Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Er lehnte den ehrenvollen Antrag wegen Alters und Gebrechlichkeit ab. Da lieſs der Kaiser den alten Schlosser in einer Sänfte von Nürnberg nach Wien und wieder zurückverbringen. Waren die eben genannten Schlosser mehr wegen ihrer mecha- nischen Trieb- und Kunstwerke berühmt, so zeichnete sich der Nürn- berger Meister Hans Ehemann auf dem eigentlichen Gebiete der Schlosserei aus. Er ist der Erfinder des Kombinationsschlosses. Bereits 1520 verfertigte er ein Kammerschloſs für das alte Rathaus zu Nürnberg, welches groſsen Beifall fand. Zwanzig Jahre später, im Jahre 1540, erfand er das „Mahlschloſs“. Hieronymus Cardanus hat dieses Schloſs beschrieben und man hat die Erfindung desſelben manchmal fälschlicher Weise dem gelehrten Mathematiker und Philo- sophen selbst zugeschrieben. Dies ist ebenso unrichtig wie die Angabe des Cardanus, daſs sie dem Janellus Turrianus von Cremona zuzuschreiben sei. Die Erfindung des Kombinationsschlosses ist eine deutsche und gebührt allein dem Hans Ehemann. Sein „Mahl- schloſs“, wie er es nannte, bestand in einem glatten Cylinder mit einem Bügel, um welch ersteren sich eine Anzahl sorgfältig ge- arbeiteter, genau aneinander passender Ringe drehten. Jeder dieser Ringe hatte auf seinem Umkreis in genau abgemessenen Entfernungen eine Anzahl gleicher Buchstaben oder Zahlen, z. B. sechs. Durch Verstellen der Ringe kamen die Buchstaben oder Zahlen in ver- schiedene Stellung zu einander und zwar ergaben sich bei 6 Ringen und 6 Zeichen 66 = 46656 Kombinationen. Aber nur bei einer der- selben, welche einem bestimmten Wort oder einer bestimmten Zahl entsprach, faſste der eingekerbte Riegel in die Kerben oder Oeff- nungen der Ringe, wodurch sich das Schloſs von selbst öffnete. Die Kombinationen vermehren sich mit jedem Ringe und Buchstaben mehr, auſserordentlich. Wenn dieses „Mahlschloſs“ für den prak- tischen Gebrauch auch mancherlei Unvollkommenheiten aufweist, so gab es doch den Anstoſs für die späteren Arbeiten von Regnier, Mallet und Brahmah. Hans Ehemann erfand auſser diesem noch ein anderes Geheimschloſs, das von einigen älteren Schrift- stellern „das Salomonische Schloſs“, von anderen das „Nürnberger Zankeisen“ 1) oder auch „Nürnberger Tand“ genannt wurde. Auch die Erfindung der Thüren, die sich nach beiden Seiten öffnen, schreibt man ihm zu. Ferner war er auch berühmt als Zirkel- sowie als Kunstschmied. „Er hat den Geudern am Heumarkt ein Gitter von 1) Siehe Wagenseil, de libera civitat. Norimb. commentates 1697, p. 150.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/492>, abgerufen am 22.11.2024.