schmelzerei als die Brechschmiede, indem nur die zuerst nieder- schmelzenden Eisenpartieen durch das erwähnte Arbeiten mit der Brechstange in der Gare beschleunigt wurden. -- War auf diese Weise ein garer Frischboden erzielt, so wurde mit der Brechstange von unten noch bisweilen gelüftet, aber nicht mehr durchgebrochen. -- So oft mit der Brechstange von unten im Herde gearbeitet wurde, liess man beim Zurückziehen der Stange Schlacke abfliessen. Dadurch blieb der Feuergang ein trockener, wodurch der Frischprozess be- fördert, zugleich aber der Eisenabbrand vermehrt wurde. Durch die starke Windpressung und den verhältnismässig flachen Herdbau war der Feuergang überdies ein hitziger, daher besonders in der letzten Periode, wo der Boden in die Nähe der Form gerückt war, viel "Dünneisen" sich einstellte. Dünneisen war ein halbflüssiger Zustand des mehr oder weniger gefrischten Eisens, der dann eintrat, wenn die Temperatur im Herde sich sehr erhöhte, was zumeist erst gegen Ende des Garfrischens geschah, weil dann mehr Eisen verbrannte und sich der Frischboden erhöhte, die Hitze also auf einen kleineren Raum eingeschränkt wurde. Man brach das Dünneisen, das durch den Wind nach dem Rande getrieben wurde und da erstarrte, in Brocken los und hob es vor die Form, wo es unter Aufkochen frischte. Bei diesem Verfahren wurden 300 bis 350 kg Roheisen zu einer Luppe eingeschmolzen, die in nur drei Stunden gar gefrischt waren. Trotz diesem raschen Gange fiel ein gutes Eisen, dessen Güte durch eine nachträgliche gute Schweissung noch sehr erhöht wurde. Viel trug dazu die Qualität des Roheisens, besonders dessen Mangangehalt bei. In einer siegenschen Frischhütte mit zwei Herden und einem Hammer- schlag frischten vor 50 Jahren fünf bis sechs Mann in 24 Stunden acht bis neun Luppen, welche an 2000 kg Materialeisen als Kolben ergaben. Der Eisenabbrand betrug 25 Prozent, der Kohlenaufwand 6 Kubikfuss Buchenkohle pro Zentner.
In der älteren Zeit war der Hammerschmied gebunden, aus einem Stalln Roheisen, = 75 kg, eine Wag Schmiedeeisen, = 60 kg, zu schmieden, was also einem Abbrand von nur 20 Prozent entspräche. Da aber der beste Hammer bei gutem Gange nur sieben Wag, = 420 kg, in 24 Stunden lieferte, so lässt sich schliessen, dass damals nur ein Herd benutzt wurde, und dass die Einsätze viel kleiner waren, indem dieselben vermutlich für jede Charge nur einen Stalln = 75 kg betrugen und dass der Hammerschmied das gefrischte Eisen sogleich zu fertigem Stabeisen ausschmiedete. Dies wird auch durch die Überlieferung bestätigt. Die Arbeit mit den grossen Luppen und
Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
schmelzerei als die Brechschmiede, indem nur die zuerst nieder- schmelzenden Eisenpartieen durch das erwähnte Arbeiten mit der Brechstange in der Gare beschleunigt wurden. — War auf diese Weise ein garer Frischboden erzielt, so wurde mit der Brechstange von unten noch bisweilen gelüftet, aber nicht mehr durchgebrochen. — So oft mit der Brechstange von unten im Herde gearbeitet wurde, lieſs man beim Zurückziehen der Stange Schlacke abflieſsen. Dadurch blieb der Feuergang ein trockener, wodurch der Frischprozeſs be- fördert, zugleich aber der Eisenabbrand vermehrt wurde. Durch die starke Windpressung und den verhältnismäſsig flachen Herdbau war der Feuergang überdies ein hitziger, daher besonders in der letzten Periode, wo der Boden in die Nähe der Form gerückt war, viel „Dünneisen“ sich einstellte. Dünneisen war ein halbflüssiger Zustand des mehr oder weniger gefrischten Eisens, der dann eintrat, wenn die Temperatur im Herde sich sehr erhöhte, was zumeist erst gegen Ende des Garfrischens geschah, weil dann mehr Eisen verbrannte und sich der Frischboden erhöhte, die Hitze also auf einen kleineren Raum eingeschränkt wurde. Man brach das Dünneisen, das durch den Wind nach dem Rande getrieben wurde und da erstarrte, in Brocken los und hob es vor die Form, wo es unter Aufkochen frischte. Bei diesem Verfahren wurden 300 bis 350 kg Roheisen zu einer Luppe eingeschmolzen, die in nur drei Stunden gar gefrischt waren. Trotz diesem raschen Gange fiel ein gutes Eisen, dessen Güte durch eine nachträgliche gute Schweiſsung noch sehr erhöht wurde. Viel trug dazu die Qualität des Roheisens, besonders dessen Mangangehalt bei. In einer siegenschen Frischhütte mit zwei Herden und einem Hammer- schlag frischten vor 50 Jahren fünf bis sechs Mann in 24 Stunden acht bis neun Luppen, welche an 2000 kg Materialeisen als Kolben ergaben. Der Eisenabbrand betrug 25 Prozent, der Kohlenaufwand 6 Kubikfuſs Buchenkohle pro Zentner.
In der älteren Zeit war der Hammerschmied gebunden, aus einem Stalln Roheisen, = 75 kg, eine Wag Schmiedeeisen, = 60 kg, zu schmieden, was also einem Abbrand von nur 20 Prozent entspräche. Da aber der beste Hammer bei gutem Gange nur sieben Wag, = 420 kg, in 24 Stunden lieferte, so läſst sich schlieſsen, daſs damals nur ein Herd benutzt wurde, und daſs die Einsätze viel kleiner waren, indem dieselben vermutlich für jede Charge nur einen Stalln = 75 kg betrugen und daſs der Hammerschmied das gefrischte Eisen sogleich zu fertigem Stabeisen ausschmiedete. Dies wird auch durch die Überlieferung bestätigt. Die Arbeit mit den groſsen Luppen und
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Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
schmelzerei als die Brechschmiede, indem nur die zuerst nieder-
schmelzenden Eisenpartieen durch das erwähnte Arbeiten mit der
Brechstange in der Gare beschleunigt wurden. — War auf diese
Weise ein garer Frischboden erzielt, so wurde mit der Brechstange
von unten noch bisweilen gelüftet, aber nicht mehr durchgebrochen. —
So oft mit der Brechstange von unten im Herde gearbeitet wurde,
lieſs man beim Zurückziehen der Stange Schlacke abflieſsen. Dadurch
blieb der Feuergang ein trockener, wodurch der Frischprozeſs be-
fördert, zugleich aber der Eisenabbrand vermehrt wurde. Durch die
starke Windpressung und den verhältnismäſsig flachen Herdbau war
der Feuergang überdies ein hitziger, daher besonders in der letzten
Periode, wo der Boden in die Nähe der Form gerückt war, viel
„Dünneisen“ sich einstellte. Dünneisen war ein halbflüssiger Zustand
des mehr oder weniger gefrischten Eisens, der dann eintrat, wenn
die Temperatur im Herde sich sehr erhöhte, was zumeist erst gegen
Ende des Garfrischens geschah, weil dann mehr Eisen verbrannte
und sich der Frischboden erhöhte, die Hitze also auf einen kleineren
Raum eingeschränkt wurde. Man brach das Dünneisen, das durch
den Wind nach dem Rande getrieben wurde und da erstarrte, in
Brocken los und hob es vor die Form, wo es unter Aufkochen frischte.
Bei diesem Verfahren wurden 300 bis 350 kg Roheisen zu einer Luppe
eingeschmolzen, die in nur drei Stunden gar gefrischt waren. Trotz
diesem raschen Gange fiel ein gutes Eisen, dessen Güte durch eine
nachträgliche gute Schweiſsung noch sehr erhöht wurde. Viel trug
dazu die Qualität des Roheisens, besonders dessen Mangangehalt bei.
In einer siegenschen Frischhütte mit zwei Herden und einem Hammer-
schlag frischten vor 50 Jahren fünf bis sechs Mann in 24 Stunden
acht bis neun Luppen, welche an 2000 kg Materialeisen als Kolben
ergaben. Der Eisenabbrand betrug 25 Prozent, der Kohlenaufwand
6 Kubikfuſs Buchenkohle pro Zentner.
In der älteren Zeit war der Hammerschmied gebunden, aus
einem Stalln Roheisen, = 75 kg, eine Wag Schmiedeeisen, = 60 kg,
zu schmieden, was also einem Abbrand von nur 20 Prozent entspräche.
Da aber der beste Hammer bei gutem Gange nur sieben Wag,
= 420 kg, in 24 Stunden lieferte, so läſst sich schlieſsen, daſs damals
nur ein Herd benutzt wurde, und daſs die Einsätze viel kleiner
waren, indem dieselben vermutlich für jede Charge nur einen Stalln
= 75 kg betrugen und daſs der Hammerschmied das gefrischte Eisen
sogleich zu fertigem Stabeisen ausschmiedete. Dies wird auch durch
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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