Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Germanen.
aussen her mit starken Nägeln und der Griff im Inneren öfters noch
mit Spangen an die Schildwand befestigt (Fig. 244, Schildbuckel aus
den Gräbern bei Darmstadt). Auch der Rand des Schildes wurde
später oft mit Metall beschlagen. In dem Sinne heisst der Schild im
[Abbildung] Fig. 244.
Beowulfliede "Goldrand" und "Stahlrand". Gegen den flammen-
schnaubenden Drachen aber führt Beowulf einen ganz mit Eisen be-
deckten Schild.

"Hiess ihm rüsten der Recken Schirm
Der Eorle Gebieter -- von Eisen ganz
Kampfschildes Zierde, kund ihm war es,
Dass Holz ihm nimmer helfen mochte
Linde gen der Lohe (gegen die Flamme)."

Mit seinem Schilde wurde in alter Zeit der Held verbrannt. Als
christliche Sitten herrschend wurden, hing man die Schilder der ver-
storbenen Helden an den Gräbern oder in der Kirche auf.

Der Helm war, wie schon aus der angeführten Stelle des Agathias
hervorgeht, bei den Germanen eine seltene Wehr 1), die selbst in mero-
vingischer Zeit nur von Fürsten und Helden getragen wurde. Bis ins
zehnte Jahrhundert pflegte das lange, oft in einen Knoten zusammen-
gebundene Haar der einzige Kopfschmuck der Deutschen zu sein. Die
wenigen in Deutschland gefundenen alten Helme zeigen etruskische
oder asiatische Formen. Sie erinnern an die phrygischen Mützen
(Fig. 245 bis 248) und diese Form des Kegelhelmes mit vorgeneigter
Spitze erhielt sich bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Formen
deuten schon auf ein hohes Geschick in der Kunst, Eisen zu treiben und
zu schweissen. Die Heruler und Longobarden waren die ersten deut-
schen Stämme, bei welchen eiserne Helme Eingang fanden. Dies
mag wohl seinen Grund zunächst darin gehabt haben, dass diese sich
desjenigen Gebietes bemächtigt hatten, in dem die höhere Waffen-

1) Tacitus: "vix uni alterive cassis aut galea".

Die Germanen.
auſsen her mit starken Nägeln und der Griff im Inneren öfters noch
mit Spangen an die Schildwand befestigt (Fig. 244, Schildbuckel aus
den Gräbern bei Darmstadt). Auch der Rand des Schildes wurde
später oft mit Metall beschlagen. In dem Sinne heiſst der Schild im
[Abbildung] Fig. 244.
Beowulfliede „Goldrand“ und „Stahlrand“. Gegen den flammen-
schnaubenden Drachen aber führt Beowulf einen ganz mit Eisen be-
deckten Schild.

„Hieſs ihm rüsten der Recken Schirm
Der Eorle Gebieter — von Eisen ganz
Kampfschildes Zierde, kund ihm war es,
Daſs Holz ihm nimmer helfen mochte
Linde gen der Lohe (gegen die Flamme).“

Mit seinem Schilde wurde in alter Zeit der Held verbrannt. Als
christliche Sitten herrschend wurden, hing man die Schilder der ver-
storbenen Helden an den Gräbern oder in der Kirche auf.

Der Helm war, wie schon aus der angeführten Stelle des Agathias
hervorgeht, bei den Germanen eine seltene Wehr 1), die selbst in mero-
vingischer Zeit nur von Fürsten und Helden getragen wurde. Bis ins
zehnte Jahrhundert pflegte das lange, oft in einen Knoten zusammen-
gebundene Haar der einzige Kopfschmuck der Deutschen zu sein. Die
wenigen in Deutschland gefundenen alten Helme zeigen etruskische
oder asiatische Formen. Sie erinnern an die phrygischen Mützen
(Fig. 245 bis 248) und diese Form des Kegelhelmes mit vorgeneigter
Spitze erhielt sich bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Formen
deuten schon auf ein hohes Geschick in der Kunst, Eisen zu treiben und
zu schweiſsen. Die Heruler und Longobarden waren die ersten deut-
schen Stämme, bei welchen eiserne Helme Eingang fanden. Dies
mag wohl seinen Grund zunächst darin gehabt haben, daſs diese sich
desjenigen Gebietes bemächtigt hatten, in dem die höhere Waffen-

1) Tacitus: „vix uni alterive cassis aut galea“.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0744" n="722"/><fw place="top" type="header">Die Germanen.</fw><lb/>
au&#x017F;sen her mit starken Nägeln und der Griff im Inneren öfters noch<lb/>
mit Spangen an die Schildwand befestigt (Fig. 244, Schildbuckel aus<lb/>
den Gräbern bei Darmstadt). Auch der Rand des Schildes wurde<lb/>
später oft mit Metall beschlagen. In dem Sinne hei&#x017F;st der Schild im<lb/><figure><head>Fig. 244.</head></figure><lb/>
Beowulfliede &#x201E;Goldrand&#x201C; und &#x201E;Stahlrand&#x201C;. Gegen den flammen-<lb/>
schnaubenden Drachen aber führt Beowulf einen ganz mit Eisen be-<lb/>
deckten Schild.</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>&#x201E;Hie&#x017F;s ihm rüsten der Recken Schirm</l><lb/>
              <l>Der Eorle Gebieter &#x2014; von Eisen ganz</l><lb/>
              <l>Kampfschildes Zierde, kund ihm war es,</l><lb/>
              <l>Da&#x017F;s Holz ihm nimmer helfen mochte</l><lb/>
              <l>Linde gen der Lohe (gegen die Flamme).&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <p>Mit seinem Schilde wurde in alter Zeit der Held verbrannt. Als<lb/>
christliche Sitten herrschend wurden, hing man die Schilder der ver-<lb/>
storbenen Helden an den Gräbern oder in der Kirche auf.</p><lb/>
            <p>Der Helm war, wie schon aus der angeführten Stelle des Agathias<lb/>
hervorgeht, bei den Germanen eine seltene Wehr <note place="foot" n="1)">Tacitus: &#x201E;vix uni alterive cassis aut galea&#x201C;.</note>, die selbst in mero-<lb/>
vingischer Zeit nur von Fürsten und Helden getragen wurde. Bis ins<lb/>
zehnte Jahrhundert pflegte das lange, oft in einen Knoten zusammen-<lb/>
gebundene Haar der einzige Kopfschmuck der Deutschen zu sein. Die<lb/>
wenigen in Deutschland gefundenen alten Helme zeigen etruskische<lb/>
oder asiatische Formen. Sie erinnern an die phrygischen Mützen<lb/>
(Fig. 245 bis 248) und diese Form des Kegelhelmes mit vorgeneigter<lb/>
Spitze erhielt sich bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Formen<lb/>
deuten schon auf ein hohes Geschick in der Kunst, Eisen zu treiben und<lb/>
zu schwei&#x017F;sen. Die Heruler und Longobarden waren die ersten deut-<lb/>
schen Stämme, bei welchen eiserne Helme Eingang fanden. Dies<lb/>
mag wohl seinen Grund zunächst darin gehabt haben, da&#x017F;s diese sich<lb/>
desjenigen Gebietes bemächtigt hatten, in dem die höhere Waffen-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[722/0744] Die Germanen. auſsen her mit starken Nägeln und der Griff im Inneren öfters noch mit Spangen an die Schildwand befestigt (Fig. 244, Schildbuckel aus den Gräbern bei Darmstadt). Auch der Rand des Schildes wurde später oft mit Metall beschlagen. In dem Sinne heiſst der Schild im [Abbildung Fig. 244.] Beowulfliede „Goldrand“ und „Stahlrand“. Gegen den flammen- schnaubenden Drachen aber führt Beowulf einen ganz mit Eisen be- deckten Schild. „Hieſs ihm rüsten der Recken Schirm Der Eorle Gebieter — von Eisen ganz Kampfschildes Zierde, kund ihm war es, Daſs Holz ihm nimmer helfen mochte Linde gen der Lohe (gegen die Flamme).“ Mit seinem Schilde wurde in alter Zeit der Held verbrannt. Als christliche Sitten herrschend wurden, hing man die Schilder der ver- storbenen Helden an den Gräbern oder in der Kirche auf. Der Helm war, wie schon aus der angeführten Stelle des Agathias hervorgeht, bei den Germanen eine seltene Wehr 1), die selbst in mero- vingischer Zeit nur von Fürsten und Helden getragen wurde. Bis ins zehnte Jahrhundert pflegte das lange, oft in einen Knoten zusammen- gebundene Haar der einzige Kopfschmuck der Deutschen zu sein. Die wenigen in Deutschland gefundenen alten Helme zeigen etruskische oder asiatische Formen. Sie erinnern an die phrygischen Mützen (Fig. 245 bis 248) und diese Form des Kegelhelmes mit vorgeneigter Spitze erhielt sich bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Formen deuten schon auf ein hohes Geschick in der Kunst, Eisen zu treiben und zu schweiſsen. Die Heruler und Longobarden waren die ersten deut- schen Stämme, bei welchen eiserne Helme Eingang fanden. Dies mag wohl seinen Grund zunächst darin gehabt haben, daſs diese sich desjenigen Gebietes bemächtigt hatten, in dem die höhere Waffen- 1) Tacitus: „vix uni alterive cassis aut galea“.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/744
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/744>, abgerufen am 23.07.2024.