Wasserhaltung verwendet zu haben, weil auf den hohen Bergen und an steilen Abhängen diese Kraft allein zur Verfügung stand. Es ist eine Urkunde erhalten, wonach im Jahre 1105 einem Benediktiner- kloster in Frankreich gestattet wurde, Wasser- und Windmühlen (mo- lendina ad ventum) anzulegen 1).
Im Jahre 1143 2) ward in Northamtonshire eine Abtei in einem Walde angelegt, welcher in einer Zeit von 180 Jahren ganz aufgerieben wurde. Unter den Ursachen dieser Ausrottung wird angegeben, dass in der ganzen Nachbarschaft kein Haus, keine Wind- oder Wasser- mühle erbaut worden, wozu nicht das Holz aus jenem Walde geholt wurde. Als im 12. Jahrhundert diese Mühlen allgemeiner zu werden anfingen, entstand ein Streit darüber, ob von solchen den Geistlichen der Zehnte gebühre, und Pabst Coelestin III. entschied ihn zum Vor- teil seiner Leute. Im Jahre 1332 schlug einer Namens Bartolomeo Verde den Venetianern vor, eine Windmühle anzulegen; nach Unter- suchung des Vorschlags ward ihm dazu eine Stelle angewiesen, die er behalten sollte, wenn ihm sein Unternehmen innerhalb einer bestimmten Zeit glücken würde. Im Jahre 1393 liess die Stadt Speier eine Wind- mühle bauen und einen Mann, welcher mit der Windmühle mahlen konnte, aus den Niederlanden kommen. Im Jahre 1442 ist eine in Frankfurt angelegt worden.
Hatte man bis zum Ende des 13. Jahrhunderts die Wasserkraft fast ausschliesslich zum Mahlen des Getreides verwendet, so fing man im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts damit an, die Kraft auf andere Maschinen und Werkzeuge zu übertragen. Wir haben vorhin gesehen, wie man um diese Zeit anfing, mittels Wasserkraft Stämme zu Brettern zu sägen. Man begann die Kraft des Wassers im Bergbau zur Förde- rung und Wasserhaltung zu verwenden. In der Metallurgie verband man Hämmer und Pochwerke 3) damit und erfand den Drahtzug, die Schleifmühlen, man fing an auch die Blasebälge durch Wasser zu bewegen. Dieser grosse Aufschwung der Mechanik fällt zusammen mit der Zeit der Erfindung des Pulvers und der Reorganisation des Heer- wesens, und man darf wohl sagen, dass auf diesem Gebiete die ge- steigerten Bedürfnisse des Krieges zumeist den Impuls zu den grossen Fortschritten der Technik gaben.
Über die Blasebälge früherer Zeit haben wir wiederholt gehandelt.
1) Mabillon, annales ordinis S. Benedicti tom. V, Lut. Par. 1713, p. 474.
2) Beckmann 1, 35.
3) Eine Stampfmühle, wahrscheinlich zum Ölschlagen, wird bereits im Jahre 1170 in Admonts Urkundenbuch erwähnt (Muchar a. a. O. IV, 91): molendinum quoque unum et "Stampf" unum.
Blasebälge.
Wasserhaltung verwendet zu haben, weil auf den hohen Bergen und an steilen Abhängen diese Kraft allein zur Verfügung stand. Es ist eine Urkunde erhalten, wonach im Jahre 1105 einem Benediktiner- kloster in Frankreich gestattet wurde, Wasser- und Windmühlen (mo- lendina ad ventum) anzulegen 1).
Im Jahre 1143 2) ward in Northamtonshire eine Abtei in einem Walde angelegt, welcher in einer Zeit von 180 Jahren ganz aufgerieben wurde. Unter den Ursachen dieser Ausrottung wird angegeben, daſs in der ganzen Nachbarschaft kein Haus, keine Wind- oder Wasser- mühle erbaut worden, wozu nicht das Holz aus jenem Walde geholt wurde. Als im 12. Jahrhundert diese Mühlen allgemeiner zu werden anfingen, entstand ein Streit darüber, ob von solchen den Geistlichen der Zehnte gebühre, und Pabst Coelestin III. entschied ihn zum Vor- teil seiner Leute. Im Jahre 1332 schlug einer Namens Bartolomeo Verde den Venetianern vor, eine Windmühle anzulegen; nach Unter- suchung des Vorschlags ward ihm dazu eine Stelle angewiesen, die er behalten sollte, wenn ihm sein Unternehmen innerhalb einer bestimmten Zeit glücken würde. Im Jahre 1393 lieſs die Stadt Speier eine Wind- mühle bauen und einen Mann, welcher mit der Windmühle mahlen konnte, aus den Niederlanden kommen. Im Jahre 1442 ist eine in Frankfurt angelegt worden.
Hatte man bis zum Ende des 13. Jahrhunderts die Wasserkraft fast ausschlieſslich zum Mahlen des Getreides verwendet, so fing man im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts damit an, die Kraft auf andere Maschinen und Werkzeuge zu übertragen. Wir haben vorhin gesehen, wie man um diese Zeit anfing, mittels Wasserkraft Stämme zu Brettern zu sägen. Man begann die Kraft des Wassers im Bergbau zur Förde- rung und Wasserhaltung zu verwenden. In der Metallurgie verband man Hämmer und Pochwerke 3) damit und erfand den Drahtzug, die Schleifmühlen, man fing an auch die Blasebälge durch Wasser zu bewegen. Dieser groſse Aufschwung der Mechanik fällt zusammen mit der Zeit der Erfindung des Pulvers und der Reorganisation des Heer- wesens, und man darf wohl sagen, daſs auf diesem Gebiete die ge- steigerten Bedürfnisse des Krieges zumeist den Impuls zu den groſsen Fortschritten der Technik gaben.
Über die Blasebälge früherer Zeit haben wir wiederholt gehandelt.
1) Mabillon, annales ordinis S. Benedicti tom. V, Lut. Par. 1713, p. 474.
2) Beckmann 1, 35.
3) Eine Stampfmühle, wahrscheinlich zum Ölschlagen, wird bereits im Jahre 1170 in Admonts Urkundenbuch erwähnt (Muchar a. a. O. IV, 91): molendinum quoque unum et „Stampf“ unum.
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Blasebälge.
Wasserhaltung verwendet zu haben, weil auf den hohen Bergen und
an steilen Abhängen diese Kraft allein zur Verfügung stand. Es ist
eine Urkunde erhalten, wonach im Jahre 1105 einem Benediktiner-
kloster in Frankreich gestattet wurde, Wasser- und Windmühlen (mo-
lendina ad ventum) anzulegen 1).
Im Jahre 1143 2) ward in Northamtonshire eine Abtei in einem
Walde angelegt, welcher in einer Zeit von 180 Jahren ganz aufgerieben
wurde. Unter den Ursachen dieser Ausrottung wird angegeben, daſs
in der ganzen Nachbarschaft kein Haus, keine Wind- oder Wasser-
mühle erbaut worden, wozu nicht das Holz aus jenem Walde geholt
wurde. Als im 12. Jahrhundert diese Mühlen allgemeiner zu werden
anfingen, entstand ein Streit darüber, ob von solchen den Geistlichen
der Zehnte gebühre, und Pabst Coelestin III. entschied ihn zum Vor-
teil seiner Leute. Im Jahre 1332 schlug einer Namens Bartolomeo
Verde den Venetianern vor, eine Windmühle anzulegen; nach Unter-
suchung des Vorschlags ward ihm dazu eine Stelle angewiesen, die er
behalten sollte, wenn ihm sein Unternehmen innerhalb einer bestimmten
Zeit glücken würde. Im Jahre 1393 lieſs die Stadt Speier eine Wind-
mühle bauen und einen Mann, welcher mit der Windmühle mahlen
konnte, aus den Niederlanden kommen. Im Jahre 1442 ist eine in
Frankfurt angelegt worden.
Hatte man bis zum Ende des 13. Jahrhunderts die Wasserkraft
fast ausschlieſslich zum Mahlen des Getreides verwendet, so fing man
im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts damit an, die Kraft auf andere
Maschinen und Werkzeuge zu übertragen. Wir haben vorhin gesehen,
wie man um diese Zeit anfing, mittels Wasserkraft Stämme zu Brettern
zu sägen. Man begann die Kraft des Wassers im Bergbau zur Förde-
rung und Wasserhaltung zu verwenden. In der Metallurgie verband
man Hämmer und Pochwerke 3) damit und erfand den Drahtzug, die
Schleifmühlen, man fing an auch die Blasebälge durch Wasser zu
bewegen. Dieser groſse Aufschwung der Mechanik fällt zusammen mit
der Zeit der Erfindung des Pulvers und der Reorganisation des Heer-
wesens, und man darf wohl sagen, daſs auf diesem Gebiete die ge-
steigerten Bedürfnisse des Krieges zumeist den Impuls zu den groſsen
Fortschritten der Technik gaben.
Über die Blasebälge früherer Zeit haben wir wiederholt gehandelt.
1) Mabillon, annales ordinis S. Benedicti tom. V, Lut. Par. 1713, p. 474.
2) Beckmann 1, 35.
3) Eine Stampfmühle, wahrscheinlich zum Ölschlagen, wird
bereits im Jahre 1170 in Admonts Urkundenbuch erwähnt (Muchar a. a. O. IV,
91): molendinum quoque unum et „Stampf“ unum.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 956. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/978>, abgerufen am 22.11.2024.
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