Das umfassendste Dokument aber ist die Bestallung des Augs- burgers Heinrich Roggenburger (1436); in ihr heisst es:
"Er kann das Giessen der Büchsen gross und klein, das Schiessen so behend, als man je gesehen hat, und das Pulver dazu machen. Er kann Feuerpfeile schiessen und werfen, gegossene, werfende Werke gross und klein und auf einen solchen Sinn fertigen, wie es in deutschen Landen noch nie gesehen worden, denn sie stehen nach dem Wurfe still, dass sie sich nicht rühren noch verrücken, ohne dass man sie zu binden oder zu fassen nötig hat und werfen Steine von 5 bis 6 Zentner; ferner macht er Züge, mit denen man 100 Zentner heben kann, dann Schirm zu Büchsen und Streitwägen, Brücken, die man über Land führen kann, zum Anlegen auf Gräben und fliessende Wasser. Überdas versteht er Türme, Häuser, Wasser-, Wind- und Rossmühlen zu bauen, gegossene, irdene und hölzerne Deicheln zu fertigen, Brunnen auf Berg und Thal zu leiten und Bildwerk zu formen. Er erhielt jährlich 110 Gulden Lohn."
Die Vielseitigkeit dieser Meister beweist auch, dass Hans von Zabern, des Bischofs von Salzburg Büchsenmeister, im Jahre 1438 den Salz- brunnen zu Reichenhall richtete.
Ist aus den obigen Angaben die Höhe des Soldes der einzelnen Meister zu entnehmen, so möge hier noch einiger anderer Löhnungen erwähnt werden, die sie für ihre Leistungen erhielten. So bekam 1404 einer die Erlaubnis, eine Schmiede zu bauen, ein anderer das Gericht über die Kaltschmiede, und am Rhein (1404) erhielt Meister Martin bei Eroberung einer Burg, zu der er viel beigetragen hatte, fünfzig Gulden, den besten Harnisch und das beste Pferd, die erbeutet wurden.
Von einer zunftmässigen Verfassung, wie sie den Meistern der Fechtkunst vom Kaiser Friedrich III. erteilt wurde, ist in den benutzten Werken keine Erwähnung vorhanden, wohl aber, dass der zum Meister sich ausbilden wollende Geselle bei den Koriphäen seiner Kunst herum- reist, um dort zu lernen, wie Meister Hans aus München (1502) erzählt, bei welchen Meistern er das Feuerwerk, das Pulvermachen, den Schuss aus den Büchsen, das Werfen aus den Mörsern und endlich das Spreng- werk erlernt habe.
Die Anzahl der Büchsenmeister in einem Heere entsprach dem Reich- tume an Geschützen, so hatte Nürnberg im Jahre 1449 zur Bedienung der Büchsen auf den Türmen der Stadtmauer 144 Büchsenmeister, die, den Namen nach zu schliessen, grösstenteils dem eingeborenen Bürger- stande angehörten. Den Gewerben nach finden sich Rotschmiede, Kandelgiesser und andere Feuerarbeiter. Im Heere vor Neuss befanden sich 200 Büchsenmeister.
Büchsenmeister.
Das umfassendste Dokument aber ist die Bestallung des Augs- burgers Heinrich Roggenburger (1436); in ihr heiſst es:
„Er kann das Gieſsen der Büchsen groſs und klein, das Schieſsen so behend, als man je gesehen hat, und das Pulver dazu machen. Er kann Feuerpfeile schieſsen und werfen, gegossene, werfende Werke groſs und klein und auf einen solchen Sinn fertigen, wie es in deutschen Landen noch nie gesehen worden, denn sie stehen nach dem Wurfe still, daſs sie sich nicht rühren noch verrücken, ohne daſs man sie zu binden oder zu fassen nötig hat und werfen Steine von 5 bis 6 Zentner; ferner macht er Züge, mit denen man 100 Zentner heben kann, dann Schirm zu Büchsen und Streitwägen, Brücken, die man über Land führen kann, zum Anlegen auf Gräben und flieſsende Wasser. Überdas versteht er Türme, Häuser, Wasser-, Wind- und Roſsmühlen zu bauen, gegossene, irdene und hölzerne Deicheln zu fertigen, Brunnen auf Berg und Thal zu leiten und Bildwerk zu formen. Er erhielt jährlich 110 Gulden Lohn.“
Die Vielseitigkeit dieser Meister beweist auch, daſs Hans von Zabern, des Bischofs von Salzburg Büchsenmeister, im Jahre 1438 den Salz- brunnen zu Reichenhall richtete.
Ist aus den obigen Angaben die Höhe des Soldes der einzelnen Meister zu entnehmen, so möge hier noch einiger anderer Löhnungen erwähnt werden, die sie für ihre Leistungen erhielten. So bekam 1404 einer die Erlaubnis, eine Schmiede zu bauen, ein anderer das Gericht über die Kaltschmiede, und am Rhein (1404) erhielt Meister Martin bei Eroberung einer Burg, zu der er viel beigetragen hatte, fünfzig Gulden, den besten Harnisch und das beste Pferd, die erbeutet wurden.
Von einer zunftmäſsigen Verfassung, wie sie den Meistern der Fechtkunst vom Kaiser Friedrich III. erteilt wurde, ist in den benutzten Werken keine Erwähnung vorhanden, wohl aber, daſs der zum Meister sich ausbilden wollende Geselle bei den Koriphäen seiner Kunst herum- reist, um dort zu lernen, wie Meister Hans aus München (1502) erzählt, bei welchen Meistern er das Feuerwerk, das Pulvermachen, den Schuſs aus den Büchsen, das Werfen aus den Mörsern und endlich das Spreng- werk erlernt habe.
Die Anzahl der Büchsenmeister in einem Heere entsprach dem Reich- tume an Geschützen, so hatte Nürnberg im Jahre 1449 zur Bedienung der Büchsen auf den Türmen der Stadtmauer 144 Büchsenmeister, die, den Namen nach zu schlieſsen, gröſstenteils dem eingeborenen Bürger- stande angehörten. Den Gewerben nach finden sich Rotschmiede, Kandelgieſser und andere Feuerarbeiter. Im Heere vor Neuſs befanden sich 200 Büchsenmeister.
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Büchsenmeister.
Das umfassendste Dokument aber ist die Bestallung des Augs-
burgers Heinrich Roggenburger (1436); in ihr heiſst es:
„Er kann das Gieſsen der Büchsen groſs und klein, das Schieſsen
so behend, als man je gesehen hat, und das Pulver dazu machen. Er
kann Feuerpfeile schieſsen und werfen, gegossene, werfende Werke
groſs und klein und auf einen solchen Sinn fertigen, wie es in deutschen
Landen noch nie gesehen worden, denn sie stehen nach dem Wurfe still,
daſs sie sich nicht rühren noch verrücken, ohne daſs man sie zu binden
oder zu fassen nötig hat und werfen Steine von 5 bis 6 Zentner; ferner
macht er Züge, mit denen man 100 Zentner heben kann, dann Schirm
zu Büchsen und Streitwägen, Brücken, die man über Land führen kann,
zum Anlegen auf Gräben und flieſsende Wasser. Überdas versteht er
Türme, Häuser, Wasser-, Wind- und Roſsmühlen zu bauen, gegossene,
irdene und hölzerne Deicheln zu fertigen, Brunnen auf Berg und Thal
zu leiten und Bildwerk zu formen. Er erhielt jährlich 110 Gulden Lohn.“
Die Vielseitigkeit dieser Meister beweist auch, daſs Hans von Zabern,
des Bischofs von Salzburg Büchsenmeister, im Jahre 1438 den Salz-
brunnen zu Reichenhall richtete.
Ist aus den obigen Angaben die Höhe des Soldes der einzelnen
Meister zu entnehmen, so möge hier noch einiger anderer Löhnungen
erwähnt werden, die sie für ihre Leistungen erhielten. So bekam 1404
einer die Erlaubnis, eine Schmiede zu bauen, ein anderer das Gericht
über die Kaltschmiede, und am Rhein (1404) erhielt Meister Martin bei
Eroberung einer Burg, zu der er viel beigetragen hatte, fünfzig Gulden,
den besten Harnisch und das beste Pferd, die erbeutet wurden.
Von einer zunftmäſsigen Verfassung, wie sie den Meistern der
Fechtkunst vom Kaiser Friedrich III. erteilt wurde, ist in den benutzten
Werken keine Erwähnung vorhanden, wohl aber, daſs der zum Meister
sich ausbilden wollende Geselle bei den Koriphäen seiner Kunst herum-
reist, um dort zu lernen, wie Meister Hans aus München (1502) erzählt,
bei welchen Meistern er das Feuerwerk, das Pulvermachen, den Schuſs
aus den Büchsen, das Werfen aus den Mörsern und endlich das Spreng-
werk erlernt habe.
Die Anzahl der Büchsenmeister in einem Heere entsprach dem Reich-
tume an Geschützen, so hatte Nürnberg im Jahre 1449 zur Bedienung
der Büchsen auf den Türmen der Stadtmauer 144 Büchsenmeister, die,
den Namen nach zu schlieſsen, gröſstenteils dem eingeborenen Bürger-
stande angehörten. Den Gewerben nach finden sich Rotschmiede,
Kandelgieſser und andere Feuerarbeiter. Im Heere vor Neuſs befanden
sich 200 Büchsenmeister.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 928. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/950>, abgerufen am 22.11.2024.
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