Die Feilenhauer konnten gleichfalls "mit merklicher Be- förderung ihrer Wohlfahrt" durch ganz Deutschland reisen und ihr Glück versuchen. Ihr Meisterstück bestand namentlich zu Nürnberg und Zwickau aus drei Stücken: 1. einer grossen, viereckigen, 24 bis 26 Pfd. schweren Feile, so nachmal zu einer Raspel für die Draht- zieher gemacht wurde; 2. aus einer 5 Zoll breiten Schleiffeile, deren sich die Goldschmiede bedienen, und 3. aus einer groben, krummen Raspel mit gekröpfter Angel, wie solche vordem die Sattler zu ge-
[Abbildung]
Fig. 228.
brauchen pflegten. "Sehr verwunderlich ist es", fügt der Autor (Weigel) hinzu, "dass die Meister dieses Handwerks den Stahl, welchen sie verarbeiten, also zu härten und zuzurichten wissen, dass er alle Metalle, ja selbst den härtesten Stahl, wovon doch auch die Feilen gemacht werden, angreift, da doch solche Härtung nur allein aus Salz und Klauen besteht, so auf die glühenden Feilen ge- streut, die Feilen nochmals geglüht und in kaltem Wasser abgelöscht werden."
Folgende Feilensorten waren damals in Gebrauch: "Die Gold- schmiede gebrauchten die groben, halb-linden und linden Feilen; die Uhrmacher die Schnaupen- und Räderfeilen; die Bildhauer und Schreiner Holzraspeln und Sägefeilen und Spitzfeilen zur Schärfung
Beck, Geschichte des Eisens. 65
Die Zünfte im 17. Jahrhundert.
Die Feilenhauer konnten gleichfalls „mit merklicher Be- förderung ihrer Wohlfahrt“ durch ganz Deutschland reisen und ihr Glück versuchen. Ihr Meisterstück bestand namentlich zu Nürnberg und Zwickau aus drei Stücken: 1. einer groſsen, viereckigen, 24 bis 26 Pfd. schweren Feile, so nachmal zu einer Raspel für die Draht- zieher gemacht wurde; 2. aus einer 5 Zoll breiten Schleiffeile, deren sich die Goldschmiede bedienen, und 3. aus einer groben, krummen Raspel mit gekröpfter Angel, wie solche vordem die Sattler zu ge-
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Fig. 228.
brauchen pflegten. „Sehr verwunderlich ist es“, fügt der Autor (Weigel) hinzu, „daſs die Meister dieses Handwerks den Stahl, welchen sie verarbeiten, also zu härten und zuzurichten wissen, daſs er alle Metalle, ja selbst den härtesten Stahl, wovon doch auch die Feilen gemacht werden, angreift, da doch solche Härtung nur allein aus Salz und Klauen besteht, so auf die glühenden Feilen ge- streut, die Feilen nochmals geglüht und in kaltem Wasser abgelöscht werden.“
Folgende Feilensorten waren damals in Gebrauch: „Die Gold- schmiede gebrauchten die groben, halb-linden und linden Feilen; die Uhrmacher die Schnaupen- und Räderfeilen; die Bildhauer und Schreiner Holzraspeln und Sägefeilen und Spitzfeilen zur Schärfung
Beck, Geschichte des Eisens. 65
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Die Zünfte im 17. Jahrhundert.
Die Feilenhauer konnten gleichfalls „mit merklicher Be-
förderung ihrer Wohlfahrt“ durch ganz Deutschland reisen und ihr
Glück versuchen. Ihr Meisterstück bestand namentlich zu Nürnberg
und Zwickau aus drei Stücken: 1. einer groſsen, viereckigen, 24 bis
26 Pfd. schweren Feile, so nachmal zu einer Raspel für die Draht-
zieher gemacht wurde; 2. aus einer 5 Zoll breiten Schleiffeile, deren
sich die Goldschmiede bedienen, und 3. aus einer groben, krummen
Raspel mit gekröpfter Angel, wie solche vordem die Sattler zu ge-
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brauchen pflegten. „Sehr verwunderlich ist es“, fügt der Autor
(Weigel) hinzu, „daſs die Meister dieses Handwerks den Stahl, welchen
sie verarbeiten, also zu härten und zuzurichten wissen, daſs er alle
Metalle, ja selbst den härtesten Stahl, wovon doch auch die Feilen
gemacht werden, angreift, da doch solche Härtung nur allein
aus Salz und Klauen besteht, so auf die glühenden Feilen ge-
streut, die Feilen nochmals geglüht und in kaltem Wasser abgelöscht
werden.“
Folgende Feilensorten waren damals in Gebrauch: „Die Gold-
schmiede gebrauchten die groben, halb-linden und linden Feilen; die
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Beck, Geschichte des Eisens. 65
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1025. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1047>, abgerufen am 22.11.2024.
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