hypothetisch bleiben muss. Demungeachtet ist diese Frage für uns von Wichtigkeit.
Das Metall, welches die Menschen allerwärts zuerst kennen lernten und aufsuchten, war das Gold, das sich in gediegenem Zu- stande auf oder nahe der Oberfläche findet und durch seine bemer- kenswerten Eigenschaften, seine Farbe, seinen Glanz, seine Schwere und seine Dehnbarkeit am frühesten die Aufmerksamkeit auf sich zog. Es wurde als Schmuck und zu Zieraten verwendet, da es sich zu selten und in zu kleinen Mengen fand, um es zu Werkzeugen verar- beiten zu können. Putzsucht und Habgier waren aber von Anfang an zwei mächtige Triebfedern für den gesellschaftlichen Fortschritt und diese hefteten sich schon in einer sehr frühen Periode an das Gold. Das Suchen nach Gold brachte die Menschen in neue Beziehungen zu der Natur; die Gewinnung und Verarbeitung lehrte sie neue Eigen- schaften kennen und führte sie dazu, neue Werkzeuge und Hilfsmittel zu erfinden. Das Gold kommt aber in der Natur mit fast sämtlichen übrigen Metallen vergesellschaftet vor. Eisen findet sich mit den Gold- flitterchen zusammen in dem Sande der Flüsse und Seifen als Magnet- eisenkörner, die beim Verwaschen des Goldes infolge ihrer Schwere mit diesem zurückbleiben. Mit Kupfer, Blei und Silber findet sich das Gold in den Haupterzen dieser Metalle, in dem Kupferkies und dem Bleiglanz und deren Umwandlungsprodukten verbunden. Das Aus- schmelzen des Goldes aus dem Sande oder den Erzen konnte darum leicht auch zu der Entdeckung der übrigen Metalle führen. Wie alt die Bekanntschaft des Goldes ist, lässt sich nicht bestimmen. Es ward in dem Steinzeitalter verwendet, ehe man noch eins der übrigen Me- talle kannte. Die ungeheuren Goldmassen, die schon in früher Zeit in den Schatzkammern der Herrscher Mittelasiens aufgehäuft waren, sind ein Beweis für das hohe Alter der Goldgewinnung. Dass das Gold das ältest bekannte Metall war, wird von allen Seiten zugestanden, und in diesem Sinne lassen die Archäologen auch das "goldene Zeitalter" der Dichter gelten.
Weit schwieriger ist die Antwort auf die Frage: Welches war das älteste Nutzmetall? Kupfer, Bronze (Erz) oder Eisen? Alle drei wur- den schon in sehr alter Zeit zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet. Eine weit verbreitete Meinung ist die, dass die Benutzung des Kupfers und der Bronze älter sei, als die des Eisens. Archäologen wie Anthro- pologen halten noch vielfach an der alten Irrlehre fest, dass auf die Steinzeit erst eine Bronzezeit und auf diese erst die Eisenzeit gefolgt sei. Diese Ansicht basiert zum Teil darauf, dass bei den Ausgrabun-
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Einleitung.
hypothetisch bleiben muſs. Demungeachtet ist diese Frage für uns von Wichtigkeit.
Das Metall, welches die Menschen allerwärts zuerst kennen lernten und aufsuchten, war das Gold, das sich in gediegenem Zu- stande auf oder nahe der Oberfläche findet und durch seine bemer- kenswerten Eigenschaften, seine Farbe, seinen Glanz, seine Schwere und seine Dehnbarkeit am frühesten die Aufmerksamkeit auf sich zog. Es wurde als Schmuck und zu Zieraten verwendet, da es sich zu selten und in zu kleinen Mengen fand, um es zu Werkzeugen verar- beiten zu können. Putzsucht und Habgier waren aber von Anfang an zwei mächtige Triebfedern für den gesellschaftlichen Fortschritt und diese hefteten sich schon in einer sehr frühen Periode an das Gold. Das Suchen nach Gold brachte die Menschen in neue Beziehungen zu der Natur; die Gewinnung und Verarbeitung lehrte sie neue Eigen- schaften kennen und führte sie dazu, neue Werkzeuge und Hilfsmittel zu erfinden. Das Gold kommt aber in der Natur mit fast sämtlichen übrigen Metallen vergesellschaftet vor. Eisen findet sich mit den Gold- flitterchen zusammen in dem Sande der Flüsse und Seifen als Magnet- eisenkörner, die beim Verwaschen des Goldes infolge ihrer Schwere mit diesem zurückbleiben. Mit Kupfer, Blei und Silber findet sich das Gold in den Haupterzen dieser Metalle, in dem Kupferkies und dem Bleiglanz und deren Umwandlungsprodukten verbunden. Das Aus- schmelzen des Goldes aus dem Sande oder den Erzen konnte darum leicht auch zu der Entdeckung der übrigen Metalle führen. Wie alt die Bekanntschaft des Goldes ist, läſst sich nicht bestimmen. Es ward in dem Steinzeitalter verwendet, ehe man noch eins der übrigen Me- talle kannte. Die ungeheuren Goldmassen, die schon in früher Zeit in den Schatzkammern der Herrscher Mittelasiens aufgehäuft waren, sind ein Beweis für das hohe Alter der Goldgewinnung. Daſs das Gold das ältest bekannte Metall war, wird von allen Seiten zugestanden, und in diesem Sinne lassen die Archäologen auch das „goldene Zeitalter“ der Dichter gelten.
Weit schwieriger ist die Antwort auf die Frage: Welches war das älteste Nutzmetall? Kupfer, Bronze (Erz) oder Eisen? Alle drei wur- den schon in sehr alter Zeit zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet. Eine weit verbreitete Meinung ist die, daſs die Benutzung des Kupfers und der Bronze älter sei, als die des Eisens. Archäologen wie Anthro- pologen halten noch vielfach an der alten Irrlehre fest, daſs auf die Steinzeit erst eine Bronzezeit und auf diese erst die Eisenzeit gefolgt sei. Diese Ansicht basiert zum Teil darauf, daſs bei den Ausgrabun-
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Einleitung.
hypothetisch bleiben muſs. Demungeachtet ist diese Frage für uns von
Wichtigkeit.
Das Metall, welches die Menschen allerwärts zuerst kennen
lernten und aufsuchten, war das Gold, das sich in gediegenem Zu-
stande auf oder nahe der Oberfläche findet und durch seine bemer-
kenswerten Eigenschaften, seine Farbe, seinen Glanz, seine Schwere
und seine Dehnbarkeit am frühesten die Aufmerksamkeit auf sich zog.
Es wurde als Schmuck und zu Zieraten verwendet, da es sich zu
selten und in zu kleinen Mengen fand, um es zu Werkzeugen verar-
beiten zu können. Putzsucht und Habgier waren aber von Anfang an
zwei mächtige Triebfedern für den gesellschaftlichen Fortschritt und
diese hefteten sich schon in einer sehr frühen Periode an das Gold.
Das Suchen nach Gold brachte die Menschen in neue Beziehungen zu
der Natur; die Gewinnung und Verarbeitung lehrte sie neue Eigen-
schaften kennen und führte sie dazu, neue Werkzeuge und Hilfsmittel
zu erfinden. Das Gold kommt aber in der Natur mit fast sämtlichen
übrigen Metallen vergesellschaftet vor. Eisen findet sich mit den Gold-
flitterchen zusammen in dem Sande der Flüsse und Seifen als Magnet-
eisenkörner, die beim Verwaschen des Goldes infolge ihrer Schwere
mit diesem zurückbleiben. Mit Kupfer, Blei und Silber findet sich das
Gold in den Haupterzen dieser Metalle, in dem Kupferkies und dem
Bleiglanz und deren Umwandlungsprodukten verbunden. Das Aus-
schmelzen des Goldes aus dem Sande oder den Erzen konnte darum
leicht auch zu der Entdeckung der übrigen Metalle führen. Wie alt
die Bekanntschaft des Goldes ist, läſst sich nicht bestimmen. Es ward
in dem Steinzeitalter verwendet, ehe man noch eins der übrigen Me-
talle kannte. Die ungeheuren Goldmassen, die schon in früher Zeit in
den Schatzkammern der Herrscher Mittelasiens aufgehäuft waren, sind
ein Beweis für das hohe Alter der Goldgewinnung. Daſs das Gold das
ältest bekannte Metall war, wird von allen Seiten zugestanden, und
in diesem Sinne lassen die Archäologen auch das „goldene Zeitalter“
der Dichter gelten.
Weit schwieriger ist die Antwort auf die Frage: Welches war das
älteste Nutzmetall? Kupfer, Bronze (Erz) oder Eisen? Alle drei wur-
den schon in sehr alter Zeit zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet.
Eine weit verbreitete Meinung ist die, daſs die Benutzung des Kupfers
und der Bronze älter sei, als die des Eisens. Archäologen wie Anthro-
pologen halten noch vielfach an der alten Irrlehre fest, daſs auf die
Steinzeit erst eine Bronzezeit und auf diese erst die Eisenzeit gefolgt
sei. Diese Ansicht basiert zum Teil darauf, daſs bei den Ausgrabun-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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