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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Kärnten im 17. Jahrhundert.

Danach herrschte für einige Zeit Ruhe an der Eisenwurze. Aber
1660 fing durch Bedrückung der St. Veiter Verleger der Notstand
von neuem an, der die Hüttenberger Knappen 1662 wiederum zum
Aufstand trieb. Die Regierung machte sehr mit Unrecht statt der
Verleger die Gewerken dafür verantwortlich. Die verfassten dann in
ihrer Not 1666 eine umfassende Rechtfertigungsschrift. Darin legten
sie die Eigenmächtigkeit der St. Veiter Verleger im Gegensatz zu
den Bestimmungen der Bergordnung dar.

Diese Eigenmächtigkeit bestand wieder darin, dass die Händler
unter dem Preis kauften, und nicht in bar, sondern in Waren, für
die sie willkürlich zu hohe Werte festsetzten 1), in Folge dessen die
Gewerken weder die Arbeiter noch die Kohlen für ihren Betrieb be-
zahlen konnten. Viele Gewerke seien dadurch bereits an den Bettel-
stab gekommen. Als dann die Gewerken ihr Eisen nach anderen
Städten zum Verkauf bringen wollten, liessen sich zwar die St. Veiter
herbei, in gangbaren Fünfzehnerstücken zu bezahlen, verfielen aber
auf den noch viel verderblicheren Ausweg, dass sie die Preise für die
Eisenwaren bestimmten. Dadurch konnte es geschehen, dass sie öfters
Eisen billiger verkauften, als es die Rad- und Hammermeister machen
konnten. So kostete z. B. der Meiler (= 500 Kilo) Roheisen nach beige-
fügter Spezifikation zu Mosinz und Lölling 18 Gulden 50 Kr. 2 Pf. und
zu Hüttenberg 19 Gulden 14 Kr., während die St. Veiter nur 18 Gulden
bezahlten. Als dann die Gewerken sich beklagten, schlossen die St.
Veiter 10 Wochen lang ihre Eisenwage wider Fug und Recht gänzlich,
wodurch sie viele Radwerke zwangen, still zu stehen und ihre Arbeiter
zu entlassen. Eine weitere Gesetzwidrigkeit bestand darin, dass die
St. Veiter jedem Handelsmann verboten, jährlich mehr als 600 Meiler,
sei es geschlagenes oder Roheisen, zu verkaufen; dadurch wollten sie
den Einkaufspreis drücken und den Verkaufspreis in die Höhe schrauben
zu ihrem ausschliesslichen Nutzen, während doch die Gewinnung der
Erze durch die zunehmende Tiefe der Gruben, und die Kohlen durch
den zunehmenden Holzmangel, alle anderen Betriebsmaterialien aber
gleichfalls teurer wurden. Mit Unrecht behaupteten die Veiter durch
eine verdrehte Auslegung ihres Privilegiums von 1399 ein Monopol
auf das Hüttenberger Eisen zu haben.

Diese Hauptklagepunkte der Rechtfertigungsschrift gaben schon
genügenden Einblick in die traurige Lage der Hüttenberger Gewerke,
die denn auch dazu führte, dass die meisten derselben zu Grunde

1) Siehe Münichsdorfer a. a. O., S. 83.
Kärnten im 17. Jahrhundert.

Danach herrschte für einige Zeit Ruhe an der Eisenwurze. Aber
1660 fing durch Bedrückung der St. Veiter Verleger der Notstand
von neuem an, der die Hüttenberger Knappen 1662 wiederum zum
Aufstand trieb. Die Regierung machte sehr mit Unrecht statt der
Verleger die Gewerken dafür verantwortlich. Die verfaſsten dann in
ihrer Not 1666 eine umfassende Rechtfertigungsschrift. Darin legten
sie die Eigenmächtigkeit der St. Veiter Verleger im Gegensatz zu
den Bestimmungen der Bergordnung dar.

Diese Eigenmächtigkeit bestand wieder darin, daſs die Händler
unter dem Preis kauften, und nicht in bar, sondern in Waren, für
die sie willkürlich zu hohe Werte festsetzten 1), in Folge dessen die
Gewerken weder die Arbeiter noch die Kohlen für ihren Betrieb be-
zahlen konnten. Viele Gewerke seien dadurch bereits an den Bettel-
stab gekommen. Als dann die Gewerken ihr Eisen nach anderen
Städten zum Verkauf bringen wollten, lieſsen sich zwar die St. Veiter
herbei, in gangbaren Fünfzehnerstücken zu bezahlen, verfielen aber
auf den noch viel verderblicheren Ausweg, daſs sie die Preise für die
Eisenwaren bestimmten. Dadurch konnte es geschehen, daſs sie öfters
Eisen billiger verkauften, als es die Rad- und Hammermeister machen
konnten. So kostete z. B. der Meiler (= 500 Kilo) Roheisen nach beige-
fügter Spezifikation zu Mosinz und Lölling 18 Gulden 50 Kr. 2 Pf. und
zu Hüttenberg 19 Gulden 14 Kr., während die St. Veiter nur 18 Gulden
bezahlten. Als dann die Gewerken sich beklagten, schlossen die St.
Veiter 10 Wochen lang ihre Eisenwage wider Fug und Recht gänzlich,
wodurch sie viele Radwerke zwangen, still zu stehen und ihre Arbeiter
zu entlassen. Eine weitere Gesetzwidrigkeit bestand darin, daſs die
St. Veiter jedem Handelsmann verboten, jährlich mehr als 600 Meiler,
sei es geschlagenes oder Roheisen, zu verkaufen; dadurch wollten sie
den Einkaufspreis drücken und den Verkaufspreis in die Höhe schrauben
zu ihrem ausschlieſslichen Nutzen, während doch die Gewinnung der
Erze durch die zunehmende Tiefe der Gruben, und die Kohlen durch
den zunehmenden Holzmangel, alle anderen Betriebsmaterialien aber
gleichfalls teurer wurden. Mit Unrecht behaupteten die Veiter durch
eine verdrehte Auslegung ihres Privilegiums von 1399 ein Monopol
auf das Hüttenberger Eisen zu haben.

Diese Hauptklagepunkte der Rechtfertigungsschrift gaben schon
genügenden Einblick in die traurige Lage der Hüttenberger Gewerke,
die denn auch dazu führte, daſs die meisten derselben zu Grunde

1) Siehe Münichsdorfer a. a. O., S. 83.
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[1045/1067] Kärnten im 17. Jahrhundert. Danach herrschte für einige Zeit Ruhe an der Eisenwurze. Aber 1660 fing durch Bedrückung der St. Veiter Verleger der Notstand von neuem an, der die Hüttenberger Knappen 1662 wiederum zum Aufstand trieb. Die Regierung machte sehr mit Unrecht statt der Verleger die Gewerken dafür verantwortlich. Die verfaſsten dann in ihrer Not 1666 eine umfassende Rechtfertigungsschrift. Darin legten sie die Eigenmächtigkeit der St. Veiter Verleger im Gegensatz zu den Bestimmungen der Bergordnung dar. Diese Eigenmächtigkeit bestand wieder darin, daſs die Händler unter dem Preis kauften, und nicht in bar, sondern in Waren, für die sie willkürlich zu hohe Werte festsetzten 1), in Folge dessen die Gewerken weder die Arbeiter noch die Kohlen für ihren Betrieb be- zahlen konnten. Viele Gewerke seien dadurch bereits an den Bettel- stab gekommen. Als dann die Gewerken ihr Eisen nach anderen Städten zum Verkauf bringen wollten, lieſsen sich zwar die St. Veiter herbei, in gangbaren Fünfzehnerstücken zu bezahlen, verfielen aber auf den noch viel verderblicheren Ausweg, daſs sie die Preise für die Eisenwaren bestimmten. Dadurch konnte es geschehen, daſs sie öfters Eisen billiger verkauften, als es die Rad- und Hammermeister machen konnten. So kostete z. B. der Meiler (= 500 Kilo) Roheisen nach beige- fügter Spezifikation zu Mosinz und Lölling 18 Gulden 50 Kr. 2 Pf. und zu Hüttenberg 19 Gulden 14 Kr., während die St. Veiter nur 18 Gulden bezahlten. Als dann die Gewerken sich beklagten, schlossen die St. Veiter 10 Wochen lang ihre Eisenwage wider Fug und Recht gänzlich, wodurch sie viele Radwerke zwangen, still zu stehen und ihre Arbeiter zu entlassen. Eine weitere Gesetzwidrigkeit bestand darin, daſs die St. Veiter jedem Handelsmann verboten, jährlich mehr als 600 Meiler, sei es geschlagenes oder Roheisen, zu verkaufen; dadurch wollten sie den Einkaufspreis drücken und den Verkaufspreis in die Höhe schrauben zu ihrem ausschlieſslichen Nutzen, während doch die Gewinnung der Erze durch die zunehmende Tiefe der Gruben, und die Kohlen durch den zunehmenden Holzmangel, alle anderen Betriebsmaterialien aber gleichfalls teurer wurden. Mit Unrecht behaupteten die Veiter durch eine verdrehte Auslegung ihres Privilegiums von 1399 ein Monopol auf das Hüttenberger Eisen zu haben. Diese Hauptklagepunkte der Rechtfertigungsschrift gaben schon genügenden Einblick in die traurige Lage der Hüttenberger Gewerke, die denn auch dazu führte, daſs die meisten derselben zu Grunde 1) Siehe Münichsdorfer a. a. O., S. 83.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1045. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1067>, abgerufen am 22.11.2024.