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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Einleitung.
Fürsten die Einführung des römischen Rechtes in egoistischem Inter-
esse. Sie befreiten sich dadurch von der lästigen Bevormundung
durch die Priesterschaft, deren massgebende Stellung eine Voraus-
setzung des kanonischen Rechtes bildete. Auch das germanische Recht,
welches mit dem kanonischen in der kommunistischen Grundlage,
wonach der Besitz ursprünglich der Gesamtheit, der Gemeinschaft ge-
hört, übereinstimmte, wurde von dem römischen Recht mit seiner
scharfen Definition des Eigentums und seinen klaren Bestimmungen
zum Schutz des persönlichen Besitzes verdrängt zum Vorteil der
Reichen und Mächtigen, zum Nachteil der Armen und Besitzlosen.

Freilich liessen sich die Beschränkungen, welche das kanonische
und zum Teil auch das germanische Recht der Mobilisierung des
Eigentums in den Weg legte, nicht aufrecht erhalten in einer Zeit,
in der Handel, Verkehr und Gewerbthätigkeit nach Ausdehnung und
Entwickelung strebten. Besonders die Wucherverbote, welche jedes
Zinsnehmen für das mobile Kapital für sündhaft, die jeden Handel,
der nicht Tauschhandel war und der mit der Absicht, einen Gewinn
zu erzielen, betrieben wurde, für unchristlich und wucherisch erklärten,
konnten ohne grosse Nachteile nicht fortbestehen. Die schönen Grund-
begriffe des deutschen Rechtes, Ehre und Treue, erwiesen sich un-
zulänglich in Handel und Verkehr und wurden ersetzt durch die be-
stimmteren Paragraphen des Justinianischen Gesetzbuches über das
Eigentum.

Damit zog aber zugleich ein ganz neuer Geist in das wirtschaft-
liche Gebiet. Auch auf ihm verdrängten neue Anschauungen die alten
Gewohnheiten. Der Begriff des Geldes als Mass für alle Werte kam jetzt
erst zu allgemeiner Anerkennung. Daraus entsprang die Festsetzung von
Preisen für Waren, für Güter und für die Arbeit. Es entsprang aber ferner
daraus eine Wertschätzung des Besitzes von geprägtem Geld, die man
früher kaum gekannt hatte und die zu einseitiger Übertreibung neigte.
In engem Zusammenhange damit entwickelte sich eine grössere Beweg-
lichkeit des Vermögens, insbesondere des mobilen Vermögens; -- die
fast vollständige Gleichstellung der beweglichen mit den unbeweglichen
Gütern; die scharfe Unterscheidung von Eigentum und Forderung 1).

Waren dies Vorteile für das wirtschaftliche Gebiet, so brachte uns
die Übernahme der römischen Gesetzeserbschaft auch Nachteile. Der
Römer kannte die freie Arbeit nicht, für ihn gab es nur Sklaven-
arbeit; er verachtete infolgedessen die gewerbliche Arbeit, und frei-

1) Siehe Roscher, Geschichte der Nationalökonomie 1874, S. 17.

Einleitung.
Fürsten die Einführung des römischen Rechtes in egoistischem Inter-
esse. Sie befreiten sich dadurch von der lästigen Bevormundung
durch die Priesterschaft, deren maſsgebende Stellung eine Voraus-
setzung des kanonischen Rechtes bildete. Auch das germanische Recht,
welches mit dem kanonischen in der kommunistischen Grundlage,
wonach der Besitz ursprünglich der Gesamtheit, der Gemeinschaft ge-
hört, übereinstimmte, wurde von dem römischen Recht mit seiner
scharfen Definition des Eigentums und seinen klaren Bestimmungen
zum Schutz des persönlichen Besitzes verdrängt zum Vorteil der
Reichen und Mächtigen, zum Nachteil der Armen und Besitzlosen.

Freilich lieſsen sich die Beschränkungen, welche das kanonische
und zum Teil auch das germanische Recht der Mobilisierung des
Eigentums in den Weg legte, nicht aufrecht erhalten in einer Zeit,
in der Handel, Verkehr und Gewerbthätigkeit nach Ausdehnung und
Entwickelung strebten. Besonders die Wucherverbote, welche jedes
Zinsnehmen für das mobile Kapital für sündhaft, die jeden Handel,
der nicht Tauschhandel war und der mit der Absicht, einen Gewinn
zu erzielen, betrieben wurde, für unchristlich und wucherisch erklärten,
konnten ohne groſse Nachteile nicht fortbestehen. Die schönen Grund-
begriffe des deutschen Rechtes, Ehre und Treue, erwiesen sich un-
zulänglich in Handel und Verkehr und wurden ersetzt durch die be-
stimmteren Paragraphen des Justinianischen Gesetzbuches über das
Eigentum.

Damit zog aber zugleich ein ganz neuer Geist in das wirtschaft-
liche Gebiet. Auch auf ihm verdrängten neue Anschauungen die alten
Gewohnheiten. Der Begriff des Geldes als Maſs für alle Werte kam jetzt
erst zu allgemeiner Anerkennung. Daraus entsprang die Festsetzung von
Preisen für Waren, für Güter und für die Arbeit. Es entsprang aber ferner
daraus eine Wertschätzung des Besitzes von geprägtem Geld, die man
früher kaum gekannt hatte und die zu einseitiger Übertreibung neigte.
In engem Zusammenhange damit entwickelte sich eine gröſsere Beweg-
lichkeit des Vermögens, insbesondere des mobilen Vermögens; — die
fast vollständige Gleichstellung der beweglichen mit den unbeweglichen
Gütern; die scharfe Unterscheidung von Eigentum und Forderung 1).

Waren dies Vorteile für das wirtschaftliche Gebiet, so brachte uns
die Übernahme der römischen Gesetzeserbschaft auch Nachteile. Der
Römer kannte die freie Arbeit nicht, für ihn gab es nur Sklaven-
arbeit; er verachtete infolgedessen die gewerbliche Arbeit, und frei-

1) Siehe Roscher, Geschichte der Nationalökonomie 1874, S. 17.
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[5/0025] Einleitung. Fürsten die Einführung des römischen Rechtes in egoistischem Inter- esse. Sie befreiten sich dadurch von der lästigen Bevormundung durch die Priesterschaft, deren maſsgebende Stellung eine Voraus- setzung des kanonischen Rechtes bildete. Auch das germanische Recht, welches mit dem kanonischen in der kommunistischen Grundlage, wonach der Besitz ursprünglich der Gesamtheit, der Gemeinschaft ge- hört, übereinstimmte, wurde von dem römischen Recht mit seiner scharfen Definition des Eigentums und seinen klaren Bestimmungen zum Schutz des persönlichen Besitzes verdrängt zum Vorteil der Reichen und Mächtigen, zum Nachteil der Armen und Besitzlosen. Freilich lieſsen sich die Beschränkungen, welche das kanonische und zum Teil auch das germanische Recht der Mobilisierung des Eigentums in den Weg legte, nicht aufrecht erhalten in einer Zeit, in der Handel, Verkehr und Gewerbthätigkeit nach Ausdehnung und Entwickelung strebten. Besonders die Wucherverbote, welche jedes Zinsnehmen für das mobile Kapital für sündhaft, die jeden Handel, der nicht Tauschhandel war und der mit der Absicht, einen Gewinn zu erzielen, betrieben wurde, für unchristlich und wucherisch erklärten, konnten ohne groſse Nachteile nicht fortbestehen. Die schönen Grund- begriffe des deutschen Rechtes, Ehre und Treue, erwiesen sich un- zulänglich in Handel und Verkehr und wurden ersetzt durch die be- stimmteren Paragraphen des Justinianischen Gesetzbuches über das Eigentum. Damit zog aber zugleich ein ganz neuer Geist in das wirtschaft- liche Gebiet. Auch auf ihm verdrängten neue Anschauungen die alten Gewohnheiten. Der Begriff des Geldes als Maſs für alle Werte kam jetzt erst zu allgemeiner Anerkennung. Daraus entsprang die Festsetzung von Preisen für Waren, für Güter und für die Arbeit. Es entsprang aber ferner daraus eine Wertschätzung des Besitzes von geprägtem Geld, die man früher kaum gekannt hatte und die zu einseitiger Übertreibung neigte. In engem Zusammenhange damit entwickelte sich eine gröſsere Beweg- lichkeit des Vermögens, insbesondere des mobilen Vermögens; — die fast vollständige Gleichstellung der beweglichen mit den unbeweglichen Gütern; die scharfe Unterscheidung von Eigentum und Forderung 1). Waren dies Vorteile für das wirtschaftliche Gebiet, so brachte uns die Übernahme der römischen Gesetzeserbschaft auch Nachteile. Der Römer kannte die freie Arbeit nicht, für ihn gab es nur Sklaven- arbeit; er verachtete infolgedessen die gewerbliche Arbeit, und frei- 1) Siehe Roscher, Geschichte der Nationalökonomie 1874, S. 17.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/25>, abgerufen am 21.11.2024.