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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Über die Verarbeitung des Eisens und des Stahls existieren nur
wenige genauere Nachrichten aus jener Zeit, wir sind auf die er-
haltenen Arbeiten selbst angewiesen, wenn wir uns ein Bild des Ge-
werbes jener Zeit machen wollen. Wichtige Mitteilungen finden
sich nur in Biringuccios Pyrotechnia. Darin handelt das sechste
Kapitel des neunten Buches "von der Kunst des Eisenschmieds":

"Sehr mühsam und viel mühsamer als die vorbeschriebene (Kunst
des Kupferschmiedes) ist die Arbeit des Eisenschmiedes, weil er fort-
während grosse Gewichte zu handhaben hat und vor dem Feuer der
Esse steht, da er nicht anders das harte Eisen erweichen kann, als
durch starkes Erhitzen desselben. Hier hantiert er mit grossen und
starken Zangen, das Eisen inmitten des Feuers haltend, oder es
herausziehend, um es zu betrachten, oder er streut Sand darüber
oder Tuff oder andere Erde. Bald legt er frische Kohlen auf, bald
bespritzt er das Feuer oder schiebt es zusammen oder reinigt es und
endlich schlagen sie mit mächtigen Keulen und schweren Hämmern
das erhitzte Eisen und strecken es aus, so, wie man es sieht nach
Vollendung der Arbeit, die sie in den Händen haben. Und also
haben diese unglücklichen Arbeiter (wie man leicht begreift) niemals
Ruhe, bis sie am Abend des mühsamen, langen Tagewerks, welches
für sie schon mit dem ersten Hahnenschrei beginnt, ganz ermattet und
manchmal ohne sich um das Essen zu bekümmern, sich schlafen
legen. Will man ihre Thätigkeit betrachten und die verschiedenen
Teile dieses Handwerks, so scheint es mir, dass es in viele Arten zer-
fällt. Der eine ist nur Meister für grobe Eisenteile, wie Anker,
Ambosse, Ketten für Mauern oder Geräte für die Artillerie, der andere
für Pflugscharen, Spaten, Hacken und ähnliche Eisenwaren zum Be-
arbeiten der Erde oder für landwirtschaftliche Schneidewerkzeuge;
andere wieder für leichtere Eisenwaren, als Messer, Dolche, Schwerter
und andere Waffen zur Verteidigung mit Spitzen oder Schneiden ...
Aber alle (diese Künste) bestehen im guten Erhitzen des Eisens oder
des Stahls, den man bearbeiten will, und in einer gewissen Geduld,
die Sache gut auszuarbeiten und sie mit dem Hammer und der Feile
oder dem Schleifrade zur Vollendung zu bringen; vor allem, damit
sie nicht blätterig werden. Und wenn die Arbeit aus Eisen und
Stahl zusammen bestehen soll, muss man dafür sorgen, dass sie gut
miteinander vereinigt werden, und wenn sie gehärtet werden muss,
dass sie vernünftig gehärtet werde. Aber viele irren sich darin, so
dass diejenigen, welche die genannten Fertigkeiten haben, sich gute
Meister nennen können, in anbetracht dessen, dass viele, indem sie

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Über die Verarbeitung des Eisens und des Stahls existieren nur
wenige genauere Nachrichten aus jener Zeit, wir sind auf die er-
haltenen Arbeiten selbst angewiesen, wenn wir uns ein Bild des Ge-
werbes jener Zeit machen wollen. Wichtige Mitteilungen finden
sich nur in Biringuccios Pyrotechnia. Darin handelt das sechste
Kapitel des neunten Buches „von der Kunst des Eisenschmieds“:

„Sehr mühsam und viel mühsamer als die vorbeschriebene (Kunst
des Kupferschmiedes) ist die Arbeit des Eisenschmiedes, weil er fort-
während groſse Gewichte zu handhaben hat und vor dem Feuer der
Esse steht, da er nicht anders das harte Eisen erweichen kann, als
durch starkes Erhitzen desſelben. Hier hantiert er mit groſsen und
starken Zangen, das Eisen inmitten des Feuers haltend, oder es
herausziehend, um es zu betrachten, oder er streut Sand darüber
oder Tuff oder andere Erde. Bald legt er frische Kohlen auf, bald
bespritzt er das Feuer oder schiebt es zusammen oder reinigt es und
endlich schlagen sie mit mächtigen Keulen und schweren Hämmern
das erhitzte Eisen und strecken es aus, so, wie man es sieht nach
Vollendung der Arbeit, die sie in den Händen haben. Und also
haben diese unglücklichen Arbeiter (wie man leicht begreift) niemals
Ruhe, bis sie am Abend des mühsamen, langen Tagewerks, welches
für sie schon mit dem ersten Hahnenschrei beginnt, ganz ermattet und
manchmal ohne sich um das Essen zu bekümmern, sich schlafen
legen. Will man ihre Thätigkeit betrachten und die verschiedenen
Teile dieses Handwerks, so scheint es mir, daſs es in viele Arten zer-
fällt. Der eine ist nur Meister für grobe Eisenteile, wie Anker,
Ambosse, Ketten für Mauern oder Geräte für die Artillerie, der andere
für Pflugscharen, Spaten, Hacken und ähnliche Eisenwaren zum Be-
arbeiten der Erde oder für landwirtschaftliche Schneidewerkzeuge;
andere wieder für leichtere Eisenwaren, als Messer, Dolche, Schwerter
und andere Waffen zur Verteidigung mit Spitzen oder Schneiden …
Aber alle (diese Künste) bestehen im guten Erhitzen des Eisens oder
des Stahls, den man bearbeiten will, und in einer gewissen Geduld,
die Sache gut auszuarbeiten und sie mit dem Hammer und der Feile
oder dem Schleifrade zur Vollendung zu bringen; vor allem, damit
sie nicht blätterig werden. Und wenn die Arbeit aus Eisen und
Stahl zusammen bestehen soll, muſs man dafür sorgen, daſs sie gut
miteinander vereinigt werden, und wenn sie gehärtet werden muſs,
daſs sie vernünftig gehärtet werde. Aber viele irren sich darin, so
daſs diejenigen, welche die genannten Fertigkeiten haben, sich gute
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[343/0363] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Über die Verarbeitung des Eisens und des Stahls existieren nur wenige genauere Nachrichten aus jener Zeit, wir sind auf die er- haltenen Arbeiten selbst angewiesen, wenn wir uns ein Bild des Ge- werbes jener Zeit machen wollen. Wichtige Mitteilungen finden sich nur in Biringuccios Pyrotechnia. Darin handelt das sechste Kapitel des neunten Buches „von der Kunst des Eisenschmieds“: „Sehr mühsam und viel mühsamer als die vorbeschriebene (Kunst des Kupferschmiedes) ist die Arbeit des Eisenschmiedes, weil er fort- während groſse Gewichte zu handhaben hat und vor dem Feuer der Esse steht, da er nicht anders das harte Eisen erweichen kann, als durch starkes Erhitzen desſelben. Hier hantiert er mit groſsen und starken Zangen, das Eisen inmitten des Feuers haltend, oder es herausziehend, um es zu betrachten, oder er streut Sand darüber oder Tuff oder andere Erde. Bald legt er frische Kohlen auf, bald bespritzt er das Feuer oder schiebt es zusammen oder reinigt es und endlich schlagen sie mit mächtigen Keulen und schweren Hämmern das erhitzte Eisen und strecken es aus, so, wie man es sieht nach Vollendung der Arbeit, die sie in den Händen haben. Und also haben diese unglücklichen Arbeiter (wie man leicht begreift) niemals Ruhe, bis sie am Abend des mühsamen, langen Tagewerks, welches für sie schon mit dem ersten Hahnenschrei beginnt, ganz ermattet und manchmal ohne sich um das Essen zu bekümmern, sich schlafen legen. Will man ihre Thätigkeit betrachten und die verschiedenen Teile dieses Handwerks, so scheint es mir, daſs es in viele Arten zer- fällt. Der eine ist nur Meister für grobe Eisenteile, wie Anker, Ambosse, Ketten für Mauern oder Geräte für die Artillerie, der andere für Pflugscharen, Spaten, Hacken und ähnliche Eisenwaren zum Be- arbeiten der Erde oder für landwirtschaftliche Schneidewerkzeuge; andere wieder für leichtere Eisenwaren, als Messer, Dolche, Schwerter und andere Waffen zur Verteidigung mit Spitzen oder Schneiden … Aber alle (diese Künste) bestehen im guten Erhitzen des Eisens oder des Stahls, den man bearbeiten will, und in einer gewissen Geduld, die Sache gut auszuarbeiten und sie mit dem Hammer und der Feile oder dem Schleifrade zur Vollendung zu bringen; vor allem, damit sie nicht blätterig werden. Und wenn die Arbeit aus Eisen und Stahl zusammen bestehen soll, muſs man dafür sorgen, daſs sie gut miteinander vereinigt werden, und wenn sie gehärtet werden muſs, daſs sie vernünftig gehärtet werde. Aber viele irren sich darin, so daſs diejenigen, welche die genannten Fertigkeiten haben, sich gute Meister nennen können, in anbetracht dessen, daſs viele, indem sie

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/363>, abgerufen am 25.11.2024.