rand von 3 bis 4 Zoll Höhe aufgesetzt, um die Seitenwände des Herdes zu schützen. Die Form lag steil, um die Hitze nach unten zu bringen, in einem Winkel von 16 bis 20 Grad. Damit man mit der "Moja", d. i. mit der langschäftigen, 15 kg schweren Zange und mit Stangen die "Deule" leichter zu Boden lassen und aus dem tieferen Herde herausholen, ebenso beim Ausbrechen der tiefer im Herde liegenden "Cotta" (Luppe) leichter unter dieselben gelangen könne, ist der "Rolstein" (die Schlackenplatte) um ungefähr 5 Zoll aus dem Herdmittel gerückt, wodurch eine Art Vorherd wie bei der Aufbrechschmiede gebildet wird.
Der erste Teil der Brescianarbeit war die Herstellung des flüssi- gen Eisenbades oder des "Sauer". Hierzu nahm man früher wohl das "Graglach", später "Blattel", d. h. durch Abschrecken mit Wasser gebildete Scheiben von weissem Roheisen, oder auch "Strizelflossen" (graues oder halbirtes Roheisen). Das Einschmelzen der Masse von etwa 50 bis 75 kg geschah auf der Riaseite möglichst rasch. Gleich- zeitig mit der Sauerbildung geschah das "Putzen" der Teile -- "Deule" --, in welche die "Cotta" der letzten Schmelzung und zwar kreuzweise zer- schroten worden war. Dem Putzen im Feuer war schon ein Abklopfen der Deule mit Handhämmern in kaltem Zustande vorausgegangen. Man teilte die Cotta in vier statt in zwei Teile, wie bei der kärntner Rohstahlarbeit, weil sie, um gehörig in den Sauer eingelassen werden zu können, nicht zu gross sein durften. Zum Deulputzen kommen stets die Deule von zwei Cottas, welche in einer Schicht gemacht werden, also acht Stücke, welche im Beginn der Arbeit mauerartig über den Löschstein, mit ihrer rauhen Seite nach dem Feuer gekehrt, aufgestellt werden, von wo ein Stück nach dem andern zum Putzen geholt wird. Während ein Stück zur Cementation im Sauer liegt, wird das nächstfolgende schon zum Schweissen und Putzen vor die Form gebracht, wobei es mit der Moja gefasst wird. Charakte- ristisch für die Brescianschmiede ist, dass jeder Deul in den Sauer eingetaucht und längere Zeit darin verweilen lassen wird. Durch die Bildung von Garschlacke, sowie durch das von den Deulen abschmel- zende Eisen wird der Sauer allmählich selbst gar und geht in einen teigartigen Zustand über. Gelingt es nicht, den Sauer bis zur Be- endigung aller acht Deule zu erhalten, so lässt man den Rest für die nächste Schicht. Das Sauermachen und das Deulputzen dauerte mit acht Stücken ungefähr sechs Stunden.
Sobald der letzte Deul geputzt und zu "Greifen" (Presa), d. i. zu Kolben geschmiedet ist, schreitet man zum "Aufrichten" des
Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
rand von 3 bis 4 Zoll Höhe aufgesetzt, um die Seitenwände des Herdes zu schützen. Die Form lag steil, um die Hitze nach unten zu bringen, in einem Winkel von 16 bis 20 Grad. Damit man mit der „Moja“, d. i. mit der langschäftigen, 15 kg schweren Zange und mit Stangen die „Deule“ leichter zu Boden lassen und aus dem tieferen Herde herausholen, ebenso beim Ausbrechen der tiefer im Herde liegenden „Cotta“ (Luppe) leichter unter dieselben gelangen könne, ist der „Rolstein“ (die Schlackenplatte) um ungefähr 5 Zoll aus dem Herdmittel gerückt, wodurch eine Art Vorherd wie bei der Aufbrechschmiede gebildet wird.
Der erste Teil der Brescianarbeit war die Herstellung des flüssi- gen Eisenbades oder des „Sauer“. Hierzu nahm man früher wohl das „Graglach“, später „Blattel“, d. h. durch Abschrecken mit Wasser gebildete Scheiben von weiſsem Roheisen, oder auch „Strizelflossen“ (graues oder halbirtes Roheisen). Das Einschmelzen der Masse von etwa 50 bis 75 kg geschah auf der Riaseite möglichst rasch. Gleich- zeitig mit der Sauerbildung geschah das „Putzen“ der Teile — „Deule“ —, in welche die „Cotta“ der letzten Schmelzung und zwar kreuzweise zer- schroten worden war. Dem Putzen im Feuer war schon ein Abklopfen der Deule mit Handhämmern in kaltem Zustande vorausgegangen. Man teilte die Cotta in vier statt in zwei Teile, wie bei der kärntner Rohstahlarbeit, weil sie, um gehörig in den Sauer eingelassen werden zu können, nicht zu groſs sein durften. Zum Deulputzen kommen stets die Deule von zwei Cottas, welche in einer Schicht gemacht werden, also acht Stücke, welche im Beginn der Arbeit mauerartig über den Löschstein, mit ihrer rauhen Seite nach dem Feuer gekehrt, aufgestellt werden, von wo ein Stück nach dem andern zum Putzen geholt wird. Während ein Stück zur Cementation im Sauer liegt, wird das nächstfolgende schon zum Schweiſsen und Putzen vor die Form gebracht, wobei es mit der Moja gefaſst wird. Charakte- ristisch für die Brescianschmiede ist, daſs jeder Deul in den Sauer eingetaucht und längere Zeit darin verweilen lassen wird. Durch die Bildung von Garschlacke, sowie durch das von den Deulen abschmel- zende Eisen wird der Sauer allmählich selbst gar und geht in einen teigartigen Zustand über. Gelingt es nicht, den Sauer bis zur Be- endigung aller acht Deule zu erhalten, so läſst man den Rest für die nächste Schicht. Das Sauermachen und das Deulputzen dauerte mit acht Stücken ungefähr sechs Stunden.
Sobald der letzte Deul geputzt und zu „Greifen“ (Presa), d. i. zu Kolben geschmiedet ist, schreitet man zum „Aufrichten“ des
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Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
rand von 3 bis 4 Zoll Höhe aufgesetzt, um die Seitenwände des Herdes
zu schützen. Die Form lag steil, um die Hitze nach unten zu
bringen, in einem Winkel von 16 bis 20 Grad. Damit man mit der
„Moja“, d. i. mit der langschäftigen, 15 kg schweren Zange und
mit Stangen die „Deule“ leichter zu Boden lassen und aus dem
tieferen Herde herausholen, ebenso beim Ausbrechen der tiefer im
Herde liegenden „Cotta“ (Luppe) leichter unter dieselben gelangen
könne, ist der „Rolstein“ (die Schlackenplatte) um ungefähr 5 Zoll
aus dem Herdmittel gerückt, wodurch eine Art Vorherd wie bei der
Aufbrechschmiede gebildet wird.
Der erste Teil der Brescianarbeit war die Herstellung des flüssi-
gen Eisenbades oder des „Sauer“. Hierzu nahm man früher wohl
das „Graglach“, später „Blattel“, d. h. durch Abschrecken mit Wasser
gebildete Scheiben von weiſsem Roheisen, oder auch „Strizelflossen“
(graues oder halbirtes Roheisen). Das Einschmelzen der Masse von
etwa 50 bis 75 kg geschah auf der Riaseite möglichst rasch. Gleich-
zeitig mit der Sauerbildung geschah das „Putzen“ der Teile — „Deule“ —,
in welche die „Cotta“ der letzten Schmelzung und zwar kreuzweise zer-
schroten worden war. Dem Putzen im Feuer war schon ein Abklopfen
der Deule mit Handhämmern in kaltem Zustande vorausgegangen.
Man teilte die Cotta in vier statt in zwei Teile, wie bei der kärntner
Rohstahlarbeit, weil sie, um gehörig in den Sauer eingelassen werden
zu können, nicht zu groſs sein durften. Zum Deulputzen kommen
stets die Deule von zwei Cottas, welche in einer Schicht gemacht
werden, also acht Stücke, welche im Beginn der Arbeit mauerartig
über den Löschstein, mit ihrer rauhen Seite nach dem Feuer gekehrt,
aufgestellt werden, von wo ein Stück nach dem andern zum Putzen
geholt wird. Während ein Stück zur Cementation im Sauer liegt,
wird das nächstfolgende schon zum Schweiſsen und Putzen vor die
Form gebracht, wobei es mit der Moja gefaſst wird. Charakte-
ristisch für die Brescianschmiede ist, daſs jeder Deul in den Sauer
eingetaucht und längere Zeit darin verweilen lassen wird. Durch die
Bildung von Garschlacke, sowie durch das von den Deulen abschmel-
zende Eisen wird der Sauer allmählich selbst gar und geht in einen
teigartigen Zustand über. Gelingt es nicht, den Sauer bis zur Be-
endigung aller acht Deule zu erhalten, so läſst man den Rest für
die nächste Schicht. Das Sauermachen und das Deulputzen dauerte
mit acht Stücken ungefähr sechs Stunden.
Sobald der letzte Deul geputzt und zu „Greifen“ (Presa), d. i.
zu Kolben geschmiedet ist, schreitet man zum „Aufrichten“ des
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/273>, abgerufen am 22.11.2024.
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