aus sich ineinanderschiebenden Ringen gefertigt. Die Beine waren zunächst durch die ledernen "Gurthosen" bedeckt, auf welche die den Armbergen analogen Beinbergen aufgeschnallt waren. Das Knie war besonders geschützt durch eine starke, oft in eine Spitze zulaufende, aufgeschnallte Platte von Eisen. Unter dem Harnisch pflegte man einen gesteppten oder gefütterten Lederwams (gambesson, vambasium) zu tragen, um den Druck zu mindern.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt die Kon- struktion der geschlossenen Panzerrüstung ihre Vollendung, so dass sie von da ab keine wesentliche Veränderung mehr erfuhr, dagegen wendete man später immer grössere Mühe und Kunst auf die De- koration der Rüstungen, die ja im 16. Jahrhundert durch die fort- schreitende Verbesserung der Schusswaffen eigentlich nur noch als Prunkwaffen getragen wurden. Es ist bewundernswert, welche Kunst- fertigkeit und Fleiss im Gravieren, Ätzen, Vergolden, Tauschieren an Panzern und Helmen verwendet worden sind. Die grössten Künstler verschmähten es nicht, Entwürfe und Zeichnungen zu diesen Arbeiten zu liefern oder sie selbst auszuführen. Zunächst schlug man die über- einandergreifenden Platten bortenartig aus und verzierte sie durch Gravierung und Vergoldung. Dann aber schmiedete man die Haupt- teile selbst mit Kehlungen aus, sowohl zur Verzierung als zur Ver- stärkung. Der prachtliebende Hof von Burgund war es, der hierin am meisten tonangebend war. Bei den Helmen werden wir Gelegen- heit haben, hierauf zurückzukommen.
Was die gewerblichen Verhältnisse der Panzerschmiede anlangt, so lässt sich auch hier eine weitgehende Arbeitsteilung, ähnlich wie bei den Solinger Schwertschmieden nachweisen. Eine sehr alte, aber bereits mit dem Ausgange des Mittelalters verschwundene Zunft bildeten die Sarworchten1) (Sarwurche, Sarwetter, Salwurchte, Sal- bürche, Salwirthe); dieses waren die Ringelpanzerschmiede, ein längst verschollenes Gewerk, von dem sich nur nachweisen lässt, dass sie Eisen verarbeiteten und dass es Kaltschmiede waren. Im alten Freiberger Stadtrecht werden um 1307 die "Zarworchten" genannt, als mit den Schmieden und Plattnern eine Zunft bildend. Im Jahre 1348 wird ein "Sarworchter" namens Herl als einer der verwegensten Kämpfer im Nürnberger Aufstand genannt und wir erfahren, dass im Jahre 1477 die "Sarwurchen" aufhörten dort eine besondere Zunft zu sein.
1) Wahrscheinlich von altdeutsch Sar (o) Panzer und worchen oder worchten, arbeiten.
Beck, Geschichte des Eisens. 55
Panzer- und Helmschmiede.
aus sich ineinanderschiebenden Ringen gefertigt. Die Beine waren zunächst durch die ledernen „Gurthosen“ bedeckt, auf welche die den Armbergen analogen Beinbergen aufgeschnallt waren. Das Knie war besonders geschützt durch eine starke, oft in eine Spitze zulaufende, aufgeschnallte Platte von Eisen. Unter dem Harnisch pflegte man einen gesteppten oder gefütterten Lederwams (gambesson, vambasium) zu tragen, um den Druck zu mindern.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt die Kon- struktion der geschlossenen Panzerrüstung ihre Vollendung, so daſs sie von da ab keine wesentliche Veränderung mehr erfuhr, dagegen wendete man später immer gröſsere Mühe und Kunst auf die De- koration der Rüstungen, die ja im 16. Jahrhundert durch die fort- schreitende Verbesserung der Schuſswaffen eigentlich nur noch als Prunkwaffen getragen wurden. Es ist bewundernswert, welche Kunst- fertigkeit und Fleiſs im Gravieren, Ätzen, Vergolden, Tauschieren an Panzern und Helmen verwendet worden sind. Die gröſsten Künstler verschmähten es nicht, Entwürfe und Zeichnungen zu diesen Arbeiten zu liefern oder sie selbst auszuführen. Zunächst schlug man die über- einandergreifenden Platten bortenartig aus und verzierte sie durch Gravierung und Vergoldung. Dann aber schmiedete man die Haupt- teile selbst mit Kehlungen aus, sowohl zur Verzierung als zur Ver- stärkung. Der prachtliebende Hof von Burgund war es, der hierin am meisten tonangebend war. Bei den Helmen werden wir Gelegen- heit haben, hierauf zurückzukommen.
Was die gewerblichen Verhältnisse der Panzerschmiede anlangt, so läſst sich auch hier eine weitgehende Arbeitsteilung, ähnlich wie bei den Solinger Schwertschmieden nachweisen. Eine sehr alte, aber bereits mit dem Ausgange des Mittelalters verschwundene Zunft bildeten die Sarworchten1) (Sarwurche, Sarwetter, Salwurchte, Sal- bürche, Salwirthe); dieses waren die Ringelpanzerschmiede, ein längst verschollenes Gewerk, von dem sich nur nachweisen läſst, daſs sie Eisen verarbeiteten und daſs es Kaltschmiede waren. Im alten Freiberger Stadtrecht werden um 1307 die „Zarworchten“ genannt, als mit den Schmieden und Plattnern eine Zunft bildend. Im Jahre 1348 wird ein „Sarworchter“ namens Herl als einer der verwegensten Kämpfer im Nürnberger Aufstand genannt und wir erfahren, daſs im Jahre 1477 die „Sarwurchen“ aufhörten dort eine besondere Zunft zu sein.
1) Wahrscheinlich von altdeutsch Sar (o) Panzer und worchen oder worchten, arbeiten.
Beck, Geschichte des Eisens. 55
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Panzer- und Helmschmiede.
aus sich ineinanderschiebenden Ringen gefertigt. Die Beine waren
zunächst durch die ledernen „Gurthosen“ bedeckt, auf welche die den
Armbergen analogen Beinbergen aufgeschnallt waren. Das Knie war
besonders geschützt durch eine starke, oft in eine Spitze zulaufende,
aufgeschnallte Platte von Eisen. Unter dem Harnisch pflegte man
einen gesteppten oder gefütterten Lederwams (gambesson, vambasium)
zu tragen, um den Druck zu mindern.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt die Kon-
struktion der geschlossenen Panzerrüstung ihre Vollendung, so daſs
sie von da ab keine wesentliche Veränderung mehr erfuhr, dagegen
wendete man später immer gröſsere Mühe und Kunst auf die De-
koration der Rüstungen, die ja im 16. Jahrhundert durch die fort-
schreitende Verbesserung der Schuſswaffen eigentlich nur noch als
Prunkwaffen getragen wurden. Es ist bewundernswert, welche Kunst-
fertigkeit und Fleiſs im Gravieren, Ätzen, Vergolden, Tauschieren an
Panzern und Helmen verwendet worden sind. Die gröſsten Künstler
verschmähten es nicht, Entwürfe und Zeichnungen zu diesen Arbeiten
zu liefern oder sie selbst auszuführen. Zunächst schlug man die über-
einandergreifenden Platten bortenartig aus und verzierte sie durch
Gravierung und Vergoldung. Dann aber schmiedete man die Haupt-
teile selbst mit Kehlungen aus, sowohl zur Verzierung als zur Ver-
stärkung. Der prachtliebende Hof von Burgund war es, der hierin
am meisten tonangebend war. Bei den Helmen werden wir Gelegen-
heit haben, hierauf zurückzukommen.
Was die gewerblichen Verhältnisse der Panzerschmiede anlangt,
so läſst sich auch hier eine weitgehende Arbeitsteilung, ähnlich wie bei
den Solinger Schwertschmieden nachweisen. Eine sehr alte, aber
bereits mit dem Ausgange des Mittelalters verschwundene Zunft
bildeten die Sarworchten 1) (Sarwurche, Sarwetter, Salwurchte, Sal-
bürche, Salwirthe); dieses waren die Ringelpanzerschmiede,
ein längst verschollenes Gewerk, von dem sich nur nachweisen läſst,
daſs sie Eisen verarbeiteten und daſs es Kaltschmiede waren. Im
alten Freiberger Stadtrecht werden um 1307 die „Zarworchten“ genannt,
als mit den Schmieden und Plattnern eine Zunft bildend. Im Jahre 1348
wird ein „Sarworchter“ namens Herl als einer der verwegensten Kämpfer
im Nürnberger Aufstand genannt und wir erfahren, daſs im Jahre 1477
die „Sarwurchen“ aufhörten dort eine besondere Zunft zu sein.
1) Wahrscheinlich von altdeutsch Sar (o) Panzer und worchen oder worchten,
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Beck, Geschichte des Eisens. 55
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/887>, abgerufen am 25.11.2024.
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