wurde, sind abweichend. Das Genter Stadtbuch sagt, im Jahre 1313 habe ein Mönch in Deutschland den Gebrauch der Büchsen erfunden. Der Annalist Gasser setzt die Erfindung auf das Jahr 1330 und fügt hinzu, "die Erfindung sei zweifelsohne durch Eingebung des bösen Feindes gemacht worden". -- Andere, wie Polydor Virgilius von Urbino, legen die Erfindung fälschlich erst in das Jahr 1386. Die Zahl 1330 hat am meisten für sich und ist auch die allgemein angenommene.
Die praktische Verwertung der Erfindung erfolgte ausserordent- lich rasch. Ein französisches Klosterreglement aus dem Jahre 1354 besagt: König Johann habe in diesem Jahre verbürgte Nachricht erhalten, dass in Deutschland von einem Mönch Namens Berthold Schwarz die Erfindung Artillerie zu machen ausgegangen sei und der König befehle daher den Vorgesetzten der Mönche sich fleissig zu erkundigen, welche Qualitäten Kupfer in Frankreich vorhanden seien, sowohl um die Mittel Artillerie zu machen kennen zu lernen, als auch um den Verkauf und die Ausfuhr jenes Metalles in das Ausland zu verhindern 1).
Indessen war nicht bloss bei den Arabern der Gebrauch des Schiesspulvers bereits vor dem Jahre 1330 in Anwendung.
Feuergeschütze wurden schon 1311 bei der Belagerung von Brescia, sowie 1326 bei der von Forli angewendet. Möglich indes, dass dies nur Geschütze mit griechischem Feuer waren. Dagegen wurden im Jahre 1323 Kanonen bei der Belagerung von Baza in Spanien ver- wendet und die Chronik von Metz erwähnt Schiesspulver daselbst im Jahre 1324. Das Verdienst des Berthold Schwarz wird sich also wohl darauf reduzieren, dass er die Zusammensetzung des Schiesspulvers bekannt machte und auf seine Wichtigkeit zum Fortschleudern von Projektilen hinwies. Rasch entwickelte sich vom Jahre 1330 an das Artilleriewesen. 1338 werden die ersten Kanonen in Frankreich er- wähnt. Den grössten Eindruck machte die Anwendung von Feuer- waffen bei der Belagerung von Algesiras in Spanien im Jahre 1342. Die Chroniken berichten, dass die Mauren mit eisernen Kugeln schossen so gross wie Äpfel, und dass die Geschosse solche Kraft hatten, dass sie durch den geharnischten Mann drangen und ganze Glieder weg- rissen. Von da ab beeiferten sich Fürsten und Städte in der An- schaffung von Feuergeschützen. Bereits im Jahre 1346 bedienten sich die Engländer der Kanonen in offener Feldschlacht bei Crecy.
Allgemein galt die schreckliche Erfindung, die alle alte Tapferkeit zu Nichte zu machen drohte, als ein Werk des Teufels.
1) Fave, Etudes III, p. 89.
Feuerwaffen.
wurde, sind abweichend. Das Genter Stadtbuch sagt, im Jahre 1313 habe ein Mönch in Deutschland den Gebrauch der Büchsen erfunden. Der Annalist Gasser setzt die Erfindung auf das Jahr 1330 und fügt hinzu, „die Erfindung sei zweifelsohne durch Eingebung des bösen Feindes gemacht worden“. — Andere, wie Polydor Virgilius von Urbino, legen die Erfindung fälschlich erst in das Jahr 1386. Die Zahl 1330 hat am meisten für sich und ist auch die allgemein angenommene.
Die praktische Verwertung der Erfindung erfolgte auſserordent- lich rasch. Ein französisches Klosterreglement aus dem Jahre 1354 besagt: König Johann habe in diesem Jahre verbürgte Nachricht erhalten, daſs in Deutschland von einem Mönch Namens Berthold Schwarz die Erfindung Artillerie zu machen ausgegangen sei und der König befehle daher den Vorgesetzten der Mönche sich fleiſsig zu erkundigen, welche Qualitäten Kupfer in Frankreich vorhanden seien, sowohl um die Mittel Artillerie zu machen kennen zu lernen, als auch um den Verkauf und die Ausfuhr jenes Metalles in das Ausland zu verhindern 1).
Indessen war nicht bloſs bei den Arabern der Gebrauch des Schieſspulvers bereits vor dem Jahre 1330 in Anwendung.
Feuergeschütze wurden schon 1311 bei der Belagerung von Brescia, sowie 1326 bei der von Forli angewendet. Möglich indes, daſs dies nur Geschütze mit griechischem Feuer waren. Dagegen wurden im Jahre 1323 Kanonen bei der Belagerung von Baza in Spanien ver- wendet und die Chronik von Metz erwähnt Schieſspulver daselbst im Jahre 1324. Das Verdienst des Berthold Schwarz wird sich also wohl darauf reduzieren, daſs er die Zusammensetzung des Schieſspulvers bekannt machte und auf seine Wichtigkeit zum Fortschleudern von Projektilen hinwies. Rasch entwickelte sich vom Jahre 1330 an das Artilleriewesen. 1338 werden die ersten Kanonen in Frankreich er- wähnt. Den gröſsten Eindruck machte die Anwendung von Feuer- waffen bei der Belagerung von Algesiras in Spanien im Jahre 1342. Die Chroniken berichten, daſs die Mauren mit eisernen Kugeln schossen so groſs wie Äpfel, und daſs die Geschosse solche Kraft hatten, daſs sie durch den geharnischten Mann drangen und ganze Glieder weg- rissen. Von da ab beeiferten sich Fürsten und Städte in der An- schaffung von Feuergeschützen. Bereits im Jahre 1346 bedienten sich die Engländer der Kanonen in offener Feldschlacht bei Creçy.
Allgemein galt die schreckliche Erfindung, die alle alte Tapferkeit zu Nichte zu machen drohte, als ein Werk des Teufels.
1) Favé, Études III, p. 89.
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Feuerwaffen.
wurde, sind abweichend. Das Genter Stadtbuch sagt, im Jahre 1313
habe ein Mönch in Deutschland den Gebrauch der Büchsen erfunden.
Der Annalist Gasser setzt die Erfindung auf das Jahr 1330 und fügt
hinzu, „die Erfindung sei zweifelsohne durch Eingebung des bösen
Feindes gemacht worden“. — Andere, wie Polydor Virgilius von Urbino,
legen die Erfindung fälschlich erst in das Jahr 1386. Die Zahl 1330
hat am meisten für sich und ist auch die allgemein angenommene.
Die praktische Verwertung der Erfindung erfolgte auſserordent-
lich rasch. Ein französisches Klosterreglement aus dem Jahre 1354
besagt: König Johann habe in diesem Jahre verbürgte Nachricht
erhalten, daſs in Deutschland von einem Mönch Namens Berthold
Schwarz die Erfindung Artillerie zu machen ausgegangen sei und der
König befehle daher den Vorgesetzten der Mönche sich fleiſsig zu
erkundigen, welche Qualitäten Kupfer in Frankreich vorhanden seien,
sowohl um die Mittel Artillerie zu machen kennen zu lernen, als auch
um den Verkauf und die Ausfuhr jenes Metalles in das Ausland zu
verhindern 1).
Indessen war nicht bloſs bei den Arabern der Gebrauch des
Schieſspulvers bereits vor dem Jahre 1330 in Anwendung.
Feuergeschütze wurden schon 1311 bei der Belagerung von
Brescia, sowie 1326 bei der von Forli angewendet. Möglich indes, daſs
dies nur Geschütze mit griechischem Feuer waren. Dagegen wurden
im Jahre 1323 Kanonen bei der Belagerung von Baza in Spanien ver-
wendet und die Chronik von Metz erwähnt Schieſspulver daselbst im
Jahre 1324. Das Verdienst des Berthold Schwarz wird sich also wohl
darauf reduzieren, daſs er die Zusammensetzung des Schieſspulvers
bekannt machte und auf seine Wichtigkeit zum Fortschleudern von
Projektilen hinwies. Rasch entwickelte sich vom Jahre 1330 an das
Artilleriewesen. 1338 werden die ersten Kanonen in Frankreich er-
wähnt. Den gröſsten Eindruck machte die Anwendung von Feuer-
waffen bei der Belagerung von Algesiras in Spanien im Jahre 1342.
Die Chroniken berichten, daſs die Mauren mit eisernen Kugeln schossen
so groſs wie Äpfel, und daſs die Geschosse solche Kraft hatten, daſs
sie durch den geharnischten Mann drangen und ganze Glieder weg-
rissen. Von da ab beeiferten sich Fürsten und Städte in der An-
schaffung von Feuergeschützen. Bereits im Jahre 1346 bedienten sich
die Engländer der Kanonen in offener Feldschlacht bei Creçy.
Allgemein galt die schreckliche Erfindung, die alle alte Tapferkeit
zu Nichte zu machen drohte, als ein Werk des Teufels.
1) Favé, Études III, p. 89.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 896. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/918>, abgerufen am 24.11.2024.
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