Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.Thüringen im 17. Jahrhundert. Dieser Streit war auch für das Schicksal Schmalkaldens von grossemEinfluss und erhöhte seine Leiden. Die Grafschaft Henneberg und die Stadt Schmalkalden waren gut lutherisch. 1603 erliess Landgraf Moritz einen Befehl an die schmalkaldischen Prediger, sich nach dem reformierten Bekenntnis zu richten. Diesem Befehl wurde keine Folge geleistet. Ebenso blieb ein zweiter Versuch erfolglos. Da schritt Moritz 1608 zur Gewalt. Erst setzte er den Amtmann ab, liess den Diakonus Merkel, der die lutherische Sache tapfer ver- teidigt hatte, nach Kassel ins Gefängnis abführen und setzte will- fährige Prediger ein. Als aber auch diese Massregeln die lutherisch gesinnten Schmalkaldener nicht einschüchterten, liess er am 9. De- zember 1608 unter grossem Aufruhr der Bürgerschaft die Bilder aus der Kirche mit Gewalt entfernen, und duldete von da ab nur noch reformierten Gottesdienst. Der 30jährige Krieg brach aus. Moritz ergriff mit Eifer die protestantische Sache; Ludwig V. von Hessen- Darmstadt, sein Gegner, hielt es mit dem Kaiser. Als die Kaiser- lichen gesiegt hatten, wurde Moritz's Verfahren für testamentswidrig erklärt und die ganze Marburger Erbschaft der Darmstädter Linie zugesprochen. Auch sollte er dieser für den Nutzen aufkommen, den er bis dahin aus den marburgischen Landen gezogen hätte. Diesen berechneten die Darmstädter zu der enormen Summe von 1357154 Gulden. Solche konnte Moritz nicht zahlen. Da seine Gegenvorschläge verworfen wurden und ihm 1626 von der kaiser- lichen Regierung ein Ziel von einem halben Jahr zur Tilgung der Schuld gesetzt wurde, war er gezwungen, sich mit Landgraf Ludwig zu vergleichen. Diesem überliess er die Herrschaft Schmalkalden und mehrere niederhessische Schlösser als Pfand bis zur Tilgung der Schuld. So wurde Schmalkalden vom Jahre 1626 an hessen- darmstädtisch. Auch mit der Stahlschmiedezunft zu Schmalkalden hatte Land- 1) Siehe Häfner, die Herrschaft Schmalkalden III, S. 252 und 338.
Thüringen im 17. Jahrhundert. Dieser Streit war auch für das Schicksal Schmalkaldens von groſsemEinfluſs und erhöhte seine Leiden. Die Grafschaft Henneberg und die Stadt Schmalkalden waren gut lutherisch. 1603 erlieſs Landgraf Moritz einen Befehl an die schmalkaldischen Prediger, sich nach dem reformierten Bekenntnis zu richten. Diesem Befehl wurde keine Folge geleistet. Ebenso blieb ein zweiter Versuch erfolglos. Da schritt Moritz 1608 zur Gewalt. Erst setzte er den Amtmann ab, lieſs den Diakonus Merkel, der die lutherische Sache tapfer ver- teidigt hatte, nach Kassel ins Gefängnis abführen und setzte will- fährige Prediger ein. Als aber auch diese Maſsregeln die lutherisch gesinnten Schmalkaldener nicht einschüchterten, lieſs er am 9. De- zember 1608 unter groſsem Aufruhr der Bürgerschaft die Bilder aus der Kirche mit Gewalt entfernen, und duldete von da ab nur noch reformierten Gottesdienst. Der 30jährige Krieg brach aus. Moritz ergriff mit Eifer die protestantische Sache; Ludwig V. von Hessen- Darmstadt, sein Gegner, hielt es mit dem Kaiser. Als die Kaiser- lichen gesiegt hatten, wurde Moritz’s Verfahren für testamentswidrig erklärt und die ganze Marburger Erbschaft der Darmstädter Linie zugesprochen. Auch sollte er dieser für den Nutzen aufkommen, den er bis dahin aus den marburgischen Landen gezogen hätte. Diesen berechneten die Darmstädter zu der enormen Summe von 1357154 Gulden. Solche konnte Moritz nicht zahlen. Da seine Gegenvorschläge verworfen wurden und ihm 1626 von der kaiser- lichen Regierung ein Ziel von einem halben Jahr zur Tilgung der Schuld gesetzt wurde, war er gezwungen, sich mit Landgraf Ludwig zu vergleichen. Diesem überlieſs er die Herrschaft Schmalkalden und mehrere niederhessische Schlösser als Pfand bis zur Tilgung der Schuld. So wurde Schmalkalden vom Jahre 1626 an hessen- darmstädtisch. Auch mit der Stahlschmiedezunft zu Schmalkalden hatte Land- 1) Siehe Häfner, die Herrschaft Schmalkalden III, S. 252 und 338.
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Thüringen im 17. Jahrhundert.
Dieser Streit war auch für das Schicksal Schmalkaldens von groſsem
Einfluſs und erhöhte seine Leiden. Die Grafschaft Henneberg und
die Stadt Schmalkalden waren gut lutherisch. 1603 erlieſs Landgraf
Moritz einen Befehl an die schmalkaldischen Prediger, sich nach dem
reformierten Bekenntnis zu richten. Diesem Befehl wurde keine
Folge geleistet. Ebenso blieb ein zweiter Versuch erfolglos. Da
schritt Moritz 1608 zur Gewalt. Erst setzte er den Amtmann ab,
lieſs den Diakonus Merkel, der die lutherische Sache tapfer ver-
teidigt hatte, nach Kassel ins Gefängnis abführen und setzte will-
fährige Prediger ein. Als aber auch diese Maſsregeln die lutherisch
gesinnten Schmalkaldener nicht einschüchterten, lieſs er am 9. De-
zember 1608 unter groſsem Aufruhr der Bürgerschaft die Bilder aus
der Kirche mit Gewalt entfernen, und duldete von da ab nur noch
reformierten Gottesdienst. Der 30jährige Krieg brach aus. Moritz
ergriff mit Eifer die protestantische Sache; Ludwig V. von Hessen-
Darmstadt, sein Gegner, hielt es mit dem Kaiser. Als die Kaiser-
lichen gesiegt hatten, wurde Moritz’s Verfahren für testamentswidrig
erklärt und die ganze Marburger Erbschaft der Darmstädter Linie
zugesprochen. Auch sollte er dieser für den Nutzen aufkommen,
den er bis dahin aus den marburgischen Landen gezogen hätte.
Diesen berechneten die Darmstädter zu der enormen Summe von
1357154 Gulden. Solche konnte Moritz nicht zahlen. Da seine
Gegenvorschläge verworfen wurden und ihm 1626 von der kaiser-
lichen Regierung ein Ziel von einem halben Jahr zur Tilgung der
Schuld gesetzt wurde, war er gezwungen, sich mit Landgraf Ludwig
zu vergleichen. Diesem überlieſs er die Herrschaft Schmalkalden
und mehrere niederhessische Schlösser als Pfand bis zur Tilgung
der Schuld. So wurde Schmalkalden vom Jahre 1626 an hessen-
darmstädtisch.
Auch mit der Stahlschmiedezunft zu Schmalkalden hatte Land-
graf Moritz Zwistigkeiten. Der alte Zehente war in Geld abgelöst
worden, nämlich in eine Jahresabgabe von 580 Thlr. 1). Landgraf
Moritz miſsbilligte diese Abfindung und verlangte wie früher den
Zehnten in Natur und das Recht des Vorkaufs. Die Stahlschmiede
widersetzten sich. Der Landgraf drohte mit Entziehung der Muthe.
Sie versuchten, ihm den Zehnten in Form von Eisenstein auf dem
Berg darzubieten. Allein auch dieser Versuch wurde mit Nachdruck
zurückgewiesen und der Landgraf setzte seinen Willen durch. Von
1) Siehe Häfner, die Herrschaft Schmalkalden III, S. 252 und 338.
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