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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Germanen.
sein. Wir haben oben bereits das kunstvolle Geflecht eines bei Mainz
gefundenen römischen Panzerhemdes beschrieben.

Durch den Verkehr mit den Römern scheinen die Germanen dieses
Schutzkleid kennen gelernt zu haben, zunächst wohl als Beutestück.
Wie dem auch sei, jedenfalls kam der Ringelpanzer, das aus Ringen
geflochtene Panzerhemd, erst in der Zeit der Völkerwanderung oder in
dem frühen Mittelalter zu allgemeiner Aufnahme. Doch blieb es schon
seiner Kostbarkeit wegen nur ein Waffenkleid der Edlen. Die gewöhn-
lichen Ringelpanzer waren aus flachen runden Ringen, die durch
Nieten verbunden wurden, zusammengefügt, so dass der Regel nach
je vier in einander griffen, doch gab es auch compliziertere Gewebe
(tunica trilex). Daneben erhielt sich aber bis in spätere Zeit der
Schuppenpanzer. Dies war die tunica ferrata 1). Der Plattenpanzer,
der Kürass, kam erst im späteren Mittelalter auf und werden wir von
diesem an anderer Stelle sprechen.

In den Gräbern haben sich weder Reste der Schuppen- noch der
Ringelpanzer gefunden; diese nicht nationale Schutzwaffe gehörte nicht
zu den Totenbeigaben. Dies verhinderte schon der hohe Wert dieses
Wehrstückes. In den Verordnungen Karls des Grossen über die Be-
waffnung zur Heeresfolge wird die Verpflichtung zur Ausrüstung mit
der Brünne nur bis auf die reichen Grundherren, auf die Besitzer von
zwölf Manses ausgedehnt 2). Eine andere Verordnung bestimmt, dass
die eiserne Brünne an die nächsten Erben übergehen solle, ein Zeichen,
wie hoch geschätzt dieses Waffenkleid war.

Dass die Brünne den Germanen aus fremden Landen bekannt wurde,
beweist wohl auch der Umstand, dass gerade die Brünne als eine Arbeit
der Zwerge und der Götter genannt wird. Im Beowulflied spielt die
Brünne eine grosse Rolle, aber Hraelders Panzer heisst Wenlandes
(Wielands) Werk 3) und ebenso ist Attilas Panzerhemd, das Walthari
raubt, Vilandia fabricata 4).

Im Waltharilied wird ausdrücklich der Panzer aus gestählten
Ringen
(duratis giris v. 956) erwähnt.

Dass die Ringelpanzer im 6. Jahrhundert indes schon ziemlich
allgemein zur Ausrüstung der Edlen gehörte, beweist die Erzählung
Gregors von Tours, dass bei der Ermordung Gundavalds der erste An-

1) Der Bischof Fortunatus schreibt an den Herzog Lupus:
Ferratae tunicae sudasti pondere victor
Et sub pulverea nube coruscus eras.
2) C. M. capitulare ad a 805, et insuper omnis homo de duodecim mansus bru-
neam
habeat.
3) Beowulf V, 456.
4) Walth. 965.

Die Germanen.
sein. Wir haben oben bereits das kunstvolle Geflecht eines bei Mainz
gefundenen römischen Panzerhemdes beschrieben.

Durch den Verkehr mit den Römern scheinen die Germanen dieses
Schutzkleid kennen gelernt zu haben, zunächst wohl als Beutestück.
Wie dem auch sei, jedenfalls kam der Ringelpanzer, das aus Ringen
geflochtene Panzerhemd, erst in der Zeit der Völkerwanderung oder in
dem frühen Mittelalter zu allgemeiner Aufnahme. Doch blieb es schon
seiner Kostbarkeit wegen nur ein Waffenkleid der Edlen. Die gewöhn-
lichen Ringelpanzer waren aus flachen runden Ringen, die durch
Nieten verbunden wurden, zusammengefügt, so daſs der Regel nach
je vier in einander griffen, doch gab es auch compliziertere Gewebe
(tunica trilex). Daneben erhielt sich aber bis in spätere Zeit der
Schuppenpanzer. Dies war die tunica ferrata 1). Der Plattenpanzer,
der Küraſs, kam erst im späteren Mittelalter auf und werden wir von
diesem an anderer Stelle sprechen.

In den Gräbern haben sich weder Reste der Schuppen- noch der
Ringelpanzer gefunden; diese nicht nationale Schutzwaffe gehörte nicht
zu den Totenbeigaben. Dies verhinderte schon der hohe Wert dieses
Wehrstückes. In den Verordnungen Karls des Groſsen über die Be-
waffnung zur Heeresfolge wird die Verpflichtung zur Ausrüstung mit
der Brünne nur bis auf die reichen Grundherren, auf die Besitzer von
zwölf Manses ausgedehnt 2). Eine andere Verordnung bestimmt, daſs
die eiserne Brünne an die nächsten Erben übergehen solle, ein Zeichen,
wie hoch geschätzt dieses Waffenkleid war.

Daſs die Brünne den Germanen aus fremden Landen bekannt wurde,
beweist wohl auch der Umstand, daſs gerade die Brünne als eine Arbeit
der Zwerge und der Götter genannt wird. Im Beowulflied spielt die
Brünne eine groſse Rolle, aber Hraelders Panzer heiſst Wẽlandes
(Wielands) Werk 3) und ebenso ist Attilas Panzerhemd, das Walthari
raubt, Vilandia fabricata 4).

Im Waltharilied wird ausdrücklich der Panzer aus gestählten
Ringen
(duratis giris v. 956) erwähnt.

Daſs die Ringelpanzer im 6. Jahrhundert indes schon ziemlich
allgemein zur Ausrüstung der Edlen gehörte, beweist die Erzählung
Gregors von Tours, daſs bei der Ermordung Gundavalds der erste An-

1) Der Bischof Fortunatus schreibt an den Herzog Lupus:
Ferratae tunicae sudasti pondere victor
Et sub pulverea nube coruscus eras.
2) C. M. capitulare ad a 805, et insuper omnis homo de duodecim mansus bru-
neam
habeat.
3) Beowulf V, 456.
4) Walth. 965.
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[726/0748] Die Germanen. sein. Wir haben oben bereits das kunstvolle Geflecht eines bei Mainz gefundenen römischen Panzerhemdes beschrieben. Durch den Verkehr mit den Römern scheinen die Germanen dieses Schutzkleid kennen gelernt zu haben, zunächst wohl als Beutestück. Wie dem auch sei, jedenfalls kam der Ringelpanzer, das aus Ringen geflochtene Panzerhemd, erst in der Zeit der Völkerwanderung oder in dem frühen Mittelalter zu allgemeiner Aufnahme. Doch blieb es schon seiner Kostbarkeit wegen nur ein Waffenkleid der Edlen. Die gewöhn- lichen Ringelpanzer waren aus flachen runden Ringen, die durch Nieten verbunden wurden, zusammengefügt, so daſs der Regel nach je vier in einander griffen, doch gab es auch compliziertere Gewebe (tunica trilex). Daneben erhielt sich aber bis in spätere Zeit der Schuppenpanzer. Dies war die tunica ferrata 1). Der Plattenpanzer, der Küraſs, kam erst im späteren Mittelalter auf und werden wir von diesem an anderer Stelle sprechen. In den Gräbern haben sich weder Reste der Schuppen- noch der Ringelpanzer gefunden; diese nicht nationale Schutzwaffe gehörte nicht zu den Totenbeigaben. Dies verhinderte schon der hohe Wert dieses Wehrstückes. In den Verordnungen Karls des Groſsen über die Be- waffnung zur Heeresfolge wird die Verpflichtung zur Ausrüstung mit der Brünne nur bis auf die reichen Grundherren, auf die Besitzer von zwölf Manses ausgedehnt 2). Eine andere Verordnung bestimmt, daſs die eiserne Brünne an die nächsten Erben übergehen solle, ein Zeichen, wie hoch geschätzt dieses Waffenkleid war. Daſs die Brünne den Germanen aus fremden Landen bekannt wurde, beweist wohl auch der Umstand, daſs gerade die Brünne als eine Arbeit der Zwerge und der Götter genannt wird. Im Beowulflied spielt die Brünne eine groſse Rolle, aber Hraelders Panzer heiſst Wẽlandes (Wielands) Werk 3) und ebenso ist Attilas Panzerhemd, das Walthari raubt, Vilandia fabricata 4). Im Waltharilied wird ausdrücklich der Panzer aus gestählten Ringen (duratis giris v. 956) erwähnt. Daſs die Ringelpanzer im 6. Jahrhundert indes schon ziemlich allgemein zur Ausrüstung der Edlen gehörte, beweist die Erzählung Gregors von Tours, daſs bei der Ermordung Gundavalds der erste An- 1) Der Bischof Fortunatus schreibt an den Herzog Lupus: Ferratae tunicae sudasti pondere victor Et sub pulverea nube coruscus eras. 2) C. M. capitulare ad a 805, et insuper omnis homo de duodecim mansus bru- neam habeat. 3) Beowulf V, 456. 4) Walth. 965.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/748>, abgerufen am 22.11.2024.