Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Blasebälgen.
denen viel, welche Gold oder Silber schmelzen, denn wenn irgend
ein Körnchen davon durch Zufall herabfällt, wie es vorkommt beim
Hantieren oder Kohlenauflegen, so fällt es in die Schüssel voll Wasser
an einem sicheren Orte, wo man es leicht wiederfinden kann.

Ehe wir uns nun zur Beschreibung der verschiedenen Arten des
Ausschmelzens der Eisenerze im Speziellen wenden, müssen wir noch
die wichtigsten mechanischen Hilfsmittel, wie sie im Anfange des
16. Jahrhunderts zur Beförderung der Schmelzung gebräuchlich waren,
betrachten.



Von den Blasebälgen.

Das wichtigste mechanische Beförderungsmittel der Schmelzung
ist das Gebläse. Als solches war in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts zum Schmelzen der Erze fast ausschliesslich der Blasebalg
in Anwendung. Zwar war möglicherweise in den Hochgebirgsgegen-
den der Pyrenäen und der Alpen auch das Wassertrommelgebläse im
Gebrauch, da dieses aber weder von Biringuccio noch von Agri-
cola
, noch von irgend einem andern Schriftsteller des 16. Jahr-
hunderts erwähnt wird, so haben wir keine Veranlassung, schon an
dieser Stelle auf seine Konstruktion näher einzugehen. Über die Blase-
bälge dagegen besitzen wir ausführliche Mitteilungen sowohl von Agri-
cola
als von Biringuccio, und diese ergänzen sich gewissermassen,
indem ersterer mehr die Konstruktion des Balges, letzterer mehr die
Arten der Bewegung desselben behandelt. Man kannte damals nur
den Lederbalg. Der Holzblasebalg, der später im Hüttenwesen so
allgemeine Verbreitung fand, war noch nicht erfunden. Der Form
nach waren die Bälge fast ausschliesslich Spitzbälge. Der cylindrische
Lederbalg mit kreisrundem Boden und Deckel, wie ihn nach Agri-
colas
Beschreibung die Lusitanier beim Zinnschmelzen verwendeten
(s. Fig. 303, Bd. I), war eine Ausnahme. Agricola beschreibt die
Konstruktion des Spitzbalges zum Erzschmelzen genau (Lib. IX, De
re metallica). Wir wollen den Hauptinhalt im Auszuge mitteilen
mit einigen Zeichnungen des Originals. Jeder Blasebalg (Fig. 25)
besteht aus dem Balgleib und dem Balghaupt. Der Balgleib ist zu-
sammengesetzt aus zwei Holzbrettern, "den Backen", aus zwei Rahmen
und aus zwei Balgledern. Der obere Backen oder der Balgdeckel

Von den Blasebälgen.
denen viel, welche Gold oder Silber schmelzen, denn wenn irgend
ein Körnchen davon durch Zufall herabfällt, wie es vorkommt beim
Hantieren oder Kohlenauflegen, so fällt es in die Schüssel voll Wasser
an einem sicheren Orte, wo man es leicht wiederfinden kann.

Ehe wir uns nun zur Beschreibung der verschiedenen Arten des
Ausschmelzens der Eisenerze im Speziellen wenden, müssen wir noch
die wichtigsten mechanischen Hilfsmittel, wie sie im Anfange des
16. Jahrhunderts zur Beförderung der Schmelzung gebräuchlich waren,
betrachten.



Von den Blasebälgen.

Das wichtigste mechanische Beförderungsmittel der Schmelzung
ist das Gebläse. Als solches war in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts zum Schmelzen der Erze fast ausschlieſslich der Blasebalg
in Anwendung. Zwar war möglicherweise in den Hochgebirgsgegen-
den der Pyrenäen und der Alpen auch das Wassertrommelgebläse im
Gebrauch, da dieses aber weder von Biringuccio noch von Agri-
cola
, noch von irgend einem andern Schriftsteller des 16. Jahr-
hunderts erwähnt wird, so haben wir keine Veranlassung, schon an
dieser Stelle auf seine Konstruktion näher einzugehen. Über die Blase-
bälge dagegen besitzen wir ausführliche Mitteilungen sowohl von Agri-
cola
als von Biringuccio, und diese ergänzen sich gewissermaſsen,
indem ersterer mehr die Konstruktion des Balges, letzterer mehr die
Arten der Bewegung desſelben behandelt. Man kannte damals nur
den Lederbalg. Der Holzblasebalg, der später im Hüttenwesen so
allgemeine Verbreitung fand, war noch nicht erfunden. Der Form
nach waren die Bälge fast ausschlieſslich Spitzbälge. Der cylindrische
Lederbalg mit kreisrundem Boden und Deckel, wie ihn nach Agri-
colas
Beschreibung die Lusitanier beim Zinnschmelzen verwendeten
(s. Fig. 303, Bd. I), war eine Ausnahme. Agricola beschreibt die
Konstruktion des Spitzbalges zum Erzschmelzen genau (Lib. IX, De
re metallica). Wir wollen den Hauptinhalt im Auszuge mitteilen
mit einigen Zeichnungen des Originals. Jeder Blasebalg (Fig. 25)
besteht aus dem Balgleib und dem Balghaupt. Der Balgleib ist zu-
sammengesetzt aus zwei Holzbrettern, „den Backen“, aus zwei Rahmen
und aus zwei Balgledern. Der obere Backen oder der Balgdeckel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0146" n="126"/><fw place="top" type="header">Von den Blasebälgen.</fw><lb/>
denen viel, welche Gold oder Silber schmelzen, denn wenn irgend<lb/>
ein Körnchen davon durch Zufall herabfällt, wie es vorkommt beim<lb/>
Hantieren oder Kohlenauflegen, so fällt es in die Schüssel voll Wasser<lb/>
an einem sicheren Orte, wo man es leicht wiederfinden kann.</p><lb/>
            <p>Ehe wir uns nun zur Beschreibung der verschiedenen Arten des<lb/>
Ausschmelzens der Eisenerze im Speziellen wenden, müssen wir noch<lb/>
die wichtigsten mechanischen Hilfsmittel, wie sie im Anfange des<lb/>
16. Jahrhunderts zur Beförderung der Schmelzung gebräuchlich waren,<lb/>
betrachten.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Von den Blasebälgen</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Das wichtigste mechanische Beförderungsmittel der Schmelzung<lb/>
ist das <hi rendition="#g">Gebläse</hi>. Als solches war in der ersten Hälfte des 16. Jahr-<lb/>
hunderts zum Schmelzen der Erze fast ausschlie&#x017F;slich der <hi rendition="#g">Blasebalg</hi><lb/>
in Anwendung. Zwar war möglicherweise in den Hochgebirgsgegen-<lb/>
den der Pyrenäen und der Alpen auch das Wassertrommelgebläse im<lb/>
Gebrauch, da dieses aber weder von <hi rendition="#g">Biringuccio</hi> noch von <hi rendition="#g">Agri-<lb/>
cola</hi>, noch von irgend einem andern Schriftsteller des 16. Jahr-<lb/>
hunderts erwähnt wird, so haben wir keine Veranlassung, schon an<lb/>
dieser Stelle auf seine Konstruktion näher einzugehen. Über die Blase-<lb/>
bälge dagegen besitzen wir ausführliche Mitteilungen sowohl von <hi rendition="#g">Agri-<lb/>
cola</hi> als von <hi rendition="#g">Biringuccio</hi>, und diese ergänzen sich gewisserma&#x017F;sen,<lb/>
indem ersterer mehr die Konstruktion des Balges, letzterer mehr die<lb/>
Arten der Bewegung des&#x017F;elben behandelt. Man kannte damals nur<lb/>
den <hi rendition="#g">Lederbalg</hi>. Der Holzblasebalg, der später im Hüttenwesen so<lb/>
allgemeine Verbreitung fand, war noch nicht erfunden. Der Form<lb/>
nach waren die Bälge fast ausschlie&#x017F;slich Spitzbälge. Der cylindrische<lb/>
Lederbalg mit kreisrundem Boden und Deckel, wie ihn nach <hi rendition="#g">Agri-<lb/>
colas</hi> Beschreibung die Lusitanier beim Zinnschmelzen verwendeten<lb/>
(s. Fig. 303, Bd. I), war eine Ausnahme. <hi rendition="#g">Agricola</hi> beschreibt die<lb/>
Konstruktion des Spitzbalges zum Erzschmelzen genau (Lib. IX, De<lb/>
re metallica). Wir wollen den Hauptinhalt im Auszuge mitteilen<lb/>
mit einigen Zeichnungen des Originals. Jeder Blasebalg (Fig. 25)<lb/>
besteht aus dem Balgleib und dem Balghaupt. Der Balgleib ist zu-<lb/>
sammengesetzt aus zwei Holzbrettern, &#x201E;den Backen&#x201C;, aus zwei Rahmen<lb/>
und aus zwei Balgledern. Der obere Backen oder der Balgdeckel<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0146] Von den Blasebälgen. denen viel, welche Gold oder Silber schmelzen, denn wenn irgend ein Körnchen davon durch Zufall herabfällt, wie es vorkommt beim Hantieren oder Kohlenauflegen, so fällt es in die Schüssel voll Wasser an einem sicheren Orte, wo man es leicht wiederfinden kann. Ehe wir uns nun zur Beschreibung der verschiedenen Arten des Ausschmelzens der Eisenerze im Speziellen wenden, müssen wir noch die wichtigsten mechanischen Hilfsmittel, wie sie im Anfange des 16. Jahrhunderts zur Beförderung der Schmelzung gebräuchlich waren, betrachten. Von den Blasebälgen. Das wichtigste mechanische Beförderungsmittel der Schmelzung ist das Gebläse. Als solches war in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts zum Schmelzen der Erze fast ausschlieſslich der Blasebalg in Anwendung. Zwar war möglicherweise in den Hochgebirgsgegen- den der Pyrenäen und der Alpen auch das Wassertrommelgebläse im Gebrauch, da dieses aber weder von Biringuccio noch von Agri- cola, noch von irgend einem andern Schriftsteller des 16. Jahr- hunderts erwähnt wird, so haben wir keine Veranlassung, schon an dieser Stelle auf seine Konstruktion näher einzugehen. Über die Blase- bälge dagegen besitzen wir ausführliche Mitteilungen sowohl von Agri- cola als von Biringuccio, und diese ergänzen sich gewissermaſsen, indem ersterer mehr die Konstruktion des Balges, letzterer mehr die Arten der Bewegung desſelben behandelt. Man kannte damals nur den Lederbalg. Der Holzblasebalg, der später im Hüttenwesen so allgemeine Verbreitung fand, war noch nicht erfunden. Der Form nach waren die Bälge fast ausschlieſslich Spitzbälge. Der cylindrische Lederbalg mit kreisrundem Boden und Deckel, wie ihn nach Agri- colas Beschreibung die Lusitanier beim Zinnschmelzen verwendeten (s. Fig. 303, Bd. I), war eine Ausnahme. Agricola beschreibt die Konstruktion des Spitzbalges zum Erzschmelzen genau (Lib. IX, De re metallica). Wir wollen den Hauptinhalt im Auszuge mitteilen mit einigen Zeichnungen des Originals. Jeder Blasebalg (Fig. 25) besteht aus dem Balgleib und dem Balghaupt. Der Balgleib ist zu- sammengesetzt aus zwei Holzbrettern, „den Backen“, aus zwei Rahmen und aus zwei Balgledern. Der obere Backen oder der Balgdeckel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/146
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/146>, abgerufen am 23.11.2024.