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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Stahlfabrikation im Mittelalter.
zerhauen werden (suatur), hierauf mit gepochten, leichtschmelzbaren
Zuschlägen (lapidibus liquescentibus) vermischt werden. Danach mache
man in die Schmiedeesse einen Herd (Tiegel) aus demselben angefeuch-
teten Pulver, aus dem man die Tiegel macht, die vor den Schmelzöfen
sind, in denen Gold und Silbererze geschmolzen werden, und gebe ihm
einen Durchmesser von 11/2 Fuss und eine Tiefe von 1 Fuss. Die
Bälge sollen so gestellt werden, dass sie in die Mitte des Tiegels
blasen. Hierauf wird der ganze Tiegel mit den besten Kohlen gefüllt
und ringsum werden Stücke von Felssteinen gesetzt, welche die Eisen-
stückchen und die Kohlen zusammen halten." --

"Aber sobald nun alle Kohlen in Brand sind und der Tiegel glüht,
lässt man die Bälge an und nun giebt der Schmelzer so viel von dem
Gemenge von Eisen und Zuschlägen auf, als ihm geeignet erscheint. --
Ist dieses eingeschmolzen, so legt er vier Eisenmasseln (Luppen) von
je 30 Pfund Gewicht ein und frischt sie (coquat) bei starkem Feuer
5 bis 6 Stunden, indem er mit einem Stab das geflossene Eisen öfter
umrührt, damit die kleinen Poren der Masseln auch die zartesten Teile
dieses geschmolzenen Eisens in sich aufsaugen, welche Teilchen durch
ihre Kraft die groben Anteile (crassas particulas) der Masseln ver-
zehren und ausdehnen, so dass sie weich und einem Sauerteig ähnlich
werden. Hierauf soll der Meister mit Beihilfe seines Vorläufers eine
von den Masseln mit der Zange herausnehmen und auf den Amboss
bringen, um sie mit Hilfe eines Hammers, den ein Wasserrad aufhebt,
auszurecken. Dann müssen die Stäbe noch heiss im Wasser abgelöscht
werden. Nach dem Ablöschen bringt er sie wieder unter den Hammer
und zerbricht sie. Er beschaut die Bruchstücke, um sie zu besehen,
ob noch einzelne Eisenteilchen bemerkbar sind oder ob das Ganze dicht
und in Stahl verwandelt worden ist.

So nimmt er eine Massel nach der anderen mit der Zange heraus
und haut sie in Stücke, während er "das Werk" (d. h. die Mischung)
wieder heiss macht und einen Teil neu hinzusetzt, zum Ersatz dessen,
was die Masseln aufgesaugt haben. Dadurch werden die Kräfte der
übriggebliebenen Teile wieder aufgefrischt und dadurch ist man im
stande, die Masseln, die von neuem in den Herd eingesetzt werden, zu
reinigen. Auch diese nimmt er, nachdem sie ausgeheizt (excalfacta)
sind, mit der Zange heraus und reckt sie unter dem Hammer zu Stäben
aus. Diese wirft er dann noch glühend in ganz kaltes, fliessendes
Wasser, wodurch sie sogleich dicht werden."

Dieser alte Umwandlungsprozess des Stabeisens in Stahl beruht
darauf, dass Stabeisen in Berührung mit flüssigem Roheisen bei hoher

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Stahlfabrikation im Mittelalter.
zerhauen werden (suatur), hierauf mit gepochten, leichtschmelzbaren
Zuschlägen (lapidibus liquescentibus) vermischt werden. Danach mache
man in die Schmiedeesse einen Herd (Tiegel) aus demselben angefeuch-
teten Pulver, aus dem man die Tiegel macht, die vor den Schmelzöfen
sind, in denen Gold und Silbererze geschmolzen werden, und gebe ihm
einen Durchmesser von 1½ Fuſs und eine Tiefe von 1 Fuſs. Die
Bälge sollen so gestellt werden, daſs sie in die Mitte des Tiegels
blasen. Hierauf wird der ganze Tiegel mit den besten Kohlen gefüllt
und ringsum werden Stücke von Felssteinen gesetzt, welche die Eisen-
stückchen und die Kohlen zusammen halten.“ —

„Aber sobald nun alle Kohlen in Brand sind und der Tiegel glüht,
läſst man die Bälge an und nun giebt der Schmelzer so viel von dem
Gemenge von Eisen und Zuschlägen auf, als ihm geeignet erscheint. —
Ist dieses eingeschmolzen, so legt er vier Eisenmasseln (Luppen) von
je 30 Pfund Gewicht ein und frischt sie (coquat) bei starkem Feuer
5 bis 6 Stunden, indem er mit einem Stab das geflossene Eisen öfter
umrührt, damit die kleinen Poren der Masseln auch die zartesten Teile
dieses geschmolzenen Eisens in sich aufsaugen, welche Teilchen durch
ihre Kraft die groben Anteile (crassas particulas) der Masseln ver-
zehren und ausdehnen, so daſs sie weich und einem Sauerteig ähnlich
werden. Hierauf soll der Meister mit Beihilfe seines Vorläufers eine
von den Masseln mit der Zange herausnehmen und auf den Amboſs
bringen, um sie mit Hilfe eines Hammers, den ein Wasserrad aufhebt,
auszurecken. Dann müssen die Stäbe noch heiſs im Wasser abgelöscht
werden. Nach dem Ablöschen bringt er sie wieder unter den Hammer
und zerbricht sie. Er beschaut die Bruchstücke, um sie zu besehen,
ob noch einzelne Eisenteilchen bemerkbar sind oder ob das Ganze dicht
und in Stahl verwandelt worden ist.

So nimmt er eine Massel nach der anderen mit der Zange heraus
und haut sie in Stücke, während er „das Werk“ (d. h. die Mischung)
wieder heiſs macht und einen Teil neu hinzusetzt, zum Ersatz dessen,
was die Masseln aufgesaugt haben. Dadurch werden die Kräfte der
übriggebliebenen Teile wieder aufgefrischt und dadurch ist man im
stande, die Masseln, die von neuem in den Herd eingesetzt werden, zu
reinigen. Auch diese nimmt er, nachdem sie ausgeheizt (excalfacta)
sind, mit der Zange heraus und reckt sie unter dem Hammer zu Stäben
aus. Diese wirft er dann noch glühend in ganz kaltes, flieſsendes
Wasser, wodurch sie sogleich dicht werden.“

Dieser alte Umwandlungsprozeſs des Stabeisens in Stahl beruht
darauf, daſs Stabeisen in Berührung mit flüssigem Roheisen bei hoher

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[835/0857] Stahlfabrikation im Mittelalter. zerhauen werden (suatur), hierauf mit gepochten, leichtschmelzbaren Zuschlägen (lapidibus liquescentibus) vermischt werden. Danach mache man in die Schmiedeesse einen Herd (Tiegel) aus demselben angefeuch- teten Pulver, aus dem man die Tiegel macht, die vor den Schmelzöfen sind, in denen Gold und Silbererze geschmolzen werden, und gebe ihm einen Durchmesser von 1½ Fuſs und eine Tiefe von 1 Fuſs. Die Bälge sollen so gestellt werden, daſs sie in die Mitte des Tiegels blasen. Hierauf wird der ganze Tiegel mit den besten Kohlen gefüllt und ringsum werden Stücke von Felssteinen gesetzt, welche die Eisen- stückchen und die Kohlen zusammen halten.“ — „Aber sobald nun alle Kohlen in Brand sind und der Tiegel glüht, läſst man die Bälge an und nun giebt der Schmelzer so viel von dem Gemenge von Eisen und Zuschlägen auf, als ihm geeignet erscheint. — Ist dieses eingeschmolzen, so legt er vier Eisenmasseln (Luppen) von je 30 Pfund Gewicht ein und frischt sie (coquat) bei starkem Feuer 5 bis 6 Stunden, indem er mit einem Stab das geflossene Eisen öfter umrührt, damit die kleinen Poren der Masseln auch die zartesten Teile dieses geschmolzenen Eisens in sich aufsaugen, welche Teilchen durch ihre Kraft die groben Anteile (crassas particulas) der Masseln ver- zehren und ausdehnen, so daſs sie weich und einem Sauerteig ähnlich werden. Hierauf soll der Meister mit Beihilfe seines Vorläufers eine von den Masseln mit der Zange herausnehmen und auf den Amboſs bringen, um sie mit Hilfe eines Hammers, den ein Wasserrad aufhebt, auszurecken. Dann müssen die Stäbe noch heiſs im Wasser abgelöscht werden. Nach dem Ablöschen bringt er sie wieder unter den Hammer und zerbricht sie. Er beschaut die Bruchstücke, um sie zu besehen, ob noch einzelne Eisenteilchen bemerkbar sind oder ob das Ganze dicht und in Stahl verwandelt worden ist. So nimmt er eine Massel nach der anderen mit der Zange heraus und haut sie in Stücke, während er „das Werk“ (d. h. die Mischung) wieder heiſs macht und einen Teil neu hinzusetzt, zum Ersatz dessen, was die Masseln aufgesaugt haben. Dadurch werden die Kräfte der übriggebliebenen Teile wieder aufgefrischt und dadurch ist man im stande, die Masseln, die von neuem in den Herd eingesetzt werden, zu reinigen. Auch diese nimmt er, nachdem sie ausgeheizt (excalfacta) sind, mit der Zange heraus und reckt sie unter dem Hammer zu Stäben aus. Diese wirft er dann noch glühend in ganz kaltes, flieſsendes Wasser, wodurch sie sogleich dicht werden.“ Dieser alte Umwandlungsprozeſs des Stabeisens in Stahl beruht darauf, daſs Stabeisen in Berührung mit flüssigem Roheisen bei hoher 53*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 835. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/857>, abgerufen am 25.11.2024.