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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Stucköfen.
Herd zu schlagen. Man setzte die Öffnung mit feuerfesten Thon-
steinen zu. Etwa 1 Fuss über dem Boden brachte man die Form an,
die einfach aus einem Thonziegel bestand, in den ein Loch gebohrt war.

Zur Vorbereitung wurden die Erze in Steiermark "reifen" lassen,
d. h. man setzt den Spateisenstein einer langsamen Oxydation durch
die Atmosphärilien aus, wodurch namentlich auch die Schwefel-
verbindungen, die stets dem Spat eingemengt sind, entfernt und un-
schädlich gemacht wurden, indem ihre löslichen oxydischen Verbin-
dungen vom Regen aufgelöst und fortgeführt werden. Dasselbe Ver-
fahren wendete man auch in anderen Gegenden an, wo Spateisenstein
verhüttet wurde, und es ist nur deshalb ausser Gebrauch gekommen,
weil die Erze heutzutage ein viel grösseres Kapital repräsentieren,
dessen Zinsverlust bei dem jahrelangen Ablagern zu bedeutend sein
würde.

Die reifen Erze wurden geröstet und zwar in alten Zeiten mit
Holz in grossen Haufen, die man "Gramatteln" nannte. Man breitete
eine Lage von Holz und Kohlen aus, darüber eine Lage Erz, dann
wieder Brennmaterial und schichtete so drei Erzlagen übereinander.
Dann wurde der Haufen rings herum mit Steinen zugesetzt und be-
deckt und die Masse in Brand gesetzt. Die Röstung dauerte drei
Wochen.

Ist der Stuckofen für den Betrieb vorbereitet, so wird er mit
Kohlen gefüllt, Feuer durch die Form eingetragen, die Bälge auf-
gehängt und langsam angeblasen. Hat das Feuer etwas um sich ge-
griffen, so wird das Blasen wieder unterbrochen, bis die Glut allein
durch den natürlichen Luftzug durch die Form die ganze Kohlenmasse
durchdrungen hat.

Das zerkleinerte, geröstete Erz wird nun lagenweise mit Kohlen
aufgegeben. Bei niedrigen Öfen mengte man es oft vorher gleich-
mässig mit Kohlen. Das Aufgeben des Erzes geschah dem Masse nach.
Während die Kohlengicht konstant blieb, wechselte man mit der Grösse
des Erzsatzes. Anfangs gab man nur wenig Erz und stieg damit nach
und nach. Gleichzeitig mit dem Aufgeben des Erzes wurde angeblasen.
Schon nach wenigen Minuten trat das Erz vor die Form und es wurde
nun zum erstenmal Schlacke abgestochen. Dies geschah auch auf der
Seite, wo die Bälge standen, circa 11/2 Fuss von der Formöffnung. An-
fangs suchte man die Schlacke am tiefsten Punkte abzuziehen, indem
man nach und nach, entsprechend der Ansammlung des Eisens im
Herde, mit dem Stichloch in die Höhe ging. Sobald die Schlacke auf-
hörte zu laufen, wurde der Stich immer wieder mit Lehm geschlossen.


Die Stucköfen.
Herd zu schlagen. Man setzte die Öffnung mit feuerfesten Thon-
steinen zu. Etwa 1 Fuſs über dem Boden brachte man die Form an,
die einfach aus einem Thonziegel bestand, in den ein Loch gebohrt war.

Zur Vorbereitung wurden die Erze in Steiermark „reifen“ lassen,
d. h. man setzt den Spateisenstein einer langsamen Oxydation durch
die Atmosphärilien aus, wodurch namentlich auch die Schwefel-
verbindungen, die stets dem Spat eingemengt sind, entfernt und un-
schädlich gemacht wurden, indem ihre löslichen oxydischen Verbin-
dungen vom Regen aufgelöst und fortgeführt werden. Dasſelbe Ver-
fahren wendete man auch in anderen Gegenden an, wo Spateisenstein
verhüttet wurde, und es ist nur deshalb auſser Gebrauch gekommen,
weil die Erze heutzutage ein viel gröſseres Kapital repräsentieren,
dessen Zinsverlust bei dem jahrelangen Ablagern zu bedeutend sein
würde.

Die reifen Erze wurden geröstet und zwar in alten Zeiten mit
Holz in groſsen Haufen, die man „Gramatteln“ nannte. Man breitete
eine Lage von Holz und Kohlen aus, darüber eine Lage Erz, dann
wieder Brennmaterial und schichtete so drei Erzlagen übereinander.
Dann wurde der Haufen rings herum mit Steinen zugesetzt und be-
deckt und die Masse in Brand gesetzt. Die Röstung dauerte drei
Wochen.

Ist der Stuckofen für den Betrieb vorbereitet, so wird er mit
Kohlen gefüllt, Feuer durch die Form eingetragen, die Bälge auf-
gehängt und langsam angeblasen. Hat das Feuer etwas um sich ge-
griffen, so wird das Blasen wieder unterbrochen, bis die Glut allein
durch den natürlichen Luftzug durch die Form die ganze Kohlenmasse
durchdrungen hat.

Das zerkleinerte, geröstete Erz wird nun lagenweise mit Kohlen
aufgegeben. Bei niedrigen Öfen mengte man es oft vorher gleich-
mäſsig mit Kohlen. Das Aufgeben des Erzes geschah dem Maſse nach.
Während die Kohlengicht konstant blieb, wechselte man mit der Gröſse
des Erzsatzes. Anfangs gab man nur wenig Erz und stieg damit nach
und nach. Gleichzeitig mit dem Aufgeben des Erzes wurde angeblasen.
Schon nach wenigen Minuten trat das Erz vor die Form und es wurde
nun zum erstenmal Schlacke abgestochen. Dies geschah auch auf der
Seite, wo die Bälge standen, circa 1½ Fuſs von der Formöffnung. An-
fangs suchte man die Schlacke am tiefsten Punkte abzuziehen, indem
man nach und nach, entsprechend der Ansammlung des Eisens im
Herde, mit dem Stichloch in die Höhe ging. Sobald die Schlacke auf-
hörte zu laufen, wurde der Stich immer wieder mit Lehm geschlossen.


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[821/0843] Die Stucköfen. Herd zu schlagen. Man setzte die Öffnung mit feuerfesten Thon- steinen zu. Etwa 1 Fuſs über dem Boden brachte man die Form an, die einfach aus einem Thonziegel bestand, in den ein Loch gebohrt war. Zur Vorbereitung wurden die Erze in Steiermark „reifen“ lassen, d. h. man setzt den Spateisenstein einer langsamen Oxydation durch die Atmosphärilien aus, wodurch namentlich auch die Schwefel- verbindungen, die stets dem Spat eingemengt sind, entfernt und un- schädlich gemacht wurden, indem ihre löslichen oxydischen Verbin- dungen vom Regen aufgelöst und fortgeführt werden. Dasſelbe Ver- fahren wendete man auch in anderen Gegenden an, wo Spateisenstein verhüttet wurde, und es ist nur deshalb auſser Gebrauch gekommen, weil die Erze heutzutage ein viel gröſseres Kapital repräsentieren, dessen Zinsverlust bei dem jahrelangen Ablagern zu bedeutend sein würde. Die reifen Erze wurden geröstet und zwar in alten Zeiten mit Holz in groſsen Haufen, die man „Gramatteln“ nannte. Man breitete eine Lage von Holz und Kohlen aus, darüber eine Lage Erz, dann wieder Brennmaterial und schichtete so drei Erzlagen übereinander. Dann wurde der Haufen rings herum mit Steinen zugesetzt und be- deckt und die Masse in Brand gesetzt. Die Röstung dauerte drei Wochen. Ist der Stuckofen für den Betrieb vorbereitet, so wird er mit Kohlen gefüllt, Feuer durch die Form eingetragen, die Bälge auf- gehängt und langsam angeblasen. Hat das Feuer etwas um sich ge- griffen, so wird das Blasen wieder unterbrochen, bis die Glut allein durch den natürlichen Luftzug durch die Form die ganze Kohlenmasse durchdrungen hat. Das zerkleinerte, geröstete Erz wird nun lagenweise mit Kohlen aufgegeben. Bei niedrigen Öfen mengte man es oft vorher gleich- mäſsig mit Kohlen. Das Aufgeben des Erzes geschah dem Maſse nach. Während die Kohlengicht konstant blieb, wechselte man mit der Gröſse des Erzsatzes. Anfangs gab man nur wenig Erz und stieg damit nach und nach. Gleichzeitig mit dem Aufgeben des Erzes wurde angeblasen. Schon nach wenigen Minuten trat das Erz vor die Form und es wurde nun zum erstenmal Schlacke abgestochen. Dies geschah auch auf der Seite, wo die Bälge standen, circa 1½ Fuſs von der Formöffnung. An- fangs suchte man die Schlacke am tiefsten Punkte abzuziehen, indem man nach und nach, entsprechend der Ansammlung des Eisens im Herde, mit dem Stichloch in die Höhe ging. Sobald die Schlacke auf- hörte zu laufen, wurde der Stich immer wieder mit Lehm geschlossen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/843>, abgerufen am 26.06.2024.