Friedens alles, um Handel, Schiffahrt und Künste in seinem Lande zu heben. Doch fehlen auch während seiner Regierung, sowie während der seines Sohnes Edward oder seines Enkels Athelstan (+ 941) irgend welche Nachrichten über die Eisenindustrie Englands. Dasselbe gilt so ziemlich bis zur Zeit des Einfalles der Normannen und der Herr- schaft Wilhelms des Eroberers. Camden berichtet, dass vor und wäh- rend dieser Zeit die Hauptgewerbe der Stadt Gloucester die Herstellung von Eisenschmiedewaren gewesen sei. Und das Dooms-Day-Book erwähnt, dass der König kaum eine andere Abgabe von der Stadt verlangte, als gewisse "Dicars" (Gebunde) Eisen und Eisenstangen für die königliche Marine. Die verlangte Quantität betrug 36 "Dicar" Eisen, ein "Dicar" enthielt 10 geschmiedete Stangen und 100 Stäbe für Nägel und Bolzen.
Giraldus Cambrensis, der im 12. Jahrhundert lebte, schreibt: "Der Forest of Dean versieht Gloucester reichlich mit Eisen."
Betrachten wir nach dieser historischen Übersicht die Ergebnisse der archäologischen Forschung, so finden wir die geschichtlichen Über- lieferungen bestätigt. Lange vor der römischen Invasion kannten die Briten bereits das Eisen, und wenn sie auch nicht reich daran waren, wie Cäsar schreibt und die Seltenheit der Funde dies bestätigt, so ver- standen sie es doch zu gewinnen und zu verarbeiten. Zweifellos war dies im Südwesten, in Kent und Sussex der Fall, welches von Belgiern besiedelt war 1). Die Bronze dagegen war ein ausländisches Produkt, welches ihnen durch den Handel zugeführt wurde, obgleich an keinem Platze der Erde die Natur die Erze des Zinnes und des Kupfers so nahe zusammengelegt hat, wie in Cornwall, wo die Gewinnung und Aus- schmelzung der Zinnerze eine uralte, einheimische Kunst war. War das Zinn der Artikel, wegen dessen zunächst Britannien von fremden Händlern besucht wurde, war dieses seltene und bequeme Metall die Veranlassung, dass die Phönizier selbst die Schrecken des Okeanos nicht scheuten, um mit ihren schwachen Schiffen bis nach Britannien durchzudringen, so war dieser Zinnhandel auch die Veranlassung, dass gerade nach Britannien als Gegenwert im Tauschhandel besonders von den zur See handelnden Phöniziern und Griechen eine grosse Menge Bronzewaren und Bronzegeräte eingeführt wurden. Daher kommt es, dass die archäologische Ausbeute an Bronzesachen sehr reich ist, während die Ausbeute an Eisen gering ist. Die Bronze hat gerade in Britannien und zwar ganz besonders in Südengland das
1) Caes. bell. gall. V, 12.
Britannien.
Friedens alles, um Handel, Schiffahrt und Künste in seinem Lande zu heben. Doch fehlen auch während seiner Regierung, sowie während der seines Sohnes Edward oder seines Enkels Athelstan († 941) irgend welche Nachrichten über die Eisenindustrie Englands. Dasſelbe gilt so ziemlich bis zur Zeit des Einfalles der Normannen und der Herr- schaft Wilhelms des Eroberers. Camden berichtet, daſs vor und wäh- rend dieser Zeit die Hauptgewerbe der Stadt Gloucester die Herstellung von Eisenschmiedewaren gewesen sei. Und das Dooms-Day-Book erwähnt, daſs der König kaum eine andere Abgabe von der Stadt verlangte, als gewisse „Dicars“ (Gebunde) Eisen und Eisenstangen für die königliche Marine. Die verlangte Quantität betrug 36 „Dicar“ Eisen, ein „Dicar“ enthielt 10 geschmiedete Stangen und 100 Stäbe für Nägel und Bolzen.
Giraldus Cambrensis, der im 12. Jahrhundert lebte, schreibt: „Der Forest of Dean versieht Gloucester reichlich mit Eisen.“
Betrachten wir nach dieser historischen Übersicht die Ergebnisse der archäologischen Forschung, so finden wir die geschichtlichen Über- lieferungen bestätigt. Lange vor der römischen Invasion kannten die Briten bereits das Eisen, und wenn sie auch nicht reich daran waren, wie Cäsar schreibt und die Seltenheit der Funde dies bestätigt, so ver- standen sie es doch zu gewinnen und zu verarbeiten. Zweifellos war dies im Südwesten, in Kent und Sussex der Fall, welches von Belgiern besiedelt war 1). Die Bronze dagegen war ein ausländisches Produkt, welches ihnen durch den Handel zugeführt wurde, obgleich an keinem Platze der Erde die Natur die Erze des Zinnes und des Kupfers so nahe zusammengelegt hat, wie in Cornwall, wo die Gewinnung und Aus- schmelzung der Zinnerze eine uralte, einheimische Kunst war. War das Zinn der Artikel, wegen dessen zunächst Britannien von fremden Händlern besucht wurde, war dieses seltene und bequeme Metall die Veranlassung, daſs die Phönizier selbst die Schrecken des Okeanos nicht scheuten, um mit ihren schwachen Schiffen bis nach Britannien durchzudringen, so war dieser Zinnhandel auch die Veranlassung, daſs gerade nach Britannien als Gegenwert im Tauschhandel besonders von den zur See handelnden Phöniziern und Griechen eine groſse Menge Bronzewaren und Bronzegeräte eingeführt wurden. Daher kommt es, daſs die archäologische Ausbeute an Bronzesachen sehr reich ist, während die Ausbeute an Eisen gering ist. Die Bronze hat gerade in Britannien und zwar ganz besonders in Südengland das
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Britannien.
Friedens alles, um Handel, Schiffahrt und Künste in seinem Lande zu
heben. Doch fehlen auch während seiner Regierung, sowie während
der seines Sohnes Edward oder seines Enkels Athelstan († 941) irgend
welche Nachrichten über die Eisenindustrie Englands. Dasſelbe gilt
so ziemlich bis zur Zeit des Einfalles der Normannen und der Herr-
schaft Wilhelms des Eroberers. Camden berichtet, daſs vor und wäh-
rend dieser Zeit die Hauptgewerbe der Stadt Gloucester die Herstellung
von Eisenschmiedewaren gewesen sei. Und das Dooms-Day-Book
erwähnt, daſs der König kaum eine andere Abgabe von der Stadt
verlangte, als gewisse „Dicars“ (Gebunde) Eisen und Eisenstangen
für die königliche Marine. Die verlangte Quantität betrug 36 „Dicar“
Eisen, ein „Dicar“ enthielt 10 geschmiedete Stangen und 100 Stäbe
für Nägel und Bolzen.
Giraldus Cambrensis, der im 12. Jahrhundert lebte, schreibt: „Der
Forest of Dean versieht Gloucester reichlich mit Eisen.“
Betrachten wir nach dieser historischen Übersicht die Ergebnisse
der archäologischen Forschung, so finden wir die geschichtlichen Über-
lieferungen bestätigt. Lange vor der römischen Invasion kannten die
Briten bereits das Eisen, und wenn sie auch nicht reich daran waren,
wie Cäsar schreibt und die Seltenheit der Funde dies bestätigt, so ver-
standen sie es doch zu gewinnen und zu verarbeiten. Zweifellos war
dies im Südwesten, in Kent und Sussex der Fall, welches von Belgiern
besiedelt war 1). Die Bronze dagegen war ein ausländisches Produkt,
welches ihnen durch den Handel zugeführt wurde, obgleich an keinem
Platze der Erde die Natur die Erze des Zinnes und des Kupfers so
nahe zusammengelegt hat, wie in Cornwall, wo die Gewinnung und Aus-
schmelzung der Zinnerze eine uralte, einheimische Kunst war. War
das Zinn der Artikel, wegen dessen zunächst Britannien von fremden
Händlern besucht wurde, war dieses seltene und bequeme Metall die
Veranlassung, daſs die Phönizier selbst die Schrecken des Okeanos
nicht scheuten, um mit ihren schwachen Schiffen bis nach Britannien
durchzudringen, so war dieser Zinnhandel auch die Veranlassung, daſs
gerade nach Britannien als Gegenwert im Tauschhandel besonders
von den zur See handelnden Phöniziern und Griechen eine groſse
Menge Bronzewaren und Bronzegeräte eingeführt wurden. Daher
kommt es, daſs die archäologische Ausbeute an Bronzesachen sehr
reich ist, während die Ausbeute an Eisen gering ist. Die Bronze hat
gerade in Britannien und zwar ganz besonders in Südengland das
1) Caes. bell. gall. V, 12.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/701>, abgerufen am 22.11.2024.
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