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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Hochöfen.
das geringste Ausbringen von nur 7 43/84 Ztr. = zirka 405 kg bei 4 17/84
Fuder Eisenstein und 5 Fuder Kohlen erhalten wurde.

Jedenfalls waren die Erze, welche in diesem Jahre verschmolzen
worden waren, viel geringhaltiger. Indessen fiel auch die Produktion
um so geringer aus, je mehr Gussware und je weniger Massel erzeugt
wurden. Im Siegerlande gingen um diese Zeit schon einzelne Hütten
fast allein auf Gusswaren.

Weiteren Aufschluss über den Hochofenbetrieb im 16. Jahr-
hundert geben uns die Faktorei-Rechnungen der Gittelder Hütte am
Harz.

Der "Massenofen" zu Gittelde scheint erst unter Herzog Julius
von Braunschweig erbaut und in Betrieb gesetzt worden zu sein.
Über den Betrieb geben die vorhandenen Rechnungen ziemlich voll-
ständigen Aufschluss; über die Konstruktion des Ofens erfahren wir
aber nur wenig. Er war niedrig, hatte viereckigen Querschnitt, bei
jeder Reise wurde ein neues Gestell ("Tell") eingebaut; dieses wurde
aus Bruchsteinen, welche der Meister zu brechen und zu behauen
hatte und wofür ihm ein Mariengulden vergütet wurde, hergestellt.
Die Erze, welche von dem benachbarten Iberg kamen, wurden zum
Teil geröstet oder richtiger gebrannt, denn der Zweck war weniger
eine Oxydation als das feste Erz mürbe zu machen, um es besser
pochen zu können. Fast aller Eisenstein wurde "gebockt", d. h. mit
Hämmern klein geklopft. Die Erze wurden also in zerkleinertem, fast
pulverförmigem Zustande aufgegeben. Das Eisen, welches gewonnen
wurde, war sogenanntes "Stahleisen", welches auf den nahegelegenen
Hammerhütten, der Oberhütte und der Deichhütte verfrischt wurde.
Es war teils weisses, teils graues Roheisen. Aus demselben wurden
auch die "Pucheisen" für die Pochwerke der Oberharzer Bergwerke
und die "Taken", d. h. die eisernen Zacken, für die Frischfeuer der
Hammerhütten hergestellt. Das Herrichten der Gussformen war
Sache des Schmelzmeisters und erhielt er acht Mariengroschen Former-
lohn für den Zentner Pucheisen. Der Massenofen ging nur zeitweilig
und waren die einzelnen Hüttenreisen meistens sehr kurz. Aus der
Zeit von 1573 bis 1590 sind zehn Quartalsrechnungen vorhanden. Nur
in fünf Quartalen war der Massenofen überhaupt in Betrieb und
wurde in dieser ganzen Zeit nur 127 Tage geblasen, so dass sich die
Länge einer Hüttenreise pro Quartal im Durchschnitt auf 25 4/10 Tage
stellt. 1573 und 1590 betrugen die Reisen je 15 Tage, 1575 24 Tage,
1577 28 Tage und 1578 sogar 45 Tage, dieses war eine ausnahms-
weise lange Kampagne.


Hochöfen.
das geringste Ausbringen von nur 7 43/84 Ztr. = zirka 405 kg bei 4 17/84
Fuder Eisenstein und 5 Fuder Kohlen erhalten wurde.

Jedenfalls waren die Erze, welche in diesem Jahre verschmolzen
worden waren, viel geringhaltiger. Indessen fiel auch die Produktion
um so geringer aus, je mehr Guſsware und je weniger Massel erzeugt
wurden. Im Siegerlande gingen um diese Zeit schon einzelne Hütten
fast allein auf Guſswaren.

Weiteren Aufschluſs über den Hochofenbetrieb im 16. Jahr-
hundert geben uns die Faktorei-Rechnungen der Gittelder Hütte am
Harz.

Der „Massenofen“ zu Gittelde scheint erst unter Herzog Julius
von Braunschweig erbaut und in Betrieb gesetzt worden zu sein.
Über den Betrieb geben die vorhandenen Rechnungen ziemlich voll-
ständigen Aufschluſs; über die Konstruktion des Ofens erfahren wir
aber nur wenig. Er war niedrig, hatte viereckigen Querschnitt, bei
jeder Reise wurde ein neues Gestell („Tell“) eingebaut; dieses wurde
aus Bruchsteinen, welche der Meister zu brechen und zu behauen
hatte und wofür ihm ein Mariengulden vergütet wurde, hergestellt.
Die Erze, welche von dem benachbarten Iberg kamen, wurden zum
Teil geröstet oder richtiger gebrannt, denn der Zweck war weniger
eine Oxydation als das feste Erz mürbe zu machen, um es besser
pochen zu können. Fast aller Eisenstein wurde „gebockt“, d. h. mit
Hämmern klein geklopft. Die Erze wurden also in zerkleinertem, fast
pulverförmigem Zustande aufgegeben. Das Eisen, welches gewonnen
wurde, war sogenanntes „Stahleisen“, welches auf den nahegelegenen
Hammerhütten, der Oberhütte und der Deichhütte verfrischt wurde.
Es war teils weiſses, teils graues Roheisen. Aus demselben wurden
auch die „Pucheisen“ für die Pochwerke der Oberharzer Bergwerke
und die „Taken“, d. h. die eisernen Zacken, für die Frischfeuer der
Hammerhütten hergestellt. Das Herrichten der Guſsformen war
Sache des Schmelzmeisters und erhielt er acht Mariengroschen Former-
lohn für den Zentner Pucheisen. Der Massenofen ging nur zeitweilig
und waren die einzelnen Hüttenreisen meistens sehr kurz. Aus der
Zeit von 1573 bis 1590 sind zehn Quartalsrechnungen vorhanden. Nur
in fünf Quartalen war der Massenofen überhaupt in Betrieb und
wurde in dieser ganzen Zeit nur 127 Tage geblasen, so daſs sich die
Länge einer Hüttenreise pro Quartal im Durchschnitt auf 25 4/10 Tage
stellt. 1573 und 1590 betrugen die Reisen je 15 Tage, 1575 24 Tage,
1577 28 Tage und 1578 sogar 45 Tage, dieses war eine ausnahms-
weise lange Kampagne.


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[199/0219] Hochöfen. das geringste Ausbringen von nur 7 43/84 Ztr. = zirka 405 kg bei 4 17/84 Fuder Eisenstein und 5 Fuder Kohlen erhalten wurde. Jedenfalls waren die Erze, welche in diesem Jahre verschmolzen worden waren, viel geringhaltiger. Indessen fiel auch die Produktion um so geringer aus, je mehr Guſsware und je weniger Massel erzeugt wurden. Im Siegerlande gingen um diese Zeit schon einzelne Hütten fast allein auf Guſswaren. Weiteren Aufschluſs über den Hochofenbetrieb im 16. Jahr- hundert geben uns die Faktorei-Rechnungen der Gittelder Hütte am Harz. Der „Massenofen“ zu Gittelde scheint erst unter Herzog Julius von Braunschweig erbaut und in Betrieb gesetzt worden zu sein. Über den Betrieb geben die vorhandenen Rechnungen ziemlich voll- ständigen Aufschluſs; über die Konstruktion des Ofens erfahren wir aber nur wenig. Er war niedrig, hatte viereckigen Querschnitt, bei jeder Reise wurde ein neues Gestell („Tell“) eingebaut; dieses wurde aus Bruchsteinen, welche der Meister zu brechen und zu behauen hatte und wofür ihm ein Mariengulden vergütet wurde, hergestellt. Die Erze, welche von dem benachbarten Iberg kamen, wurden zum Teil geröstet oder richtiger gebrannt, denn der Zweck war weniger eine Oxydation als das feste Erz mürbe zu machen, um es besser pochen zu können. Fast aller Eisenstein wurde „gebockt“, d. h. mit Hämmern klein geklopft. Die Erze wurden also in zerkleinertem, fast pulverförmigem Zustande aufgegeben. Das Eisen, welches gewonnen wurde, war sogenanntes „Stahleisen“, welches auf den nahegelegenen Hammerhütten, der Oberhütte und der Deichhütte verfrischt wurde. Es war teils weiſses, teils graues Roheisen. Aus demselben wurden auch die „Pucheisen“ für die Pochwerke der Oberharzer Bergwerke und die „Taken“, d. h. die eisernen Zacken, für die Frischfeuer der Hammerhütten hergestellt. Das Herrichten der Guſsformen war Sache des Schmelzmeisters und erhielt er acht Mariengroschen Former- lohn für den Zentner Pucheisen. Der Massenofen ging nur zeitweilig und waren die einzelnen Hüttenreisen meistens sehr kurz. Aus der Zeit von 1573 bis 1590 sind zehn Quartalsrechnungen vorhanden. Nur in fünf Quartalen war der Massenofen überhaupt in Betrieb und wurde in dieser ganzen Zeit nur 127 Tage geblasen, so daſs sich die Länge einer Hüttenreise pro Quartal im Durchschnitt auf 25 4/10 Tage stellt. 1573 und 1590 betrugen die Reisen je 15 Tage, 1575 24 Tage, 1577 28 Tage und 1578 sogar 45 Tage, dieses war eine ausnahms- weise lange Kampagne.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/219>, abgerufen am 23.11.2024.