Sühngeldes, das für den Todschlag eines Freien gezahlt werden musste. Neben dem Grobschmied wurde nur noch der Bäcker und der Goldschmied zu gleichem Preise geschätzt. Aus dem Zusatze "qui publice probati sunt" geht hervor, dass schon damals sich die Schmiede einer öffentlichen Prüfung nach Art der Meisterprüfung unterziehen mussten.
Ähnliches findet sich in anderen alten Gesetzen; so wird im sali- schen Gesetze, welches wahrscheinlich schon aus dem sechsten Jahr- hundert stammt, der Hausmeier, der Marschall, der Eisen- und Gold- schmied, der Zimmermann, der Winzer und der Schweinehirt, ein jeder zu 25 Solidus geschätzt 1). Im burgundischen Gesetze, dessen Ab- fassung wahrscheinlich ebenfalls noch ins sechste Jahrhundert fällt, ist der Eisenschmied zu 50, der Silberschmied zu 100, der Goldschmied zu 150 Solidus taxiert. Einem leibeigenen Handwerker konnte auch gestattet werden, für andere öffentlich zu arbeiten; beging aber ein solcher leibeigener Schmied eine Unterschlagung an dem anvertrauten Eisen, so hatte der Herr für den Ersatz zu stehen oder der Knecht musste an den Kläger ausgeliefert werden. Mitunter war es festgesetzt, dass ein Knecht drei Tage in der Woche für seinen Herrn arbeiten musste, während er die drei anderen Tage für sich arbeiten durfte 2). Hierin lag schon eine grosse Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses. Indessen waren die Bedürfnisse jener Zeit überhaupt noch sehr ein- facher Art und wie gering der Bedarf an Eisengerät im friedlichen Haushalt war, haben wir oben schon erwähnt. Aber wie sich von der Regierungszeit Karls des Grossen an in allen Gewerken ein Aufschwung bemerklich macht, so namentlich in der Eisenschmiederei infolge der Einführung allgemeinerer und besserer Bewaffnung. Noch waren die meisten Gewerbtreibenden auf den Hofgütern ansässige Leibeigene. In der berühmten Verordnung Karls, welche die Bewirtschaftung seiner Güter reguliert (capitulare de villis), wird aber bereits neben den Grobschmieden (fabri ferrarrii) ein neues Handwerk, das sich mit der Verarbeitung des Eisens beschäftigte, erwähnt, nämlich die Schild- macher oder Schilderer (scutatores), aus denen sich später das be- deutende Gewerbe der Plattner und Panzerer entwickelt hat. Es ist die erste Trennung des Eisengewerbes in verschiedene Zünfte in Deutschland.
Im Jahre 812 werden an Karls Höfen bereits dreierlei Schmiede, die Grobschmiede, die Schilderer und die Silberschmiede erwähnt, die
1) Berlepsch, Chronik der Gewerke.
2) Grimm, deutsche Rechtsprechung S. 352.
Arbeiterverhältnisse.
Sühngeldes, das für den Todschlag eines Freien gezahlt werden muſste. Neben dem Grobschmied wurde nur noch der Bäcker und der Goldschmied zu gleichem Preise geschätzt. Aus dem Zusatze „qui publice probati sunt“ geht hervor, daſs schon damals sich die Schmiede einer öffentlichen Prüfung nach Art der Meisterprüfung unterziehen muſsten.
Ähnliches findet sich in anderen alten Gesetzen; so wird im sali- schen Gesetze, welches wahrscheinlich schon aus dem sechsten Jahr- hundert stammt, der Hausmeier, der Marschall, der Eisen- und Gold- schmied, der Zimmermann, der Winzer und der Schweinehirt, ein jeder zu 25 Solidus geschätzt 1). Im burgundischen Gesetze, dessen Ab- fassung wahrscheinlich ebenfalls noch ins sechste Jahrhundert fällt, ist der Eisenschmied zu 50, der Silberschmied zu 100, der Goldschmied zu 150 Solidus taxiert. Einem leibeigenen Handwerker konnte auch gestattet werden, für andere öffentlich zu arbeiten; beging aber ein solcher leibeigener Schmied eine Unterschlagung an dem anvertrauten Eisen, so hatte der Herr für den Ersatz zu stehen oder der Knecht muſste an den Kläger ausgeliefert werden. Mitunter war es festgesetzt, daſs ein Knecht drei Tage in der Woche für seinen Herrn arbeiten muſste, während er die drei anderen Tage für sich arbeiten durfte 2). Hierin lag schon eine groſse Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses. Indessen waren die Bedürfnisse jener Zeit überhaupt noch sehr ein- facher Art und wie gering der Bedarf an Eisengerät im friedlichen Haushalt war, haben wir oben schon erwähnt. Aber wie sich von der Regierungszeit Karls des Groſsen an in allen Gewerken ein Aufschwung bemerklich macht, so namentlich in der Eisenschmiederei infolge der Einführung allgemeinerer und besserer Bewaffnung. Noch waren die meisten Gewerbtreibenden auf den Hofgütern ansäſsige Leibeigene. In der berühmten Verordnung Karls, welche die Bewirtschaftung seiner Güter reguliert (capitulare de villis), wird aber bereits neben den Grobschmieden (fabri ferrarrii) ein neues Handwerk, das sich mit der Verarbeitung des Eisens beschäftigte, erwähnt, nämlich die Schild- macher oder Schilderer (scutatores), aus denen sich später das be- deutende Gewerbe der Plattner und Panzerer entwickelt hat. Es ist die erste Trennung des Eisengewerbes in verschiedene Zünfte in Deutschland.
Im Jahre 812 werden an Karls Höfen bereits dreierlei Schmiede, die Grobschmiede, die Schilderer und die Silberschmiede erwähnt, die
1) Berlepsch, Chronik der Gewerke.
2) Grimm, deutsche Rechtsprechung S. 352.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0763"n="741"/><fwplace="top"type="header">Arbeiterverhältnisse.</fw><lb/>
Sühngeldes, das für den Todschlag eines Freien gezahlt werden<lb/>
muſste. Neben dem Grobschmied wurde nur noch der Bäcker und<lb/>
der Goldschmied zu gleichem Preise geschätzt. Aus dem Zusatze „qui<lb/>
publice probati sunt“ geht hervor, daſs schon damals sich die Schmiede<lb/>
einer öffentlichen Prüfung nach Art der Meisterprüfung unterziehen<lb/>
muſsten.</p><lb/><p>Ähnliches findet sich in anderen alten Gesetzen; so wird im sali-<lb/>
schen Gesetze, welches wahrscheinlich schon aus dem sechsten Jahr-<lb/>
hundert stammt, der Hausmeier, der Marschall, der Eisen- und Gold-<lb/>
schmied, der Zimmermann, der Winzer und der Schweinehirt, ein jeder<lb/>
zu 25 Solidus geschätzt <noteplace="foot"n="1)">Berlepsch, Chronik der Gewerke.</note>. Im burgundischen Gesetze, dessen Ab-<lb/>
fassung wahrscheinlich ebenfalls noch ins sechste Jahrhundert fällt, ist<lb/>
der Eisenschmied zu 50, der Silberschmied zu 100, der Goldschmied<lb/>
zu 150 Solidus taxiert. Einem leibeigenen Handwerker konnte auch<lb/>
gestattet werden, für andere öffentlich zu arbeiten; beging aber ein<lb/>
solcher leibeigener Schmied eine Unterschlagung an dem anvertrauten<lb/>
Eisen, so hatte der Herr für den Ersatz zu stehen oder der Knecht<lb/>
muſste an den Kläger ausgeliefert werden. Mitunter war es festgesetzt,<lb/>
daſs ein Knecht drei Tage in der Woche für seinen Herrn arbeiten<lb/>
muſste, während er die drei anderen Tage für sich arbeiten durfte <noteplace="foot"n="2)">Grimm, deutsche Rechtsprechung<lb/>
S. 352.</note>.<lb/>
Hierin lag schon eine groſse Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses.<lb/>
Indessen waren die Bedürfnisse jener Zeit überhaupt noch sehr ein-<lb/>
facher Art und wie gering der Bedarf an Eisengerät im friedlichen<lb/>
Haushalt war, haben wir oben schon erwähnt. Aber wie sich von der<lb/>
Regierungszeit Karls des Groſsen an in allen Gewerken ein Aufschwung<lb/>
bemerklich macht, so namentlich in der Eisenschmiederei infolge der<lb/>
Einführung allgemeinerer und besserer Bewaffnung. Noch waren die<lb/>
meisten Gewerbtreibenden auf den Hofgütern ansäſsige Leibeigene. In<lb/>
der berühmten Verordnung Karls, welche die Bewirtschaftung seiner<lb/>
Güter reguliert (capitulare de villis), wird aber bereits neben den<lb/>
Grobschmieden (fabri ferrarrii) ein neues Handwerk, das sich mit der<lb/>
Verarbeitung des Eisens beschäftigte, erwähnt, nämlich die Schild-<lb/>
macher oder Schilderer (scutatores), aus denen sich später das be-<lb/>
deutende Gewerbe der Plattner und Panzerer entwickelt hat. Es ist<lb/>
die erste Trennung des Eisengewerbes in verschiedene Zünfte in<lb/>
Deutschland.</p><lb/><p>Im Jahre 812 werden an Karls Höfen bereits dreierlei Schmiede,<lb/>
die Grobschmiede, die Schilderer und die Silberschmiede erwähnt, die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[741/0763]
Arbeiterverhältnisse.
Sühngeldes, das für den Todschlag eines Freien gezahlt werden
muſste. Neben dem Grobschmied wurde nur noch der Bäcker und
der Goldschmied zu gleichem Preise geschätzt. Aus dem Zusatze „qui
publice probati sunt“ geht hervor, daſs schon damals sich die Schmiede
einer öffentlichen Prüfung nach Art der Meisterprüfung unterziehen
muſsten.
Ähnliches findet sich in anderen alten Gesetzen; so wird im sali-
schen Gesetze, welches wahrscheinlich schon aus dem sechsten Jahr-
hundert stammt, der Hausmeier, der Marschall, der Eisen- und Gold-
schmied, der Zimmermann, der Winzer und der Schweinehirt, ein jeder
zu 25 Solidus geschätzt 1). Im burgundischen Gesetze, dessen Ab-
fassung wahrscheinlich ebenfalls noch ins sechste Jahrhundert fällt, ist
der Eisenschmied zu 50, der Silberschmied zu 100, der Goldschmied
zu 150 Solidus taxiert. Einem leibeigenen Handwerker konnte auch
gestattet werden, für andere öffentlich zu arbeiten; beging aber ein
solcher leibeigener Schmied eine Unterschlagung an dem anvertrauten
Eisen, so hatte der Herr für den Ersatz zu stehen oder der Knecht
muſste an den Kläger ausgeliefert werden. Mitunter war es festgesetzt,
daſs ein Knecht drei Tage in der Woche für seinen Herrn arbeiten
muſste, während er die drei anderen Tage für sich arbeiten durfte 2).
Hierin lag schon eine groſse Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses.
Indessen waren die Bedürfnisse jener Zeit überhaupt noch sehr ein-
facher Art und wie gering der Bedarf an Eisengerät im friedlichen
Haushalt war, haben wir oben schon erwähnt. Aber wie sich von der
Regierungszeit Karls des Groſsen an in allen Gewerken ein Aufschwung
bemerklich macht, so namentlich in der Eisenschmiederei infolge der
Einführung allgemeinerer und besserer Bewaffnung. Noch waren die
meisten Gewerbtreibenden auf den Hofgütern ansäſsige Leibeigene. In
der berühmten Verordnung Karls, welche die Bewirtschaftung seiner
Güter reguliert (capitulare de villis), wird aber bereits neben den
Grobschmieden (fabri ferrarrii) ein neues Handwerk, das sich mit der
Verarbeitung des Eisens beschäftigte, erwähnt, nämlich die Schild-
macher oder Schilderer (scutatores), aus denen sich später das be-
deutende Gewerbe der Plattner und Panzerer entwickelt hat. Es ist
die erste Trennung des Eisengewerbes in verschiedene Zünfte in
Deutschland.
Im Jahre 812 werden an Karls Höfen bereits dreierlei Schmiede,
die Grobschmiede, die Schilderer und die Silberschmiede erwähnt, die
1) Berlepsch, Chronik der Gewerke.
2) Grimm, deutsche Rechtsprechung
S. 352.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/763>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.