welche es fortfliessen soll und welche man Agogen nennt, werden ausgehoben und absatzweise mit Stechginster (ulex), einem dem Ros- marin ähnlichen Strauch, welcher rauh ist und das Gold zurückhält, belegt. Bretter fassen die Seiten des Stromes ein und führen ihn schwebend über Abgründe; so fällt die durch die Rinne fliessende Erde ins Meer, der zerborstene Berg wird aufgelöst und Hispanien hat aus dieser Ursache seine Küste schon weit in das Meer hineingeschoben. So wird die Erde, welche bei dem ersten Teile der Arbeit mit unge- heurer Mühe herausgeschafft wurde, damit sie die Schachte nicht an- fülle, bei dieser (letzteren Arbeit) fortgeschwemmt. Das in einer Arrugia gewonnene Gold wird nicht ausgeschmolzen, sondern ist sogleich ge- diegen. Nach diesem Verfahren, sowie auch in den Schachten, werden Klumpen gefunden, welche mehr als 10 Pfund schwer sind, man nennt sie Palagen (oder auch Palacurnen), alles aber was klein ist Balux. Der Ginster wird getrocknet und verbrannt und die Asche davon auf einer Unterlage von dichtem Rasen gewaschen, damit das Gold nieder- sinke. Auf diese Weise liefern, wie manche berichten, Asturien, Gallä- zien und Lusitanien jedes Jahr 20000 Pfund, wovon jedoch Asturien das meiste hervorbringt, auch dauert in keinem anderen Teile der Erde eine solche Ergiebigkeit so viele Jahrhunderte durch fort."
Diese, wenn auch vielleicht an einzelnen Stellen etwas zu schwung- volle Schilderung giebt ein anschauliches Bild von dem grossartigen Goldbergbau Spaniens, besonders von dem riesigen Tagebau, der viel- leicht am meisten mit den Gewinnungsarbeiten in der australischen Goldregion von Victoria verglichen werden kann, und den grossartigen Aufbereitungsvorrichtungen. Auch in Italien muss im vercellensischen Gebiete eine Zeitlang ein bedeutender Bergbau auf Gold betrieben worden sein, da ein Gesetz verbietet, mehr als 5000 Arbeiter zu gleicher Zeit zu beschäftigen. Hispanien war auch für die Silber- gewinnung die wichtigste Provinz des römischen Reiches. Es war ja schon die Silberkammer der Phönizier gewesen und die Römer er- warben die Blei- und Silberbergwerke Spaniens direkt von den Kar- thagern. Von Polydor erfahren wir, dass die silberhaltigen Bleiglanze siebenmal verwaschen wurden, dass also eine sehr sorgfältige Auf- bereitung statt hatte. Das Setzgut, sagt er ferner, würde geschmolzen und indem man das Blei abgiesse, d. h. die Bleiglätte abziehe, werde das Silber rein dargestellt. Dies ist die Treibarbeit. Wo man reiche Silbererze zu verschmelzen hatte, schlug man Blei zu. Plinius nennt die Ausbeutung des Silbers die zweite Thorheit 1) (insania) der Menschen,
1) Plinius 33, 31.
Beck, Geschichte des Eisens. 32
Italien und die Römer.
welche es fortflieſsen soll und welche man Agogen nennt, werden ausgehoben und absatzweise mit Stechginster (ulex), einem dem Ros- marin ähnlichen Strauch, welcher rauh ist und das Gold zurückhält, belegt. Bretter fassen die Seiten des Stromes ein und führen ihn schwebend über Abgründe; so fällt die durch die Rinne flieſsende Erde ins Meer, der zerborstene Berg wird aufgelöst und Hispanien hat aus dieser Ursache seine Küste schon weit in das Meer hineingeschoben. So wird die Erde, welche bei dem ersten Teile der Arbeit mit unge- heurer Mühe herausgeschafft wurde, damit sie die Schachte nicht an- fülle, bei dieser (letzteren Arbeit) fortgeschwemmt. Das in einer Arrugia gewonnene Gold wird nicht ausgeschmolzen, sondern ist sogleich ge- diegen. Nach diesem Verfahren, sowie auch in den Schachten, werden Klumpen gefunden, welche mehr als 10 Pfund schwer sind, man nennt sie Palagen (oder auch Palacurnen), alles aber was klein ist Balux. Der Ginster wird getrocknet und verbrannt und die Asche davon auf einer Unterlage von dichtem Rasen gewaschen, damit das Gold nieder- sinke. Auf diese Weise liefern, wie manche berichten, Asturien, Gallä- zien und Lusitanien jedes Jahr 20000 Pfund, wovon jedoch Asturien das meiste hervorbringt, auch dauert in keinem anderen Teile der Erde eine solche Ergiebigkeit so viele Jahrhunderte durch fort.“
Diese, wenn auch vielleicht an einzelnen Stellen etwas zu schwung- volle Schilderung giebt ein anschauliches Bild von dem groſsartigen Goldbergbau Spaniens, besonders von dem riesigen Tagebau, der viel- leicht am meisten mit den Gewinnungsarbeiten in der australischen Goldregion von Victoria verglichen werden kann, und den groſsartigen Aufbereitungsvorrichtungen. Auch in Italien muſs im vercellensischen Gebiete eine Zeitlang ein bedeutender Bergbau auf Gold betrieben worden sein, da ein Gesetz verbietet, mehr als 5000 Arbeiter zu gleicher Zeit zu beschäftigen. Hispanien war auch für die Silber- gewinnung die wichtigste Provinz des römischen Reiches. Es war ja schon die Silberkammer der Phönizier gewesen und die Römer er- warben die Blei- und Silberbergwerke Spaniens direkt von den Kar- thagern. Von Polydor erfahren wir, daſs die silberhaltigen Bleiglanze siebenmal verwaschen wurden, daſs also eine sehr sorgfältige Auf- bereitung statt hatte. Das Setzgut, sagt er ferner, würde geschmolzen und indem man das Blei abgieſse, d. h. die Bleiglätte abziehe, werde das Silber rein dargestellt. Dies ist die Treibarbeit. Wo man reiche Silbererze zu verschmelzen hatte, schlug man Blei zu. Plinius nennt die Ausbeutung des Silbers die zweite Thorheit 1) (insania) der Menschen,
1) Plinius 33, 31.
Beck, Geschichte des Eisens. 32
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Italien und die Römer.
welche es fortflieſsen soll und welche man Agogen nennt, werden
ausgehoben und absatzweise mit Stechginster (ulex), einem dem Ros-
marin ähnlichen Strauch, welcher rauh ist und das Gold zurückhält,
belegt. Bretter fassen die Seiten des Stromes ein und führen ihn
schwebend über Abgründe; so fällt die durch die Rinne flieſsende
Erde ins Meer, der zerborstene Berg wird aufgelöst und Hispanien hat
aus dieser Ursache seine Küste schon weit in das Meer hineingeschoben.
So wird die Erde, welche bei dem ersten Teile der Arbeit mit unge-
heurer Mühe herausgeschafft wurde, damit sie die Schachte nicht an-
fülle, bei dieser (letzteren Arbeit) fortgeschwemmt. Das in einer Arrugia
gewonnene Gold wird nicht ausgeschmolzen, sondern ist sogleich ge-
diegen. Nach diesem Verfahren, sowie auch in den Schachten, werden
Klumpen gefunden, welche mehr als 10 Pfund schwer sind, man nennt
sie Palagen (oder auch Palacurnen), alles aber was klein ist Balux. Der
Ginster wird getrocknet und verbrannt und die Asche davon auf
einer Unterlage von dichtem Rasen gewaschen, damit das Gold nieder-
sinke. Auf diese Weise liefern, wie manche berichten, Asturien, Gallä-
zien und Lusitanien jedes Jahr 20000 Pfund, wovon jedoch Asturien
das meiste hervorbringt, auch dauert in keinem anderen Teile der
Erde eine solche Ergiebigkeit so viele Jahrhunderte durch fort.“
Diese, wenn auch vielleicht an einzelnen Stellen etwas zu schwung-
volle Schilderung giebt ein anschauliches Bild von dem groſsartigen
Goldbergbau Spaniens, besonders von dem riesigen Tagebau, der viel-
leicht am meisten mit den Gewinnungsarbeiten in der australischen
Goldregion von Victoria verglichen werden kann, und den groſsartigen
Aufbereitungsvorrichtungen. Auch in Italien muſs im vercellensischen
Gebiete eine Zeitlang ein bedeutender Bergbau auf Gold betrieben
worden sein, da ein Gesetz verbietet, mehr als 5000 Arbeiter zu
gleicher Zeit zu beschäftigen. Hispanien war auch für die Silber-
gewinnung die wichtigste Provinz des römischen Reiches. Es war
ja schon die Silberkammer der Phönizier gewesen und die Römer er-
warben die Blei- und Silberbergwerke Spaniens direkt von den Kar-
thagern. Von Polydor erfahren wir, daſs die silberhaltigen Bleiglanze
siebenmal verwaschen wurden, daſs also eine sehr sorgfältige Auf-
bereitung statt hatte. Das Setzgut, sagt er ferner, würde geschmolzen
und indem man das Blei abgieſse, d. h. die Bleiglätte abziehe, werde
das Silber rein dargestellt. Dies ist die Treibarbeit. Wo man reiche
Silbererze zu verschmelzen hatte, schlug man Blei zu. Plinius nennt die
Ausbeutung des Silbers die zweite Thorheit 1) (insania) der Menschen,
1) Plinius 33, 31.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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