Der König ungeduldig, ging in seinen Saal, Wieland nahm die Feile zu Händen noch einmal, Damit zerfeilt' er wieder zu eitel Staub das Schwert; Sähe das der König, er hätt' es sicher gewehrt.
Die Feilspäne mischte der Meister wohlgemut Mit Milch und Mehl zusammen, der Teig geriet ihm gut; Den gab er Mastvögeln, die schon den fünften Tag Auf Kost umsonst gelauert im engvergitterten Hag.
Die frassen unmässig, der Trog war bald geleert, Und jener andre morgens mit Unrat hoch beschwert. Den warf er in den Kessel und schürte seine Glut; Das Erz herauszuschmelzen verstand kein Meister so gut.
Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert Am siebenten Tage das wunderbare Schwert, Dass Mimung ist geheissen und aller Welt bekannt; König aller Schwerter wurde Mimung genannt.
Wir singen noch und sagen vom guten Nagelring, Den von Bern Herr Dietrich von einem Zwerg empfing; Auch sollt ihr künftig hören von Eckesachs genug, Den Dietrich hat getragen, als er die Nibelungen schlug.
Was auch von Balmungen im Lied uns überkam, Den der grimme Hagen Siegfrieden nahm, Was von den Schwertern allen das Abenteuer weiss, Das muss doch überschallen des edlen Mimung Ehrenpreis.
Als Neiding der König das Wunderschwert ersah, Er schwieg, zu seinem Ruhme kein Wörtchen sprach er da. Doch Wieland lobt es selber: "Mich dünkts ein gutes Schwert, Und wetten will ich Alles, dass es die Probe bewährt."
Sie gingen es zu prüfen noch einmal an die Flut, Die unmerklich strömte, wie sie vor Wehren thut; Wieland ein Flock Wolle in die Welle schwang, Das hatte drei Fuss Dicke und drei Fuss war es auch lang.
Es kam erst aus der Presse, ein dichtgedrungener Flaum; Die Welle trieb es langsam, man gewahrt' es kaum. Wie das nun leise, leise gegen die Schärfe glitt, Da stockt' es keiner Weise, indem das Schwert es durchschnitt.
Und mählich schwamm es weiter, es war kein Unterschied Zu seh'n an seinem Gleiten. Da nahm der weise Schmied Die Stücken aus dem Wasser, durch die das Eisen fuhr: Er fand an beiden Teilen eine glatt geschorene Spur.
Da war er wohl zufrieden, als ers geraten sah; In König Neidings Reichen ihm lieber nie geschah. Er sprach: "Es hat sich heute scharf genug erprobt, Es ist so gut geraten, dass es der Meister selber lobt."
Mythische Zeit.
Der König ungeduldig, ging in seinen Saal, Wieland nahm die Feile zu Händen noch einmal, Damit zerfeilt’ er wieder zu eitel Staub das Schwert; Sähe das der König, er hätt’ es sicher gewehrt.
Die Feilspäne mischte der Meister wohlgemut Mit Milch und Mehl zusammen, der Teig geriet ihm gut; Den gab er Mastvögeln, die schon den fünften Tag Auf Kost umsonst gelauert im engvergitterten Hag.
Die fraſsen unmäſsig, der Trog war bald geleert, Und jener andre morgens mit Unrat hoch beschwert. Den warf er in den Kessel und schürte seine Glut; Das Erz herauszuschmelzen verstand kein Meister so gut.
Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert Am siebenten Tage das wunderbare Schwert, Daſs Mimung ist geheiſsen und aller Welt bekannt; König aller Schwerter wurde Mimung genannt.
Wir singen noch und sagen vom guten Nagelring, Den von Bern Herr Dietrich von einem Zwerg empfing; Auch sollt ihr künftig hören von Eckesachs genug, Den Dietrich hat getragen, als er die Nibelungen schlug.
Was auch von Balmungen im Lied uns überkam, Den der grimme Hagen Siegfrieden nahm, Was von den Schwertern allen das Abenteuer weiſs, Das muſs doch überschallen des edlen Mimung Ehrenpreis.
Als Neiding der König das Wunderschwert ersah, Er schwieg, zu seinem Ruhme kein Wörtchen sprach er da. Doch Wieland lobt es selber: „Mich dünkts ein gutes Schwert, Und wetten will ich Alles, daſs es die Probe bewährt.“
Sie gingen es zu prüfen noch einmal an die Flut, Die unmerklich strömte, wie sie vor Wehren thut; Wieland ein Flock Wolle in die Welle schwang, Das hatte drei Fuſs Dicke und drei Fuſs war es auch lang.
Es kam erst aus der Presse, ein dichtgedrungener Flaum; Die Welle trieb es langsam, man gewahrt’ es kaum. Wie das nun leise, leise gegen die Schärfe glitt, Da stockt’ es keiner Weise, indem das Schwert es durchschnitt.
Und mählich schwamm es weiter, es war kein Unterschied Zu seh’n an seinem Gleiten. Da nahm der weise Schmied Die Stücken aus dem Wasser, durch die das Eisen fuhr: Er fand an beiden Teilen eine glatt geschorene Spur.
Da war er wohl zufrieden, als ers geraten sah; In König Neidings Reichen ihm lieber nie geschah. Er sprach: „Es hat sich heute scharf genug erprobt, Es ist so gut geraten, daſs es der Meister selber lobt.“
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[693/0715]
Mythische Zeit.
Der König ungeduldig, ging in seinen Saal,
Wieland nahm die Feile zu Händen noch einmal,
Damit zerfeilt’ er wieder zu eitel Staub das Schwert;
Sähe das der König, er hätt’ es sicher gewehrt.
Die Feilspäne mischte der Meister wohlgemut
Mit Milch und Mehl zusammen, der Teig geriet ihm gut;
Den gab er Mastvögeln, die schon den fünften Tag
Auf Kost umsonst gelauert im engvergitterten Hag.
Die fraſsen unmäſsig, der Trog war bald geleert,
Und jener andre morgens mit Unrat hoch beschwert.
Den warf er in den Kessel und schürte seine Glut;
Das Erz herauszuschmelzen verstand kein Meister so gut.
Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert
Am siebenten Tage das wunderbare Schwert,
Daſs Mimung ist geheiſsen und aller Welt bekannt;
König aller Schwerter wurde Mimung genannt.
Wir singen noch und sagen vom guten Nagelring,
Den von Bern Herr Dietrich von einem Zwerg empfing;
Auch sollt ihr künftig hören von Eckesachs genug,
Den Dietrich hat getragen, als er die Nibelungen schlug.
Was auch von Balmungen im Lied uns überkam,
Den der grimme Hagen Siegfrieden nahm,
Was von den Schwertern allen das Abenteuer weiſs,
Das muſs doch überschallen des edlen Mimung Ehrenpreis.
Als Neiding der König das Wunderschwert ersah,
Er schwieg, zu seinem Ruhme kein Wörtchen sprach er da.
Doch Wieland lobt es selber: „Mich dünkts ein gutes Schwert,
Und wetten will ich Alles, daſs es die Probe bewährt.“
Sie gingen es zu prüfen noch einmal an die Flut,
Die unmerklich strömte, wie sie vor Wehren thut;
Wieland ein Flock Wolle in die Welle schwang,
Das hatte drei Fuſs Dicke und drei Fuſs war es auch lang.
Es kam erst aus der Presse, ein dichtgedrungener Flaum;
Die Welle trieb es langsam, man gewahrt’ es kaum.
Wie das nun leise, leise gegen die Schärfe glitt,
Da stockt’ es keiner Weise, indem das Schwert es durchschnitt.
Und mählich schwamm es weiter, es war kein Unterschied
Zu seh’n an seinem Gleiten. Da nahm der weise Schmied
Die Stücken aus dem Wasser, durch die das Eisen fuhr:
Er fand an beiden Teilen eine glatt geschorene Spur.
Da war er wohl zufrieden, als ers geraten sah;
In König Neidings Reichen ihm lieber nie geschah.
Er sprach: „Es hat sich heute scharf genug erprobt,
Es ist so gut geraten, daſs es der Meister selber lobt.“
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/715>, abgerufen am 15.08.2024.
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