Helmreich von Eisfeld, Rechenmeister und Stuhlschreiber zu Halle. Leipzig 1567".
Das Ätzen der auf einem Ätzgrunde hergestellten Zeichnungen geschah mittels des Ätzwassers, einer sauren Flüssigkeit, für die es vielerlei Rezepte gab. In der Regel ätzte man den polierten Grund schwarz und liess die Zeichnung blank. Schöne Rüstungen dieser Art sind im germanischen Museum in Nürnberg (aus der Sulkowskischen Sammlung). Noch eine andere uralte Kunst blühte in jener Zeit wieder herrlich auf, die Tauschierung (tausia, opus mallei), die gediegenste Art der Metallverzierung. Wir haben derselben im ersten Bande bereits an vielen Stellen Erwähnung gethan. Gerade die Germanen scheinen an dieser Art der Metallverzierung die grösste Freude ge- habt zu haben, es ist wenigstens ganz erstaunlich, wie viele tauschierte Arbeiten, und zwar zumeist Silber in Eisen tauschierte, in den fränki- schen und alemannischen Gräbern gefunden werden. Die Tauschierung geschah in zweierlei Weise: entweder mit dem Rauhhammer und aufgeschlagener dünner Folie von Gold oder Silber, wie bei der früher beschriebenen (Bd. I, S. 284) "Bratzkischen Arbeit", welche besonders für grössere Flächen geeignet war, oder mit eingegrabenen Linien, welche mit Gold-, Silber- oder Messingdraht ausgelegt und ausgeschlagen wurden. Eine seltenere, aber sehr solide Art der Tau- schierung an Schwertgriffen u. s. w. bestand darin, das Eisen bis zu gewisser Tiefe förmlich aufzuspalten und ein Stück Blech oder einen dickeren Draht einzulegen und dann das Ganze wieder, wahrschein- lich kalt, abzuschmieden. In der Tauschierung hatten die altdeutschen Schmiede bereits Herrliches geleistet. Im eigentlichen Mittelalter war diese Kunst in Europa sozusagen verloren gegangen, aber im 15. Jahrhundert gelangte sie zuerst in Italien wieder zu hohem An- sehen. Der grösste Künstler darin war ein Venetianer Paolo Azzi- mina, und angeblich soll man nach ihm diese Art der Metalldeko- ration, in der sich nachmals viele Künstler auszeichneten, lavora all' azimina genannt haben.
Ausser Azzimina selbst waren in dieser Kunst im 16. Jahr- hundert besonders hervorragend Paolo Rizzo in Venedig und die schon früher erwähnten Waffenschmiede Filippo Nigroli und seine Brüder, die für Karl V. und Franz I. arbeiteten, die Piccininis, Romero und andere. Auch in Frankreich fand gerade diese Art der Arbeit und zwar diejenige, welche mehr auf die künstliche Damaszierung, also auf die Arbeit mit dem Rauhhammer hinaus- kommt, grossen Beifall und Verbreitung. In Deutschland leisteten
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Helmreich von Eisfeld, Rechenmeister und Stuhlschreiber zu Halle. Leipzig 1567“.
Das Ätzen der auf einem Ätzgrunde hergestellten Zeichnungen geschah mittels des Ätzwassers, einer sauren Flüssigkeit, für die es vielerlei Rezepte gab. In der Regel ätzte man den polierten Grund schwarz und lieſs die Zeichnung blank. Schöne Rüstungen dieser Art sind im germanischen Museum in Nürnberg (aus der Sulkowskischen Sammlung). Noch eine andere uralte Kunst blühte in jener Zeit wieder herrlich auf, die Tauschierung (tausia, opus mallei), die gediegenste Art der Metallverzierung. Wir haben derselben im ersten Bande bereits an vielen Stellen Erwähnung gethan. Gerade die Germanen scheinen an dieser Art der Metallverzierung die gröſste Freude ge- habt zu haben, es ist wenigstens ganz erstaunlich, wie viele tauschierte Arbeiten, und zwar zumeist Silber in Eisen tauschierte, in den fränki- schen und alemannischen Gräbern gefunden werden. Die Tauschierung geschah in zweierlei Weise: entweder mit dem Rauhhammer und aufgeschlagener dünner Folie von Gold oder Silber, wie bei der früher beschriebenen (Bd. I, S. 284) „Bratzkischen Arbeit“, welche besonders für gröſsere Flächen geeignet war, oder mit eingegrabenen Linien, welche mit Gold-, Silber- oder Messingdraht ausgelegt und ausgeschlagen wurden. Eine seltenere, aber sehr solide Art der Tau- schierung an Schwertgriffen u. s. w. bestand darin, das Eisen bis zu gewisser Tiefe förmlich aufzuspalten und ein Stück Blech oder einen dickeren Draht einzulegen und dann das Ganze wieder, wahrschein- lich kalt, abzuschmieden. In der Tauschierung hatten die altdeutschen Schmiede bereits Herrliches geleistet. Im eigentlichen Mittelalter war diese Kunst in Europa sozusagen verloren gegangen, aber im 15. Jahrhundert gelangte sie zuerst in Italien wieder zu hohem An- sehen. Der gröſste Künstler darin war ein Venetianer Paolo Azzi- mina, und angeblich soll man nach ihm diese Art der Metalldeko- ration, in der sich nachmals viele Künstler auszeichneten, lavora all’ azimina genannt haben.
Auſser Azzimina selbst waren in dieser Kunst im 16. Jahr- hundert besonders hervorragend Paolo Rizzo in Venedig und die schon früher erwähnten Waffenschmiede Filippo Nigroli und seine Brüder, die für Karl V. und Franz I. arbeiteten, die Piccininis, Romero und andere. Auch in Frankreich fand gerade diese Art der Arbeit und zwar diejenige, welche mehr auf die künstliche Damaszierung, also auf die Arbeit mit dem Rauhhammer hinaus- kommt, groſsen Beifall und Verbreitung. In Deutschland leisteten
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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Helmreich von Eisfeld, Rechenmeister und Stuhlschreiber zu Halle.
Leipzig 1567“.
Das Ätzen der auf einem Ätzgrunde hergestellten Zeichnungen
geschah mittels des Ätzwassers, einer sauren Flüssigkeit, für die es
vielerlei Rezepte gab. In der Regel ätzte man den polierten Grund
schwarz und lieſs die Zeichnung blank. Schöne Rüstungen dieser Art
sind im germanischen Museum in Nürnberg (aus der Sulkowskischen
Sammlung). Noch eine andere uralte Kunst blühte in jener Zeit wieder
herrlich auf, die Tauschierung (tausia, opus mallei), die gediegenste
Art der Metallverzierung. Wir haben derselben im ersten Bande
bereits an vielen Stellen Erwähnung gethan. Gerade die Germanen
scheinen an dieser Art der Metallverzierung die gröſste Freude ge-
habt zu haben, es ist wenigstens ganz erstaunlich, wie viele tauschierte
Arbeiten, und zwar zumeist Silber in Eisen tauschierte, in den fränki-
schen und alemannischen Gräbern gefunden werden. Die Tauschierung
geschah in zweierlei Weise: entweder mit dem Rauhhammer und
aufgeschlagener dünner Folie von Gold oder Silber, wie bei der
früher beschriebenen (Bd. I, S. 284) „Bratzkischen Arbeit“, welche
besonders für gröſsere Flächen geeignet war, oder mit eingegrabenen
Linien, welche mit Gold-, Silber- oder Messingdraht ausgelegt und
ausgeschlagen wurden. Eine seltenere, aber sehr solide Art der Tau-
schierung an Schwertgriffen u. s. w. bestand darin, das Eisen bis zu
gewisser Tiefe förmlich aufzuspalten und ein Stück Blech oder einen
dickeren Draht einzulegen und dann das Ganze wieder, wahrschein-
lich kalt, abzuschmieden. In der Tauschierung hatten die altdeutschen
Schmiede bereits Herrliches geleistet. Im eigentlichen Mittelalter
war diese Kunst in Europa sozusagen verloren gegangen, aber im
15. Jahrhundert gelangte sie zuerst in Italien wieder zu hohem An-
sehen. Der gröſste Künstler darin war ein Venetianer Paolo Azzi-
mina, und angeblich soll man nach ihm diese Art der Metalldeko-
ration, in der sich nachmals viele Künstler auszeichneten, lavora all’
azimina genannt haben.
Auſser Azzimina selbst waren in dieser Kunst im 16. Jahr-
hundert besonders hervorragend Paolo Rizzo in Venedig und die
schon früher erwähnten Waffenschmiede Filippo Nigroli und seine
Brüder, die für Karl V. und Franz I. arbeiteten, die Piccininis,
Romero und andere. Auch in Frankreich fand gerade diese Art
der Arbeit und zwar diejenige, welche mehr auf die künstliche
Damaszierung, also auf die Arbeit mit dem Rauhhammer hinaus-
kommt, groſsen Beifall und Verbreitung. In Deutschland leisteten
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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