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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
gestellt, als er das Bild, welches er ausarbeitete, nicht wie der Bild-
hauer unmittelbar vor Augen hatte, sondern die Tausende von
Schlägen mit dem Treibhammer oder mit der Punze meist von der
verkehrten Seite führen musste. Dazu kam noch die Schwierigkeit,
dass bei längerem Kalttreiben das Eisen oder der Stahl spröde wurde
und immer neuen Ausglühens bedurfte. Unsere Stanzen und Pressen
waren jenen Künstlern unbekannt, selbst das Blech war nur mit dem
Handhammer ausgetrieben. Die Feile benutzte der Künstler bei
dieser Art von Arbeit kaum.

Die Treibarbeit beschränkte sich aber nicht auf die Ausschmückung
der Waffen allein, sondern sie wurde für mancherlei Kunstschmuck
benutzt. Ausgetriebene Stahlplatten wurden eingerahmt und wie
Bilder an die Wände gehängt. -- Eine der berühmtesten Treib-
arbeiten war der Stuhl des Thomas Rücker1), welchen die Stadt
Augsburg für Kaiser Rudolf II. anfertigen liess. Derselbe befindet
sich jetzt zu Langford-Castle in England, wohin er den Weg aus der
Schatzkammer in Prag über Schweden, vermutlich im 30jährigen
Kriege gefunden hat. An diesem Stuhle sind die Rückwand, Seiten,
Armlehnen und Füsse in kleine Kreise oder längliche Vierecke von
der Grösse eines Thalerstückes eingeteilt und diese in hocherhabener
Arbeit mit einigen Tausend Figürchen gefüllt, welche fortlaufend die
Geschichte des römischen Reiches von dem Abzuge des Änäas von
Troja an, durch das König- und Kaisertum hindurch, mit der des
deutschen Reiches verbunden, bis auf die Zeiten Rudolfs II. dar-
stellen. An der Spitze der Rücklehne befindet sich das Stadtwappen
von Augsburg und die Aufschrift: Thomas Rucker fec. 1574.

War die mühselige Arbeit des Treibens vollbracht, so folgte die
kunstvolle Arbeit des Dekorierens. Biringuccios Schilderung giebt
davon schon eine Vorstellung. Dennoch wollen wir in kurzen Zügen
diese der heutigen Eisentechnik fremd gewordene Kunst kurz schildern.

Das farbige Anlassen, in dem die Meister der Plattnerkunst
eine so grosse Geschicklichkeit besassen, beruht auf bekannten Eigen-
tümlichkeiten des Stahls 2). Die blaue Anlauffarbe war die am meisten
gebräuchliche. Die tauschierten Mailänder Waffen zeichneten sich
durch mattgrauen Grund, gegen den die reiche Goldzier wohlthuend
abstach, aus.

Ausserdem aber färbte man das Eisen durch Glühen und Beizen
und zwar braun und schwarz. Die schwarze Farbe ist dem Eisen

1) Vergl. v. Stetten, a. a. O., S. 192.
2) Bd. I, S. 13.

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
gestellt, als er das Bild, welches er ausarbeitete, nicht wie der Bild-
hauer unmittelbar vor Augen hatte, sondern die Tausende von
Schlägen mit dem Treibhammer oder mit der Punze meist von der
verkehrten Seite führen muſste. Dazu kam noch die Schwierigkeit,
daſs bei längerem Kalttreiben das Eisen oder der Stahl spröde wurde
und immer neuen Ausglühens bedurfte. Unsere Stanzen und Pressen
waren jenen Künstlern unbekannt, selbst das Blech war nur mit dem
Handhammer ausgetrieben. Die Feile benutzte der Künstler bei
dieser Art von Arbeit kaum.

Die Treibarbeit beschränkte sich aber nicht auf die Ausschmückung
der Waffen allein, sondern sie wurde für mancherlei Kunstschmuck
benutzt. Ausgetriebene Stahlplatten wurden eingerahmt und wie
Bilder an die Wände gehängt. — Eine der berühmtesten Treib-
arbeiten war der Stuhl des Thomas Rücker1), welchen die Stadt
Augsburg für Kaiser Rudolf II. anfertigen lieſs. Derselbe befindet
sich jetzt zu Langford-Castle in England, wohin er den Weg aus der
Schatzkammer in Prag über Schweden, vermutlich im 30jährigen
Kriege gefunden hat. An diesem Stuhle sind die Rückwand, Seiten,
Armlehnen und Füſse in kleine Kreise oder längliche Vierecke von
der Gröſse eines Thalerstückes eingeteilt und diese in hocherhabener
Arbeit mit einigen Tauſend Figürchen gefüllt, welche fortlaufend die
Geschichte des römischen Reiches von dem Abzuge des Änäas von
Troja an, durch das König- und Kaisertum hindurch, mit der des
deutschen Reiches verbunden, bis auf die Zeiten Rudolfs II. dar-
stellen. An der Spitze der Rücklehne befindet sich das Stadtwappen
von Augsburg und die Aufschrift: Thomas Rucker fec. 1574.

War die mühselige Arbeit des Treibens vollbracht, so folgte die
kunstvolle Arbeit des Dekorierens. Biringuccios Schilderung giebt
davon schon eine Vorstellung. Dennoch wollen wir in kurzen Zügen
diese der heutigen Eisentechnik fremd gewordene Kunst kurz schildern.

Das farbige Anlassen, in dem die Meister der Plattnerkunst
eine so groſse Geschicklichkeit besaſsen, beruht auf bekannten Eigen-
tümlichkeiten des Stahls 2). Die blaue Anlauffarbe war die am meisten
gebräuchliche. Die tauschierten Mailänder Waffen zeichneten sich
durch mattgrauen Grund, gegen den die reiche Goldzier wohlthuend
abstach, aus.

Auſserdem aber färbte man das Eisen durch Glühen und Beizen
und zwar braun und schwarz. Die schwarze Farbe ist dem Eisen

1) Vergl. v. Stetten, a. a. O., S. 192.
2) Bd. I, S. 13.
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[366/0386] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. gestellt, als er das Bild, welches er ausarbeitete, nicht wie der Bild- hauer unmittelbar vor Augen hatte, sondern die Tausende von Schlägen mit dem Treibhammer oder mit der Punze meist von der verkehrten Seite führen muſste. Dazu kam noch die Schwierigkeit, daſs bei längerem Kalttreiben das Eisen oder der Stahl spröde wurde und immer neuen Ausglühens bedurfte. Unsere Stanzen und Pressen waren jenen Künstlern unbekannt, selbst das Blech war nur mit dem Handhammer ausgetrieben. Die Feile benutzte der Künstler bei dieser Art von Arbeit kaum. Die Treibarbeit beschränkte sich aber nicht auf die Ausschmückung der Waffen allein, sondern sie wurde für mancherlei Kunstschmuck benutzt. Ausgetriebene Stahlplatten wurden eingerahmt und wie Bilder an die Wände gehängt. — Eine der berühmtesten Treib- arbeiten war der Stuhl des Thomas Rücker 1), welchen die Stadt Augsburg für Kaiser Rudolf II. anfertigen lieſs. Derselbe befindet sich jetzt zu Langford-Castle in England, wohin er den Weg aus der Schatzkammer in Prag über Schweden, vermutlich im 30jährigen Kriege gefunden hat. An diesem Stuhle sind die Rückwand, Seiten, Armlehnen und Füſse in kleine Kreise oder längliche Vierecke von der Gröſse eines Thalerstückes eingeteilt und diese in hocherhabener Arbeit mit einigen Tauſend Figürchen gefüllt, welche fortlaufend die Geschichte des römischen Reiches von dem Abzuge des Änäas von Troja an, durch das König- und Kaisertum hindurch, mit der des deutschen Reiches verbunden, bis auf die Zeiten Rudolfs II. dar- stellen. An der Spitze der Rücklehne befindet sich das Stadtwappen von Augsburg und die Aufschrift: Thomas Rucker fec. 1574. War die mühselige Arbeit des Treibens vollbracht, so folgte die kunstvolle Arbeit des Dekorierens. Biringuccios Schilderung giebt davon schon eine Vorstellung. Dennoch wollen wir in kurzen Zügen diese der heutigen Eisentechnik fremd gewordene Kunst kurz schildern. Das farbige Anlassen, in dem die Meister der Plattnerkunst eine so groſse Geschicklichkeit besaſsen, beruht auf bekannten Eigen- tümlichkeiten des Stahls 2). Die blaue Anlauffarbe war die am meisten gebräuchliche. Die tauschierten Mailänder Waffen zeichneten sich durch mattgrauen Grund, gegen den die reiche Goldzier wohlthuend abstach, aus. Auſserdem aber färbte man das Eisen durch Glühen und Beizen und zwar braun und schwarz. Die schwarze Farbe ist dem Eisen 1) Vergl. v. Stetten, a. a. O., S. 192. 2) Bd. I, S. 13.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/386>, abgerufen am 25.11.2024.