Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
England im 17. Jahrhundert.

Wir wollen aus dem Hexenbrei von Sinn und Unsinn, der in
Sturtevants Metallica zusammengebraut ist, nur noch einige Brocken
herausfischen, die wenigstens einen Schimmer von Licht auf die
metallurgischen Zustände jener Zeit werfen. Die kamminischen Werk-
zeuge, welche bei der Eisenbereitung in Betracht kommen, sind: Das
Brennmaterial, die Flüssigkeit (liquor) und der Ofen.

Das Brennmaterial ist 1. Holz und Holzkohle, 2. Schacht- oder
Erdkohle und 3. Abfallbrennstoff.

Erdkohle ist die Art Brennmaterial, welche aus den Ein-
geweiden der Erde gegraben wird und von der es mancherlei Arten
giebt, die sich durch ihre Verschiedenheit beim Brennen unter-
scheiden: Die Schottische ist die beste Flammkohle und verzehrt
sich bis auf eine weisse Asche, sie hat mehr Fettiges als Schwefliges
in sich. Die New-Castlekohle, welche gewöhnlich Seekohle genannt
wird, hält länger an und ist dauernder als die Schottische, aufgestocht
giebt sie ein zweites oder drittes Feuer, während sich die Schottische
Kohle sofort verzehrt; deshalb ziehen alle Brauer und Handwerker
Londons diese Seekohle vor. Trotzdem ist sie nicht so geeignet für
manche metallurgische Zwecke, wegen der schweren schwefligen Sub-
stanz, die in ihr zurückbleibt.

Torf (turff and peat) ist die dritte Art Erdkohle, dessen Schwefel,
wenn er welchen hat, nicht so schwer und fressend ist, wie der der
See- und Steinkohle. Dieses Brennmaterial wird in den Niederlanden
meist statt Holz und Steinkohle gebraucht.

Unter brush-fewel versteht Sturtevant nicht nur Stoppeln, Stroh,
Heidekraut u. s. w., sondern auch Pech, Theer, Harz u. s. w. --

Die Beschreibung der Eisenarten, welche er in sowe of iron,
ferrica substantia und could iron einteilt, beweist, dass er nur eine
höchst mangelhafte Kenntnis vom Eisenhüttenprozess überhaupt hatte.

Auf die Frage, wodurch sich denn die neuerfundenen "kammini-
schen" Öfen von den seither gebräuchlichen unterscheiden, giebt der
Erfinder folgende Hauptvorzüge an, die darauf hinweisen, dass ihm
ein Flammofen vorschwebte:

1. Unser kamminischer Ofen ist von so dauerhaftem Ofenmaterial
gebaut und wird fortwährend mit so feuerfesten Mitteln erhalten, dass
er unmöglich durch irgend eine Reverberirflamme oder Hitze zu-
sammenschmelzen kann.

2. Unser kamminischer Ofen wird stets mit mehreren beweg-
lichen Teilen konstruiert, nämlich Thüren, Feuerbett, Materialbett
und Aschenbett, sowie andere Teile nach Belieben.


England im 17. Jahrhundert.

Wir wollen aus dem Hexenbrei von Sinn und Unsinn, der in
Sturtevants Metallica zusammengebraut ist, nur noch einige Brocken
herausfischen, die wenigstens einen Schimmer von Licht auf die
metallurgischen Zustände jener Zeit werfen. Die kamminischen Werk-
zeuge, welche bei der Eisenbereitung in Betracht kommen, sind: Das
Brennmaterial, die Flüssigkeit (liquor) und der Ofen.

Das Brennmaterial ist 1. Holz und Holzkohle, 2. Schacht- oder
Erdkohle und 3. Abfallbrennstoff.

Erdkohle ist die Art Brennmaterial, welche aus den Ein-
geweiden der Erde gegraben wird und von der es mancherlei Arten
giebt, die sich durch ihre Verschiedenheit beim Brennen unter-
scheiden: Die Schottische ist die beste Flammkohle und verzehrt
sich bis auf eine weiſse Asche, sie hat mehr Fettiges als Schwefliges
in sich. Die New-Castlekohle, welche gewöhnlich Seekohle genannt
wird, hält länger an und ist dauernder als die Schottische, aufgestocht
giebt sie ein zweites oder drittes Feuer, während sich die Schottische
Kohle sofort verzehrt; deshalb ziehen alle Brauer und Handwerker
Londons diese Seekohle vor. Trotzdem ist sie nicht so geeignet für
manche metallurgische Zwecke, wegen der schweren schwefligen Sub-
stanz, die in ihr zurückbleibt.

Torf (turff and peat) ist die dritte Art Erdkohle, dessen Schwefel,
wenn er welchen hat, nicht so schwer und fressend ist, wie der der
See- und Steinkohle. Dieses Brennmaterial wird in den Niederlanden
meist statt Holz und Steinkohle gebraucht.

Unter brush-fewel versteht Sturtevant nicht nur Stoppeln, Stroh,
Heidekraut u. s. w., sondern auch Pech, Theer, Harz u. s. w. —

Die Beschreibung der Eisenarten, welche er in sowe of iron,
ferrica substantia und could iron einteilt, beweist, daſs er nur eine
höchst mangelhafte Kenntnis vom Eisenhüttenprozeſs überhaupt hatte.

Auf die Frage, wodurch sich denn die neuerfundenen „kammini-
schen“ Öfen von den seither gebräuchlichen unterscheiden, giebt der
Erfinder folgende Hauptvorzüge an, die darauf hinweisen, daſs ihm
ein Flammofen vorschwebte:

1. Unser kamminischer Ofen ist von so dauerhaftem Ofenmaterial
gebaut und wird fortwährend mit so feuerfesten Mitteln erhalten, daſs
er unmöglich durch irgend eine Reverberirflamme oder Hitze zu-
sammenschmelzen kann.

2. Unser kamminischer Ofen wird stets mit mehreren beweg-
lichen Teilen konstruiert, nämlich Thüren, Feuerbett, Materialbett
und Aschenbett, sowie andere Teile nach Belieben.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f1274" n="1252"/>
              <fw place="top" type="header">England im 17. Jahrhundert.</fw><lb/>
              <p>Wir wollen aus dem Hexenbrei von Sinn und Unsinn, der in<lb/>
Sturtevants Metallica zusammengebraut ist, nur noch einige Brocken<lb/>
herausfischen, die wenigstens einen Schimmer von Licht auf die<lb/>
metallurgischen Zustände jener Zeit werfen. Die kamminischen Werk-<lb/>
zeuge, welche bei der Eisenbereitung in Betracht kommen, sind: Das<lb/>
Brennmaterial, die Flüssigkeit (liquor) und der Ofen.</p><lb/>
              <p>Das Brennmaterial ist 1. Holz und Holzkohle, 2. Schacht- oder<lb/>
Erdkohle und 3. Abfallbrennstoff.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Erdkohle</hi> ist die Art Brennmaterial, welche aus den Ein-<lb/>
geweiden der Erde gegraben wird und von der es mancherlei Arten<lb/>
giebt, die sich durch ihre Verschiedenheit beim Brennen unter-<lb/>
scheiden: Die Schottische ist die beste Flammkohle und verzehrt<lb/>
sich bis auf eine wei&#x017F;se Asche, sie hat mehr Fettiges als Schwefliges<lb/>
in sich. Die New-Castlekohle, welche gewöhnlich Seekohle genannt<lb/>
wird, hält länger an und ist dauernder als die Schottische, aufgestocht<lb/>
giebt sie ein zweites oder drittes Feuer, während sich die Schottische<lb/>
Kohle sofort verzehrt; deshalb ziehen alle Brauer und Handwerker<lb/>
Londons diese Seekohle vor. Trotzdem ist sie nicht so geeignet für<lb/>
manche metallurgische Zwecke, wegen der schweren schwefligen Sub-<lb/>
stanz, die in ihr zurückbleibt.</p><lb/>
              <p>Torf (turff and peat) ist die dritte Art Erdkohle, dessen Schwefel,<lb/>
wenn er welchen hat, nicht so schwer und fressend ist, wie der der<lb/>
See- und Steinkohle. Dieses Brennmaterial wird in den Niederlanden<lb/>
meist statt Holz und Steinkohle gebraucht.</p><lb/>
              <p>Unter brush-fewel versteht Sturtevant nicht nur Stoppeln, Stroh,<lb/>
Heidekraut u. s. w., sondern auch Pech, Theer, Harz u. s. w. &#x2014;</p><lb/>
              <p>Die Beschreibung der Eisenarten, welche er in sowe of iron,<lb/>
ferrica substantia und could iron einteilt, beweist, da&#x017F;s er nur eine<lb/>
höchst mangelhafte Kenntnis vom Eisenhüttenproze&#x017F;s überhaupt hatte.</p><lb/>
              <p>Auf die Frage, wodurch sich denn die neuerfundenen &#x201E;kammini-<lb/>
schen&#x201C; Öfen von den seither gebräuchlichen unterscheiden, giebt der<lb/>
Erfinder folgende Hauptvorzüge an, die darauf hinweisen, da&#x017F;s ihm<lb/>
ein Flammofen vorschwebte:</p><lb/>
              <p>1. Unser kamminischer Ofen ist von so dauerhaftem Ofenmaterial<lb/>
gebaut und wird fortwährend mit so feuerfesten Mitteln erhalten, da&#x017F;s<lb/>
er unmöglich durch irgend eine Reverberirflamme oder Hitze zu-<lb/>
sammenschmelzen kann.</p><lb/>
              <p>2. Unser kamminischer Ofen wird stets mit mehreren beweg-<lb/>
lichen Teilen konstruiert, nämlich Thüren, Feuerbett, Materialbett<lb/>
und Aschenbett, sowie andere Teile nach Belieben.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1252/1274] England im 17. Jahrhundert. Wir wollen aus dem Hexenbrei von Sinn und Unsinn, der in Sturtevants Metallica zusammengebraut ist, nur noch einige Brocken herausfischen, die wenigstens einen Schimmer von Licht auf die metallurgischen Zustände jener Zeit werfen. Die kamminischen Werk- zeuge, welche bei der Eisenbereitung in Betracht kommen, sind: Das Brennmaterial, die Flüssigkeit (liquor) und der Ofen. Das Brennmaterial ist 1. Holz und Holzkohle, 2. Schacht- oder Erdkohle und 3. Abfallbrennstoff. Erdkohle ist die Art Brennmaterial, welche aus den Ein- geweiden der Erde gegraben wird und von der es mancherlei Arten giebt, die sich durch ihre Verschiedenheit beim Brennen unter- scheiden: Die Schottische ist die beste Flammkohle und verzehrt sich bis auf eine weiſse Asche, sie hat mehr Fettiges als Schwefliges in sich. Die New-Castlekohle, welche gewöhnlich Seekohle genannt wird, hält länger an und ist dauernder als die Schottische, aufgestocht giebt sie ein zweites oder drittes Feuer, während sich die Schottische Kohle sofort verzehrt; deshalb ziehen alle Brauer und Handwerker Londons diese Seekohle vor. Trotzdem ist sie nicht so geeignet für manche metallurgische Zwecke, wegen der schweren schwefligen Sub- stanz, die in ihr zurückbleibt. Torf (turff and peat) ist die dritte Art Erdkohle, dessen Schwefel, wenn er welchen hat, nicht so schwer und fressend ist, wie der der See- und Steinkohle. Dieses Brennmaterial wird in den Niederlanden meist statt Holz und Steinkohle gebraucht. Unter brush-fewel versteht Sturtevant nicht nur Stoppeln, Stroh, Heidekraut u. s. w., sondern auch Pech, Theer, Harz u. s. w. — Die Beschreibung der Eisenarten, welche er in sowe of iron, ferrica substantia und could iron einteilt, beweist, daſs er nur eine höchst mangelhafte Kenntnis vom Eisenhüttenprozeſs überhaupt hatte. Auf die Frage, wodurch sich denn die neuerfundenen „kammini- schen“ Öfen von den seither gebräuchlichen unterscheiden, giebt der Erfinder folgende Hauptvorzüge an, die darauf hinweisen, daſs ihm ein Flammofen vorschwebte: 1. Unser kamminischer Ofen ist von so dauerhaftem Ofenmaterial gebaut und wird fortwährend mit so feuerfesten Mitteln erhalten, daſs er unmöglich durch irgend eine Reverberirflamme oder Hitze zu- sammenschmelzen kann. 2. Unser kamminischer Ofen wird stets mit mehreren beweg- lichen Teilen konstruiert, nämlich Thüren, Feuerbett, Materialbett und Aschenbett, sowie andere Teile nach Belieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1274
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1274>, abgerufen am 03.05.2024.