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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Hispanien.
und Asien und zu allen übrigen Völkern verführten, grosse Reichtümer
erwerben. So weit trieben die Kaufleute ihre Habgier, dass sie, wenn
trotz völliger Überladung ihrer Fahrzeuge immer noch Silber im
Vorrat war, das Blei an den Ankern wegschlugen und das Silber den
Dienst des Bleies thun liessen, deshalb schickten auch die Phönizer,
als sie durch solchen, lange Zeit betriebenen Handel an Reichtum und
Macht ungemein gewonnen hatten, viele Kolonieen aus, teils nach
Sizilien und den in dessen Nähe liegenden Inseln, teils nach Lybien,
Sardinien und Iberien.

Vorstehende Erzählung ist nur ein phönizisch-griechisches Han-
delsmärchen und sowohl die technische, wie die sprachliche Erklärung
ist unrichtig. Die durch einen Waldbrand entstandenen Silberbäche
sind zu naiv und die Angabe, dass der einheimische Name der Pyre-
näen mit dem griechischen pur zusammenhänge, ist falsch, vielmehr
kommt es von dem keltischen Wort Byrin, Byren, Berg, Gebirg. Diodor
fährt fort:

"In bei weitem späterer Zeit, als die Iberer die Eigenschaften und
den Gebrauch des Silbers kennen gelernt hatten, legten sie bedeutende
Bergwerke an, und da sie das schönste und wohl auch das meiste
Silber gewannen, so verschafften sie sich damit reiche Einkünfte. Die
Art und Weise des Bergbaues und der einschläglichen Arbeiten ist bei
den Iberern ungefähr die folgende. Sie haben Werke auf Kupfer, auf
Gold und auf Silber, alle von erstaunlicher Ergiebigkeit. Diejenigen,
welche auf Kupfer bauen, gewinnen den vierten Teil des zu Tage ge-
förderten Erzes als reines Kupfer; unter den Privatleuten aber, die
auf Silber bauen, giebt es sogar solche, welche in drei Tagen ein euböi-
sches Talent gewinnen; denn jede Erdscholle ist voll gediegenen und
durch den Glanz bemerkbaren Metallsandes. Man kann deshalb nicht
weniger die wunderbare Bodenbeschaffenheit anstaunen, als den Fleiss
der Menschen, welche ihn bebauen. Anfangs legte sich der erste beste
Privatmann auf den Bergbau und erwarb grossen Reichtum aus dem
Boden, welcher das Silber in solcher Fülle gediegen darbietet; später
aber, als die Römer das Land erobert hatten, wendete sich eine grosse
Zahl Italiker dem Bergbau zu, und ihre Habgier nahm grosse Reich-
tümer aus dem Lande mit. Sie kaufen nämlich eine Menge von Skla-
ven zusammen und übergeben diese den Vorstehern der Bergwerke.
Diese lassen dann an mehreren Stellen Öffnungen graben und schürfen
in die Tiefe, um die silber- und goldhaltigsten Erdschichten zu finden.
In eine gewisse Tiefe gekommen, graben sie nicht bloss Schachte in die
Länge, sondern treiben sie auch weiter hinab bis zu einer Tiefe von

Hispanien.
und Asien und zu allen übrigen Völkern verführten, groſse Reichtümer
erwerben. So weit trieben die Kaufleute ihre Habgier, daſs sie, wenn
trotz völliger Überladung ihrer Fahrzeuge immer noch Silber im
Vorrat war, das Blei an den Ankern wegschlugen und das Silber den
Dienst des Bleies thun lieſsen, deshalb schickten auch die Phönizer,
als sie durch solchen, lange Zeit betriebenen Handel an Reichtum und
Macht ungemein gewonnen hatten, viele Kolonieen aus, teils nach
Sizilien und den in dessen Nähe liegenden Inseln, teils nach Lybien,
Sardinien und Iberien.

Vorstehende Erzählung ist nur ein phönizisch-griechisches Han-
delsmärchen und sowohl die technische, wie die sprachliche Erklärung
ist unrichtig. Die durch einen Waldbrand entstandenen Silberbäche
sind zu naiv und die Angabe, daſs der einheimische Name der Pyre-
näen mit dem griechischen πῦρ zusammenhänge, ist falsch, vielmehr
kommt es von dem keltischen Wort Byrin, Byren, Berg, Gebirg. Diodor
fährt fort:

„In bei weitem späterer Zeit, als die Iberer die Eigenschaften und
den Gebrauch des Silbers kennen gelernt hatten, legten sie bedeutende
Bergwerke an, und da sie das schönste und wohl auch das meiste
Silber gewannen, so verschafften sie sich damit reiche Einkünfte. Die
Art und Weise des Bergbaues und der einschläglichen Arbeiten ist bei
den Iberern ungefähr die folgende. Sie haben Werke auf Kupfer, auf
Gold und auf Silber, alle von erstaunlicher Ergiebigkeit. Diejenigen,
welche auf Kupfer bauen, gewinnen den vierten Teil des zu Tage ge-
förderten Erzes als reines Kupfer; unter den Privatleuten aber, die
auf Silber bauen, giebt es sogar solche, welche in drei Tagen ein euböi-
sches Talent gewinnen; denn jede Erdscholle ist voll gediegenen und
durch den Glanz bemerkbaren Metallsandes. Man kann deshalb nicht
weniger die wunderbare Bodenbeschaffenheit anstaunen, als den Fleiſs
der Menschen, welche ihn bebauen. Anfangs legte sich der erste beste
Privatmann auf den Bergbau und erwarb groſsen Reichtum aus dem
Boden, welcher das Silber in solcher Fülle gediegen darbietet; später
aber, als die Römer das Land erobert hatten, wendete sich eine groſse
Zahl Italiker dem Bergbau zu, und ihre Habgier nahm groſse Reich-
tümer aus dem Lande mit. Sie kaufen nämlich eine Menge von Skla-
ven zusammen und übergeben diese den Vorstehern der Bergwerke.
Diese lassen dann an mehreren Stellen Öffnungen graben und schürfen
in die Tiefe, um die silber- und goldhaltigsten Erdschichten zu finden.
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Länge, sondern treiben sie auch weiter hinab bis zu einer Tiefe von

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[645/0667] Hispanien. und Asien und zu allen übrigen Völkern verführten, groſse Reichtümer erwerben. So weit trieben die Kaufleute ihre Habgier, daſs sie, wenn trotz völliger Überladung ihrer Fahrzeuge immer noch Silber im Vorrat war, das Blei an den Ankern wegschlugen und das Silber den Dienst des Bleies thun lieſsen, deshalb schickten auch die Phönizer, als sie durch solchen, lange Zeit betriebenen Handel an Reichtum und Macht ungemein gewonnen hatten, viele Kolonieen aus, teils nach Sizilien und den in dessen Nähe liegenden Inseln, teils nach Lybien, Sardinien und Iberien. Vorstehende Erzählung ist nur ein phönizisch-griechisches Han- delsmärchen und sowohl die technische, wie die sprachliche Erklärung ist unrichtig. Die durch einen Waldbrand entstandenen Silberbäche sind zu naiv und die Angabe, daſs der einheimische Name der Pyre- näen mit dem griechischen πῦρ zusammenhänge, ist falsch, vielmehr kommt es von dem keltischen Wort Byrin, Byren, Berg, Gebirg. Diodor fährt fort: „In bei weitem späterer Zeit, als die Iberer die Eigenschaften und den Gebrauch des Silbers kennen gelernt hatten, legten sie bedeutende Bergwerke an, und da sie das schönste und wohl auch das meiste Silber gewannen, so verschafften sie sich damit reiche Einkünfte. Die Art und Weise des Bergbaues und der einschläglichen Arbeiten ist bei den Iberern ungefähr die folgende. Sie haben Werke auf Kupfer, auf Gold und auf Silber, alle von erstaunlicher Ergiebigkeit. Diejenigen, welche auf Kupfer bauen, gewinnen den vierten Teil des zu Tage ge- förderten Erzes als reines Kupfer; unter den Privatleuten aber, die auf Silber bauen, giebt es sogar solche, welche in drei Tagen ein euböi- sches Talent gewinnen; denn jede Erdscholle ist voll gediegenen und durch den Glanz bemerkbaren Metallsandes. Man kann deshalb nicht weniger die wunderbare Bodenbeschaffenheit anstaunen, als den Fleiſs der Menschen, welche ihn bebauen. Anfangs legte sich der erste beste Privatmann auf den Bergbau und erwarb groſsen Reichtum aus dem Boden, welcher das Silber in solcher Fülle gediegen darbietet; später aber, als die Römer das Land erobert hatten, wendete sich eine groſse Zahl Italiker dem Bergbau zu, und ihre Habgier nahm groſse Reich- tümer aus dem Lande mit. Sie kaufen nämlich eine Menge von Skla- ven zusammen und übergeben diese den Vorstehern der Bergwerke. Diese lassen dann an mehreren Stellen Öffnungen graben und schürfen in die Tiefe, um die silber- und goldhaltigsten Erdschichten zu finden. In eine gewisse Tiefe gekommen, graben sie nicht bloſs Schachte in die Länge, sondern treiben sie auch weiter hinab bis zu einer Tiefe von

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/667>, abgerufen am 22.11.2024.