war froh, als endlich ihr Beschützer Urbanowitz abzog. Ein viel Schlimmerer aber kam an seine Stelle, Rittmeister Bombason, der es meisterlich verstand, die Not der geängstigten Bürger noch drücken- der zu machen. Derweilen wurde die Umgebung Schmalkaldens un- aufhörlich von "streifenden Parteien" ausgeplündert und verwüstet. Die Bauern verliessen die Dörfer und Gehöfte und flohen in die Wälder.
Die Kosten an Brandschatzung und Kontribution im Jahre 1634 wurden auf 87830 Reichsthaler veranschlagt. Die Brandschatzungen der folgenden Jahre erfolgten in immer kürzeren Zwischenräumen, dazu legte der Landgraf Schmalkalden ebenfalls schwere Lasten auf. Abgesehen von den Verpflegungskosten seiner Truppen musste die Stadt 1635 10000 Reichsthaler Kriegssteuer an Hessen und 6000 Reichsthaler Reichssteuer zahlen. Nach der Schlacht von Widstock wurde sie von den Schweden geplündert. Dann forderte (1636) der schwedische Oberst Tubalt 17000 Reichsthaler und als er die ge- forderte Anzahlung von 5000 Reichsthalern nicht sogleich erhielt, setzte er den Stadtrat gefangen und plünderte die fürstlichen Speicher und Keller. In dieser Weise ging es fort. Als 1639 Graf Königsmark 12000 Reichsthaler Brandschatzung von Schmalkalden forderte, brachte man nur die Hälfte der Summe zusammen, obgleich die Bürger ihr letztes Silbergerät zusammenschleppten. Unkosten und Schaden wurden in diesem Jahre auf 60000 Reichsthaler ver- anlagt. Viele Bürger verliessen als Bettler die Stadt. Im Juni 1640 verlangte der schwedische General Pfuel 20000 Pfd. Brot. Die Stadt konnte sie nicht liefern. Dafür verlangte der Generalproviant- meister für die heranziehende verbündete evangelische Armee un- verzüglich 500000 Pfd. Brot. Alle Böden und Keller wurden durch- sucht. Die Not der Stadt stieg aufs höchste. Ein Brot kostete damals einen Thaler. Die schrecklichsten Greuel wurden von den verwilderten Soldaten verübt. Nun rückten die Kaiserlichen wieder näher. Um Piccolomini milde zu stimmen, schickte ihm die Stadt statt des fehlenden Geldes und Silbers einen feisten Hirsch, 1000 Hufeisen und 100000 Hufnägel. So wurde das Eisen in dieser harten Zeit zum Lösegeld. Um diese Bedrängnis erschien der unglücklichen Stadt ein Schutzengel in der Person der energischen Landgräfin Amalie Elisabeth, welche die Stadt durch ihre Truppen besetzen liess und manche Unbilden von ihr abwendete. Die Brandschatzungen aber dauerten fort bis zum Friedensschluss. Erwähnen wollen wir nur noch, dass, als im Oktober 1647 der kaiserliche Generalfeld-
Thüringen im 17. Jahrhundert.
war froh, als endlich ihr Beschützer Urbanowitz abzog. Ein viel Schlimmerer aber kam an seine Stelle, Rittmeister Bombason, der es meisterlich verstand, die Not der geängstigten Bürger noch drücken- der zu machen. Derweilen wurde die Umgebung Schmalkaldens un- aufhörlich von „streifenden Parteien“ ausgeplündert und verwüstet. Die Bauern verlieſsen die Dörfer und Gehöfte und flohen in die Wälder.
Die Kosten an Brandschatzung und Kontribution im Jahre 1634 wurden auf 87830 Reichsthaler veranschlagt. Die Brandschatzungen der folgenden Jahre erfolgten in immer kürzeren Zwischenräumen, dazu legte der Landgraf Schmalkalden ebenfalls schwere Lasten auf. Abgesehen von den Verpflegungskosten seiner Truppen muſste die Stadt 1635 10000 Reichsthaler Kriegssteuer an Hessen und 6000 Reichsthaler Reichssteuer zahlen. Nach der Schlacht von Widstock wurde sie von den Schweden geplündert. Dann forderte (1636) der schwedische Oberst Tubalt 17000 Reichsthaler und als er die ge- forderte Anzahlung von 5000 Reichsthalern nicht sogleich erhielt, setzte er den Stadtrat gefangen und plünderte die fürstlichen Speicher und Keller. In dieser Weise ging es fort. Als 1639 Graf Königsmark 12000 Reichsthaler Brandschatzung von Schmalkalden forderte, brachte man nur die Hälfte der Summe zusammen, obgleich die Bürger ihr letztes Silbergerät zusammenschleppten. Unkosten und Schaden wurden in diesem Jahre auf 60000 Reichsthaler ver- anlagt. Viele Bürger verlieſsen als Bettler die Stadt. Im Juni 1640 verlangte der schwedische General Pfuel 20000 Pfd. Brot. Die Stadt konnte sie nicht liefern. Dafür verlangte der Generalproviant- meister für die heranziehende verbündete evangelische Armee un- verzüglich 500000 Pfd. Brot. Alle Böden und Keller wurden durch- sucht. Die Not der Stadt stieg aufs höchste. Ein Brot kostete damals einen Thaler. Die schrecklichsten Greuel wurden von den verwilderten Soldaten verübt. Nun rückten die Kaiserlichen wieder näher. Um Piccolomini milde zu stimmen, schickte ihm die Stadt statt des fehlenden Geldes und Silbers einen feisten Hirsch, 1000 Hufeisen und 100000 Hufnägel. So wurde das Eisen in dieser harten Zeit zum Lösegeld. Um diese Bedrängnis erschien der unglücklichen Stadt ein Schutzengel in der Person der energischen Landgräfin Amalie Elisabeth, welche die Stadt durch ihre Truppen besetzen lieſs und manche Unbilden von ihr abwendete. Die Brandschatzungen aber dauerten fort bis zum Friedensschluſs. Erwähnen wollen wir nur noch, daſs, als im Oktober 1647 der kaiserliche Generalfeld-
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Thüringen im 17. Jahrhundert.
war froh, als endlich ihr Beschützer Urbanowitz abzog. Ein viel
Schlimmerer aber kam an seine Stelle, Rittmeister Bombason, der es
meisterlich verstand, die Not der geängstigten Bürger noch drücken-
der zu machen. Derweilen wurde die Umgebung Schmalkaldens un-
aufhörlich von „streifenden Parteien“ ausgeplündert und verwüstet.
Die Bauern verlieſsen die Dörfer und Gehöfte und flohen in die
Wälder.
Die Kosten an Brandschatzung und Kontribution im Jahre 1634
wurden auf 87830 Reichsthaler veranschlagt. Die Brandschatzungen
der folgenden Jahre erfolgten in immer kürzeren Zwischenräumen,
dazu legte der Landgraf Schmalkalden ebenfalls schwere Lasten auf.
Abgesehen von den Verpflegungskosten seiner Truppen muſste die
Stadt 1635 10000 Reichsthaler Kriegssteuer an Hessen und 6000
Reichsthaler Reichssteuer zahlen. Nach der Schlacht von Widstock
wurde sie von den Schweden geplündert. Dann forderte (1636) der
schwedische Oberst Tubalt 17000 Reichsthaler und als er die ge-
forderte Anzahlung von 5000 Reichsthalern nicht sogleich erhielt,
setzte er den Stadtrat gefangen und plünderte die fürstlichen
Speicher und Keller. In dieser Weise ging es fort. Als 1639 Graf
Königsmark 12000 Reichsthaler Brandschatzung von Schmalkalden
forderte, brachte man nur die Hälfte der Summe zusammen, obgleich
die Bürger ihr letztes Silbergerät zusammenschleppten. Unkosten
und Schaden wurden in diesem Jahre auf 60000 Reichsthaler ver-
anlagt. Viele Bürger verlieſsen als Bettler die Stadt. Im Juni 1640
verlangte der schwedische General Pfuel 20000 Pfd. Brot. Die
Stadt konnte sie nicht liefern. Dafür verlangte der Generalproviant-
meister für die heranziehende verbündete evangelische Armee un-
verzüglich 500000 Pfd. Brot. Alle Böden und Keller wurden durch-
sucht. Die Not der Stadt stieg aufs höchste. Ein Brot kostete
damals einen Thaler. Die schrecklichsten Greuel wurden von den
verwilderten Soldaten verübt. Nun rückten die Kaiserlichen wieder
näher. Um Piccolomini milde zu stimmen, schickte ihm die Stadt
statt des fehlenden Geldes und Silbers einen feisten Hirsch, 1000
Hufeisen und 100000 Hufnägel. So wurde das Eisen in dieser harten
Zeit zum Lösegeld. Um diese Bedrängnis erschien der unglücklichen
Stadt ein Schutzengel in der Person der energischen Landgräfin
Amalie Elisabeth, welche die Stadt durch ihre Truppen besetzen
lieſs und manche Unbilden von ihr abwendete. Die Brandschatzungen
aber dauerten fort bis zum Friedensschluſs. Erwähnen wollen wir
nur noch, daſs, als im Oktober 1647 der kaiserliche Generalfeld-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1125>, abgerufen am 22.11.2024.
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