Ausser den Natursteinen, die aus dem Gebirge zum Teil aus weiten Entfernungen hergeschafft werden mussten, bedienten sich die ägypti- schen Baumeister in ausgedehntem Masse künstlicher Lehmsteine und Ziegel. Die fabrikmässige Darstellung von Backsteinen findet sich zum öfteren in allen Einzelheiten dargestellt. Es war eine niedrige Beschäftigung, zu der meist Gefangene verwendet wurden, und dass
[Abbildung]
Fig. 8.
diese verächtliche Arbeit den eingewanderten Israeliten als Frohndienst auferlegt war, wurde nach der Erzählung der Bibel der Hauptgrund ihrer Empörung gegen die Herrschaft des Pharao und ihres Auszugs.
Der Ziegelfabrikation verwandt ist die Töpferei, die ein uraltes Gewerbe in Ägypten war. Auf den Abbil- dungen sehen wir, wie die einen den rohen Thon herbeitragen, Andere ihn mit runden Steinen auf einer flachen Unterlage zerklopfen, um die eingemengten Steinteilchen zu zermalmen und ihn durchzuarbeiten. Dann wird er aus freier Hand oder mit der Töpfer- scheibe -- die lange vor Mosis Zeiten in Ägypten bekannt war -- zu Gefässen geformt. Die Formen dieser Gefässe sind sehr mannigfaltig, wenn sie auch nicht den Reichtum der Erfindung und den Geschmack zeigen, wie wir ihn an den Gefässen der Griechen bewundern.
Den Töpfern reihen sich die Tüncher und Maler an. Sie bedienten sich zum Bemalen der Wände und Gefässe ausschliesslich der Erdfarben, und zwar für Rot des Bolus, für Gelb des Oker, für Blau gemahlenen Kupferglases, für Grün eines Gemenges von Blau und Gelb. Zu Schwarz nahm man Knochenkohle, zu Weiss gemahlene Kreide. Die Farben wurden mit Wasser und Pflanzengummi angerührt.
Die zweite Hauptgruppe der Baugewerbe, die der Holzbearbei- tung, war ebenfalls in Ägypten hoch entwickelt. In einem Grabe
[Abbildung]
Fig. 9.
von Gizeh (vierte Dynastie) findet sich bereits die Abbildung eines Zimmermanns, der Bauholz sägt. Beifolgende Zeichnung (Fig. 9) ist eine ganz ähnliche, nur deut- lichere Darstellung aus einem Grabmal aus der Zeit der sechsten Dynastie zu Sauriet-el-Meitin 1). Das breite Sägeblatt, ähnlich wie bei unserer Zimmermannssäge, ist
1) Lepsius, Denkmäler. Vol. IV., Tab. 108.
Ägypten.
Auſser den Natursteinen, die aus dem Gebirge zum Teil aus weiten Entfernungen hergeschafft werden muſsten, bedienten sich die ägypti- schen Baumeister in ausgedehntem Maſse künstlicher Lehmsteine und Ziegel. Die fabrikmäſsige Darstellung von Backsteinen findet sich zum öfteren in allen Einzelheiten dargestellt. Es war eine niedrige Beschäftigung, zu der meist Gefangene verwendet wurden, und daſs
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Fig. 8.
diese verächtliche Arbeit den eingewanderten Israeliten als Frohndienst auferlegt war, wurde nach der Erzählung der Bibel der Hauptgrund ihrer Empörung gegen die Herrschaft des Pharao und ihres Auszugs.
Der Ziegelfabrikation verwandt ist die Töpferei, die ein uraltes Gewerbe in Ägypten war. Auf den Abbil- dungen sehen wir, wie die einen den rohen Thon herbeitragen, Andere ihn mit runden Steinen auf einer flachen Unterlage zerklopfen, um die eingemengten Steinteilchen zu zermalmen und ihn durchzuarbeiten. Dann wird er aus freier Hand oder mit der Töpfer- scheibe — die lange vor Mosis Zeiten in Ägypten bekannt war — zu Gefäſsen geformt. Die Formen dieser Gefäſse sind sehr mannigfaltig, wenn sie auch nicht den Reichtum der Erfindung und den Geschmack zeigen, wie wir ihn an den Gefäſsen der Griechen bewundern.
Den Töpfern reihen sich die Tüncher und Maler an. Sie bedienten sich zum Bemalen der Wände und Gefäſse ausschlieſslich der Erdfarben, und zwar für Rot des Bolus, für Gelb des Oker, für Blau gemahlenen Kupferglases, für Grün eines Gemenges von Blau und Gelb. Zu Schwarz nahm man Knochenkohle, zu Weiſs gemahlene Kreide. Die Farben wurden mit Wasser und Pflanzengummi angerührt.
Die zweite Hauptgruppe der Baugewerbe, die der Holzbearbei- tung, war ebenfalls in Ägypten hoch entwickelt. In einem Grabe
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Fig. 9.
von Gizeh (vierte Dynastie) findet sich bereits die Abbildung eines Zimmermanns, der Bauholz sägt. Beifolgende Zeichnung (Fig. 9) ist eine ganz ähnliche, nur deut- lichere Darstellung aus einem Grabmal aus der Zeit der sechsten Dynastie zu Sauriet-el-Meitin 1). Das breite Sägeblatt, ähnlich wie bei unserer Zimmermannssäge, ist
1) Lepsius, Denkmäler. Vol. IV., Tab. 108.
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Ägypten.
Auſser den Natursteinen, die aus dem Gebirge zum Teil aus weiten
Entfernungen hergeschafft werden muſsten, bedienten sich die ägypti-
schen Baumeister in ausgedehntem Maſse künstlicher Lehmsteine und
Ziegel. Die fabrikmäſsige Darstellung von Backsteinen findet sich
zum öfteren in allen Einzelheiten dargestellt. Es war eine niedrige
Beschäftigung, zu der meist Gefangene verwendet wurden, und daſs
[Abbildung Fig. 8.]
diese verächtliche Arbeit den eingewanderten Israeliten als
Frohndienst auferlegt war, wurde nach der Erzählung der
Bibel der Hauptgrund ihrer Empörung gegen die Herrschaft
des Pharao und ihres Auszugs.
Der Ziegelfabrikation verwandt ist die Töpferei,
die ein uraltes Gewerbe in Ägypten war. Auf den Abbil-
dungen sehen wir, wie die einen den rohen Thon herbeitragen,
Andere ihn mit runden Steinen auf einer flachen Unterlage
zerklopfen, um die eingemengten Steinteilchen zu zermalmen und ihn
durchzuarbeiten. Dann wird er aus freier Hand oder mit der Töpfer-
scheibe — die lange vor Mosis Zeiten in Ägypten bekannt war — zu
Gefäſsen geformt. Die Formen dieser Gefäſse sind sehr mannigfaltig,
wenn sie auch nicht den Reichtum der Erfindung und den Geschmack
zeigen, wie wir ihn an den Gefäſsen der Griechen bewundern.
Den Töpfern reihen sich die Tüncher und Maler an. Sie bedienten
sich zum Bemalen der Wände und Gefäſse ausschlieſslich der Erdfarben,
und zwar für Rot des Bolus, für Gelb des Oker, für Blau gemahlenen
Kupferglases, für Grün eines Gemenges von Blau und Gelb. Zu Schwarz
nahm man Knochenkohle, zu Weiſs gemahlene Kreide. Die Farben
wurden mit Wasser und Pflanzengummi angerührt.
Die zweite Hauptgruppe der Baugewerbe, die der Holzbearbei-
tung, war ebenfalls in Ägypten hoch entwickelt. In einem Grabe
[Abbildung Fig. 9.]
von Gizeh (vierte Dynastie) findet
sich bereits die Abbildung eines
Zimmermanns, der Bauholz sägt.
Beifolgende Zeichnung (Fig. 9)
ist eine ganz ähnliche, nur deut-
lichere Darstellung aus einem
Grabmal aus der Zeit der sechsten
Dynastie zu Sauriet-el-Meitin 1).
Das breite Sägeblatt, ähnlich wie
bei unserer Zimmermannssäge, ist
1) Lepsius, Denkmäler. Vol. IV., Tab. 108.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/90>, abgerufen am 23.11.2024.
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