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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Feuerwaffen.

Essenwein nimmt auf Grund der Konstruktion und ähnlicher Ab-
bildungen aus jener Zeit an, dass sie aus den ersten Jahrzehnten des
15. Jahrhunderts (1400 bis 1420) stammen. Sie dürften wohl aus der
Zeit der Hussitenkriege herrühren.

Violet le duc 1) beschreibt zwei ähnliche gusseiserne Kanonen, die
wohl derselben Zeit angehören. Er ist sogar der Ansicht, sie könnten
aus dem 14. Jahrhundert stammen. Dieselben sind Fig. 293 und 294

[Abbildung] Fig. 294.
abgebildet. Man fand sie aufgehängt in der Kirche von Ruffec in
der Charente. Es sind Rohre von Gusseisen ohne Büchsen, mit ge-
schlossenem Bodenstück. Fig. 295 stellt eine bei Boulogne sur mer
ausgegrabene Kanone dar, die derselben Periode angehören dürfte.

Ein anderes, sehr altes gusseisernes Geschütz (nach Essenwein
der Zeit von 1420 bis 1430 angehörig) befindet sich im Besitz des

[Abbildung] Fig. 295.
Herrn von Quast auf Radensleben. Es wurde in der Nähe von Aachen
ausgegraben und weicht in der Konstruktion ab, indem es eine bewegliche,
jedoch mit der Röhre gleich weite Pulverkammer hat (Fig. 296). Dass
man die bewegliche Büchse auch bei grösseren Geschützen ebenfalls
nach jener Zeit öfter von Eisen goss, wurde zuvor erwähnt. In dem
Inventar des Artilleriematerials der Bastille St. Antoine zu Paris aus
dem Jahre 1463 heisst es: "Unter dem, was von den Engländern

1) Violet le duc, Dictionnaire raisonne de l'architecture francaise de XI. et
XVI. siecle, Vol. V, Artikel Engin, S. 248.
Feuerwaffen.

Essenwein nimmt auf Grund der Konstruktion und ähnlicher Ab-
bildungen aus jener Zeit an, daſs sie aus den ersten Jahrzehnten des
15. Jahrhunderts (1400 bis 1420) stammen. Sie dürften wohl aus der
Zeit der Hussitenkriege herrühren.

Violet le duc 1) beschreibt zwei ähnliche guſseiserne Kanonen, die
wohl derselben Zeit angehören. Er ist sogar der Ansicht, sie könnten
aus dem 14. Jahrhundert stammen. Dieselben sind Fig. 293 und 294

[Abbildung] Fig. 294.
abgebildet. Man fand sie aufgehängt in der Kirche von Ruffec in
der Charente. Es sind Rohre von Guſseisen ohne Büchsen, mit ge-
schlossenem Bodenstück. Fig. 295 stellt eine bei Boulogne sur mer
ausgegrabene Kanone dar, die derselben Periode angehören dürfte.

Ein anderes, sehr altes guſseisernes Geschütz (nach Essenwein
der Zeit von 1420 bis 1430 angehörig) befindet sich im Besitz des

[Abbildung] Fig. 295.
Herrn von Quast auf Radensleben. Es wurde in der Nähe von Aachen
ausgegraben und weicht in der Konstruktion ab, indem es eine bewegliche,
jedoch mit der Röhre gleich weite Pulverkammer hat (Fig. 296). Daſs
man die bewegliche Büchse auch bei gröſseren Geschützen ebenfalls
nach jener Zeit öfter von Eisen goſs, wurde zuvor erwähnt. In dem
Inventar des Artilleriematerials der Bastille St. Antoine zu Paris aus
dem Jahre 1463 heiſst es: „Unter dem, was von den Engländern

1) Violet le duc, Dictionnaire raisonné de l’architecture française de XI. et
XVI. siècle, Vol. V, Artikel Engin, S. 248.
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[914/0936] Feuerwaffen. Essenwein nimmt auf Grund der Konstruktion und ähnlicher Ab- bildungen aus jener Zeit an, daſs sie aus den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts (1400 bis 1420) stammen. Sie dürften wohl aus der Zeit der Hussitenkriege herrühren. Violet le duc 1) beschreibt zwei ähnliche guſseiserne Kanonen, die wohl derselben Zeit angehören. Er ist sogar der Ansicht, sie könnten aus dem 14. Jahrhundert stammen. Dieselben sind Fig. 293 und 294 [Abbildung Fig. 294.] abgebildet. Man fand sie aufgehängt in der Kirche von Ruffec in der Charente. Es sind Rohre von Guſseisen ohne Büchsen, mit ge- schlossenem Bodenstück. Fig. 295 stellt eine bei Boulogne sur mer ausgegrabene Kanone dar, die derselben Periode angehören dürfte. Ein anderes, sehr altes guſseisernes Geschütz (nach Essenwein der Zeit von 1420 bis 1430 angehörig) befindet sich im Besitz des [Abbildung Fig. 295.] Herrn von Quast auf Radensleben. Es wurde in der Nähe von Aachen ausgegraben und weicht in der Konstruktion ab, indem es eine bewegliche, jedoch mit der Röhre gleich weite Pulverkammer hat (Fig. 296). Daſs man die bewegliche Büchse auch bei gröſseren Geschützen ebenfalls nach jener Zeit öfter von Eisen goſs, wurde zuvor erwähnt. In dem Inventar des Artilleriematerials der Bastille St. Antoine zu Paris aus dem Jahre 1463 heiſst es: „Unter dem, was von den Engländern 1) Violet le duc, Dictionnaire raisonné de l’architecture française de XI. et XVI. siècle, Vol. V, Artikel Engin, S. 248.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 914. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/936>, abgerufen am 24.11.2024.