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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
kasten entleeren. Es entspricht diese Vorrichtung also vollständig
unserem Paternosterwerk.

Die bewegende Kraft erzeugte zunächst der Mensch, später die
Haustiere, Hunde, Esel, Pferde oder Rindvieh. Bei diesen Schöpfrädern
ergab sich zuerst und am einfachsten die Benutzung der Hebelkraft
an einer festen Welle in der Form des Tretrades. Während man an der
Aussenfläche des Schöpfrades die Gefässe anbrachte, welche das Wasser
in die Höhe zogen, lag es noch ob, im Innern Speichen anzubringen,
mittels welchen Menschen oder Tiere durch ihr Gewicht das Rad in
Bewegung setzten. Bei diesen Schöpfrädern einerseits, wie bei den
Mahlmühlen anderseits hat man zuerst die Arbeit der Menschen durch
die der Tiere ersetzt, bei ersteren durch Anwendung des Tretrades,
bei letzteren durch Anwendung des Göpels. Das Tretrad wurde ausser
zur Wasserhaltung auch zum Ziehen von Lasten und zu anderen Kraft-

[Abbildung] Fig. 162.
übertragungen ver-
wendet. Fig. 162 zeigt
die Anwendung eines
Tretrades zur Aufrich-
tung einer Marmor-
säule, wobei zwei
nackte Jünglinge im
Rade laufen, während
Minerva als Schützerin
des Kunsthandwerkes
die Arbeit überwacht.
Dieses Relief wurde 1656 im Amphitheater von Capua aufgefunden
und befindet sich noch jetzt unter dem Bogen des heiligen Elizius da-
selbst 1).

Das Heben des Wassers war im ganzen Altertum eines derjenigen
Probleme, welches die Erfindungskraft der Mechaniker am meisten
herausforderte und wurde auf diesem Gebiete manches Bemerkenswerte
erreicht.

Die berühmteste Wasserhaltungsmaschine, welche die Alten kann-
ten, war die "Archimedische Schraube" oder "die Schnecke" (cochlea)
genannt, die zum Heben des Wassers in den Bergwerken Spaniens
angewendet wurde. Dieselbe bestand aus einer festen Achse von Holz,
um welche ein spiralförmiger Gang von Brettern lief, die dicht, wie
ein Schneckengewinde, an die äussere Windung befestigt waren. Die

1) Jahn a. a. O. 302, Anmerk. 42.
Beck, Geschichte des Eisens. 37

Italien und die Römer.
kasten entleeren. Es entspricht diese Vorrichtung also vollständig
unserem Paternosterwerk.

Die bewegende Kraft erzeugte zunächst der Mensch, später die
Haustiere, Hunde, Esel, Pferde oder Rindvieh. Bei diesen Schöpfrädern
ergab sich zuerst und am einfachsten die Benutzung der Hebelkraft
an einer festen Welle in der Form des Tretrades. Während man an der
Auſsenfläche des Schöpfrades die Gefäſse anbrachte, welche das Wasser
in die Höhe zogen, lag es noch ob, im Innern Speichen anzubringen,
mittels welchen Menschen oder Tiere durch ihr Gewicht das Rad in
Bewegung setzten. Bei diesen Schöpfrädern einerseits, wie bei den
Mahlmühlen anderseits hat man zuerst die Arbeit der Menschen durch
die der Tiere ersetzt, bei ersteren durch Anwendung des Tretrades,
bei letzteren durch Anwendung des Göpels. Das Tretrad wurde auſser
zur Wasserhaltung auch zum Ziehen von Lasten und zu anderen Kraft-

[Abbildung] Fig. 162.
übertragungen ver-
wendet. Fig. 162 zeigt
die Anwendung eines
Tretrades zur Aufrich-
tung einer Marmor-
säule, wobei zwei
nackte Jünglinge im
Rade laufen, während
Minerva als Schützerin
des Kunsthandwerkes
die Arbeit überwacht.
Dieses Relief wurde 1656 im Amphitheater von Capua aufgefunden
und befindet sich noch jetzt unter dem Bogen des heiligen Elizius da-
selbst 1).

Das Heben des Wassers war im ganzen Altertum eines derjenigen
Probleme, welches die Erfindungskraft der Mechaniker am meisten
herausforderte und wurde auf diesem Gebiete manches Bemerkenswerte
erreicht.

Die berühmteste Wasserhaltungsmaschine, welche die Alten kann-
ten, war die „Archimedische Schraube“ oder „die Schnecke“ (cochlea)
genannt, die zum Heben des Wassers in den Bergwerken Spaniens
angewendet wurde. Dieselbe bestand aus einer festen Achse von Holz,
um welche ein spiralförmiger Gang von Brettern lief, die dicht, wie
ein Schneckengewinde, an die äuſsere Windung befestigt waren. Die

1) Jahn a. a. O. 302, Anmerk. 42.
Beck, Geschichte des Eisens. 37
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[577/0599] Italien und die Römer. kasten entleeren. Es entspricht diese Vorrichtung also vollständig unserem Paternosterwerk. Die bewegende Kraft erzeugte zunächst der Mensch, später die Haustiere, Hunde, Esel, Pferde oder Rindvieh. Bei diesen Schöpfrädern ergab sich zuerst und am einfachsten die Benutzung der Hebelkraft an einer festen Welle in der Form des Tretrades. Während man an der Auſsenfläche des Schöpfrades die Gefäſse anbrachte, welche das Wasser in die Höhe zogen, lag es noch ob, im Innern Speichen anzubringen, mittels welchen Menschen oder Tiere durch ihr Gewicht das Rad in Bewegung setzten. Bei diesen Schöpfrädern einerseits, wie bei den Mahlmühlen anderseits hat man zuerst die Arbeit der Menschen durch die der Tiere ersetzt, bei ersteren durch Anwendung des Tretrades, bei letzteren durch Anwendung des Göpels. Das Tretrad wurde auſser zur Wasserhaltung auch zum Ziehen von Lasten und zu anderen Kraft- [Abbildung Fig. 162.] übertragungen ver- wendet. Fig. 162 zeigt die Anwendung eines Tretrades zur Aufrich- tung einer Marmor- säule, wobei zwei nackte Jünglinge im Rade laufen, während Minerva als Schützerin des Kunsthandwerkes die Arbeit überwacht. Dieses Relief wurde 1656 im Amphitheater von Capua aufgefunden und befindet sich noch jetzt unter dem Bogen des heiligen Elizius da- selbst 1). Das Heben des Wassers war im ganzen Altertum eines derjenigen Probleme, welches die Erfindungskraft der Mechaniker am meisten herausforderte und wurde auf diesem Gebiete manches Bemerkenswerte erreicht. Die berühmteste Wasserhaltungsmaschine, welche die Alten kann- ten, war die „Archimedische Schraube“ oder „die Schnecke“ (cochlea) genannt, die zum Heben des Wassers in den Bergwerken Spaniens angewendet wurde. Dieselbe bestand aus einer festen Achse von Holz, um welche ein spiralförmiger Gang von Brettern lief, die dicht, wie ein Schneckengewinde, an die äuſsere Windung befestigt waren. Die 1) Jahn a. a. O. 302, Anmerk. 42. Beck, Geschichte des Eisens. 37

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/599>, abgerufen am 07.06.2024.