züge brachten das Abendland von neuem mit dem Morgenlande in unmittelbare Berührung. Die Kämpfe mit den Ungläubigen um den Besitz des heiligen Grabes waren von grösstem Einfluss auf die Ent- wickelung des Rittertums im allgemeinen, sowie im besondern auf die Ausbildung der Kampfweise und der Bewaffnung. Die ritterlichen Araber liebten den Einzelkampf nicht minder wie die Germanen, und ihre grosse Gewandtheit als Reiter sowie ihre vorzügliche Bewaffnung machten sie zu gefährlichen Gegnern. Die deutschen Reiter übten sich infolgedessen gleichfalls mehr im Einzelkampfe, namentlich zu Ross, und suchten ihre Bewaffnung zu verbessern. Infolge der Kreuz- züge entwickelte sich das Turnier, sowie seit jener Zeit erst allmäh- lich die geschlossenen Eisenrüstungen zu allgemeiner Einführung bei der Ritterschaft gelangten. Die ganze Romantik des Rittertums ent- sprang jener Zeit.
Auch das Schwert wurde mit der Poesie der Romantik umkleidet. Waren schon früher die Schwerter der Helden der Volkssage verherr- licht und mit Namen belegt worden 1), so geschah dies in dem mittel- alterlichen Ritterepos um so mehr und zwar häufig in einer Weise, der man den orientalischen Einfluss anmerkte. So empfing Roland sein berühmtes Schwert Durandel (Duranda, Durnadal, Durendarte, Durin- dana) von der Fee Oziris. Er zerschlug mit dem herrlichen Schwerte, dessen breite, schöne, überaus scharfe Klinge das Rolandslied preist, einen Felsblock, ohne dass es schartig wurde, ja er schlug damit die Rolandsbresche durch die Pyrenäen. In seiner grossen Todesnot wollte der kühne Held das Schwert mit seinen starken Händen zerbrechen, damit es dem Feinde nicht in die Hände fiele, aber er vermochte es nicht. Übrigens galt auch dieses herrliche Schwert als deutsche Arbeit: "Der smit hiez Madelger -- Dasselbe swert worchte er in der stat zu Regensburch."
Ein jeder der Helden aus dem Karolinger Sagenkreis trug ein berühmtes Schwert, das seinen eigenen, ruhmvollen Namen führte. Kaiser Karls Schwert hiess "Joyuse", das Turpins "Almance" (Almace), das Held Olivers "Alteclere" (Altecler), das Ganelons "Mulagir" oder "Murgalle", das Engeliers "Charmiel" (Chlaritel). Das Schwert des Mohrenkönigs Paligans heisst "Preciose", das des Willehalm von Oranse ebenfalls "Shoyuse". Im König Rother führt Arnolt "ein swert daz hiess ,Mal' -- iz war nechein stal -- so harte noch so fast -- iz ne mozte bersten."
1) Klemm, Kulturgeschichte der Menschheit, Bd. 9, S. 430 etc.
Schwertschmiede.
züge brachten das Abendland von neuem mit dem Morgenlande in unmittelbare Berührung. Die Kämpfe mit den Ungläubigen um den Besitz des heiligen Grabes waren von gröſstem Einfluſs auf die Ent- wickelung des Rittertums im allgemeinen, sowie im besondern auf die Ausbildung der Kampfweise und der Bewaffnung. Die ritterlichen Araber liebten den Einzelkampf nicht minder wie die Germanen, und ihre groſse Gewandtheit als Reiter sowie ihre vorzügliche Bewaffnung machten sie zu gefährlichen Gegnern. Die deutschen Reiter übten sich infolgedessen gleichfalls mehr im Einzelkampfe, namentlich zu Roſs, und suchten ihre Bewaffnung zu verbessern. Infolge der Kreuz- züge entwickelte sich das Turnier, sowie seit jener Zeit erst allmäh- lich die geschlossenen Eisenrüstungen zu allgemeiner Einführung bei der Ritterschaft gelangten. Die ganze Romantik des Rittertums ent- sprang jener Zeit.
Auch das Schwert wurde mit der Poesie der Romantik umkleidet. Waren schon früher die Schwerter der Helden der Volkssage verherr- licht und mit Namen belegt worden 1), so geschah dies in dem mittel- alterlichen Ritterepos um so mehr und zwar häufig in einer Weise, der man den orientalischen Einfluſs anmerkte. So empfing Roland sein berühmtes Schwert Durandel (Duranda, Durnadal, Durendarte, Durin- dana) von der Fee Oziris. Er zerschlug mit dem herrlichen Schwerte, dessen breite, schöne, überaus scharfe Klinge das Rolandslied preist, einen Felsblock, ohne daſs es schartig wurde, ja er schlug damit die Rolandsbresche durch die Pyrenäen. In seiner groſsen Todesnot wollte der kühne Held das Schwert mit seinen starken Händen zerbrechen, damit es dem Feinde nicht in die Hände fiele, aber er vermochte es nicht. Übrigens galt auch dieses herrliche Schwert als deutsche Arbeit: „Der smit hiez Madelger — Dasselbe swert worchte er in der stat zu Regensburch.“
Ein jeder der Helden aus dem Karolinger Sagenkreis trug ein berühmtes Schwert, das seinen eigenen, ruhmvollen Namen führte. Kaiser Karls Schwert hieſs „Joyuse“, das Turpins „Almance“ (Almace), das Held Olivers „Alteclere“ (Altecler), das Ganelons „Mulagir“ oder „Murgalle“, das Engeliers „Charmiel“ (Chlaritel). Das Schwert des Mohrenkönigs Paligans heiſst „Preciose“, das des Willehalm von Oranse ebenfalls „Shoyuse“. Im König Rother führt Arnolt „ein swert daz hiess ‚Mal‘ — iz war nechein stal — so harte noch so fast — iz ne mozte bersten.“
1) Klemm, Kulturgeschichte der Menschheit, Bd. 9, S. 430 etc.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0867"n="845"/><fwplace="top"type="header">Schwertschmiede.</fw><lb/>
züge brachten das Abendland von neuem mit dem Morgenlande in<lb/>
unmittelbare Berührung. Die Kämpfe mit den Ungläubigen um den<lb/>
Besitz des heiligen Grabes waren von gröſstem Einfluſs auf die Ent-<lb/>
wickelung des Rittertums im allgemeinen, sowie im besondern auf die<lb/>
Ausbildung der Kampfweise und der Bewaffnung. Die ritterlichen<lb/>
Araber liebten den Einzelkampf nicht minder wie die Germanen, und<lb/>
ihre groſse Gewandtheit als Reiter sowie ihre vorzügliche Bewaffnung<lb/>
machten sie zu gefährlichen Gegnern. Die deutschen Reiter übten<lb/>
sich infolgedessen gleichfalls mehr im Einzelkampfe, namentlich zu<lb/>
Roſs, und suchten ihre Bewaffnung zu verbessern. Infolge der Kreuz-<lb/>
züge entwickelte sich das Turnier, sowie seit jener Zeit erst allmäh-<lb/>
lich die geschlossenen Eisenrüstungen zu allgemeiner Einführung bei<lb/>
der Ritterschaft gelangten. Die ganze Romantik des Rittertums ent-<lb/>
sprang jener Zeit.</p><lb/><p>Auch das Schwert wurde mit der Poesie der Romantik umkleidet.<lb/>
Waren schon früher die Schwerter der Helden der Volkssage verherr-<lb/>
licht und mit Namen belegt worden <noteplace="foot"n="1)">Klemm, Kulturgeschichte der Menschheit, Bd. 9, S. 430 etc.</note>, so geschah dies in dem mittel-<lb/>
alterlichen Ritterepos um so mehr und zwar häufig in einer Weise, der<lb/>
man den orientalischen Einfluſs anmerkte. So empfing Roland sein<lb/>
berühmtes Schwert Durandel (Duranda, Durnadal, Durendarte, Durin-<lb/>
dana) von der Fee Oziris. Er zerschlug mit dem herrlichen Schwerte,<lb/>
dessen breite, schöne, überaus scharfe Klinge das Rolandslied preist,<lb/>
einen Felsblock, ohne daſs es schartig wurde, ja er schlug damit die<lb/>
Rolandsbresche durch die Pyrenäen. In seiner groſsen Todesnot wollte<lb/>
der kühne Held das Schwert mit seinen starken Händen zerbrechen,<lb/>
damit es dem Feinde nicht in die Hände fiele, aber er vermochte es<lb/>
nicht. Übrigens galt auch dieses herrliche Schwert als deutsche<lb/>
Arbeit: „Der smit hiez Madelger — Dasselbe swert worchte er in der<lb/>
stat zu Regensburch.“</p><lb/><p>Ein jeder der Helden aus dem Karolinger Sagenkreis trug ein<lb/>
berühmtes Schwert, das seinen eigenen, ruhmvollen Namen führte.<lb/>
Kaiser Karls Schwert hieſs „Joyuse“, das Turpins „Almance“ (Almace),<lb/>
das Held Olivers „Alteclere“ (Altecler), das Ganelons „Mulagir“ oder<lb/>„Murgalle“, das Engeliers „Charmiel“ (Chlaritel). Das Schwert des<lb/>
Mohrenkönigs Paligans heiſst „Preciose“, das des Willehalm von Oranse<lb/>
ebenfalls „Shoyuse“. Im König Rother führt Arnolt „ein swert daz hiess<lb/>‚Mal‘— iz war nechein stal — so harte noch so fast — iz ne mozte<lb/>
bersten.“</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[845/0867]
Schwertschmiede.
züge brachten das Abendland von neuem mit dem Morgenlande in
unmittelbare Berührung. Die Kämpfe mit den Ungläubigen um den
Besitz des heiligen Grabes waren von gröſstem Einfluſs auf die Ent-
wickelung des Rittertums im allgemeinen, sowie im besondern auf die
Ausbildung der Kampfweise und der Bewaffnung. Die ritterlichen
Araber liebten den Einzelkampf nicht minder wie die Germanen, und
ihre groſse Gewandtheit als Reiter sowie ihre vorzügliche Bewaffnung
machten sie zu gefährlichen Gegnern. Die deutschen Reiter übten
sich infolgedessen gleichfalls mehr im Einzelkampfe, namentlich zu
Roſs, und suchten ihre Bewaffnung zu verbessern. Infolge der Kreuz-
züge entwickelte sich das Turnier, sowie seit jener Zeit erst allmäh-
lich die geschlossenen Eisenrüstungen zu allgemeiner Einführung bei
der Ritterschaft gelangten. Die ganze Romantik des Rittertums ent-
sprang jener Zeit.
Auch das Schwert wurde mit der Poesie der Romantik umkleidet.
Waren schon früher die Schwerter der Helden der Volkssage verherr-
licht und mit Namen belegt worden 1), so geschah dies in dem mittel-
alterlichen Ritterepos um so mehr und zwar häufig in einer Weise, der
man den orientalischen Einfluſs anmerkte. So empfing Roland sein
berühmtes Schwert Durandel (Duranda, Durnadal, Durendarte, Durin-
dana) von der Fee Oziris. Er zerschlug mit dem herrlichen Schwerte,
dessen breite, schöne, überaus scharfe Klinge das Rolandslied preist,
einen Felsblock, ohne daſs es schartig wurde, ja er schlug damit die
Rolandsbresche durch die Pyrenäen. In seiner groſsen Todesnot wollte
der kühne Held das Schwert mit seinen starken Händen zerbrechen,
damit es dem Feinde nicht in die Hände fiele, aber er vermochte es
nicht. Übrigens galt auch dieses herrliche Schwert als deutsche
Arbeit: „Der smit hiez Madelger — Dasselbe swert worchte er in der
stat zu Regensburch.“
Ein jeder der Helden aus dem Karolinger Sagenkreis trug ein
berühmtes Schwert, das seinen eigenen, ruhmvollen Namen führte.
Kaiser Karls Schwert hieſs „Joyuse“, das Turpins „Almance“ (Almace),
das Held Olivers „Alteclere“ (Altecler), das Ganelons „Mulagir“ oder
„Murgalle“, das Engeliers „Charmiel“ (Chlaritel). Das Schwert des
Mohrenkönigs Paligans heiſst „Preciose“, das des Willehalm von Oranse
ebenfalls „Shoyuse“. Im König Rother führt Arnolt „ein swert daz hiess
‚Mal‘ — iz war nechein stal — so harte noch so fast — iz ne mozte
bersten.“
1) Klemm, Kulturgeschichte der Menschheit, Bd. 9, S. 430 etc.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/867>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.