Höchstbietenden. Da der Pacht nur eine beschränkte Reihe von Jahren lief, so hatte der Pächter kein anderes Interesse, als innerhalb dieser Frist möglichst viel herauszuschlagen. Er begann deshalb einen Raubbau ohne alle Rücksicht auf die Zukunft. Die Arbeit wurde mit Sklaven betrieben.
In welch grossartiger Weise der Grubenbau forciert wurde, kann man daraus erkennen, dass in den Silberbergwerken von Neukarthago in einem Umkreise von 300 Stadien 40000 Sklaven beschäftigt waren und dass das römische Volk damals täglich 25000 Drachmen Silber aus diesen Gruben zog. Die Sklaven wurden auf das roheste behandelt, sie mussten Tag und Nacht in den Gruben bleiben und wurden grausam gepeitscht, so dass Diodor entsetzt ausruft: "Die Schwachen sterben und die Starken werden nur zu längerem Elend erhalten!"
Da der Staat in den von ihm selbst betriebenen Gruben stets in Sklavennot war, so wendete er ein System an, welches angeblich schon bei Ägyptern und Assyrern in Ausübung gewesen sein soll, er verurteilte Verbrecher zu den Bergwerksarbeiten. Dies waren die dam- nati ad metalla. In anderen Gegenden begingen sie, um der Sklaven- not abzuhelfen, einen weit schnöderen Frevel, indem sie die ein- gesessenen Bewohner, die ihren Besitz in der Nähe der Gruben hatten, zur Frohnarbeit zwangen. Diese Frohnbauern nannte man glebae et metallis adscripti. Ihr Loos war kaum besser als das der Sklaven. Anfangs war gesetzlich nur die Hälfte der Kinder gleicher Knecht- schaft unterworfen, die anderen waren frei; nach und nach wurden infolge des immer steigenden Arbeitermangels, alle herangezogen. Diese Unglücklichen entzogen sich oft durch die Flucht solchem Druck, indem sie die Armut der Knechtschaft vorzogen. Dem suchten erfindungsreiche Gesetzgeber dadurch abzuhelfen, dass sie bestimmten, der Frohndienst hafte nicht an der Familie, sondern an dem Grund- besitze, so dass jeder, der das verlassene Eigentum erwarb, in Person oder durch Sklaven den Frohn abzuleisten hatte. Wurden die Gruben verpachtet, so wurden die Frohnbauern mit verpachtet; so war es z. B. in England und später auch in Spanien.
Dies alles konnte indessen der Sklavennot auf die Dauer nicht steuern, um so weniger, da nach der Republik die Kaiser mehr und mehr strebten, alle Gruben selbst zu betreiben. Sie waren nicht mehr im stande, die Gruben im vollen Betriebe zu erhalten, geschweige denn neue zu eröffnen, und so sah sich denn die Regierung nach langem Sträuben dazu genötigt, den Betrieb neuer Gruben gegen eine Abgabe von 10 Proz. der Ausbeute der Privatspekulation zu überlassen. Es
Italien und die Römer.
Höchstbietenden. Da der Pacht nur eine beschränkte Reihe von Jahren lief, so hatte der Pächter kein anderes Interesse, als innerhalb dieser Frist möglichst viel herauszuschlagen. Er begann deshalb einen Raubbau ohne alle Rücksicht auf die Zukunft. Die Arbeit wurde mit Sklaven betrieben.
In welch groſsartiger Weise der Grubenbau forciert wurde, kann man daraus erkennen, daſs in den Silberbergwerken von Neukarthago in einem Umkreise von 300 Stadien 40000 Sklaven beschäftigt waren und daſs das römische Volk damals täglich 25000 Drachmen Silber aus diesen Gruben zog. Die Sklaven wurden auf das roheste behandelt, sie muſsten Tag und Nacht in den Gruben bleiben und wurden grausam gepeitscht, so daſs Diodor entsetzt ausruft: „Die Schwachen sterben und die Starken werden nur zu längerem Elend erhalten!“
Da der Staat in den von ihm selbst betriebenen Gruben stets in Sklavennot war, so wendete er ein System an, welches angeblich schon bei Ägyptern und Assyrern in Ausübung gewesen sein soll, er verurteilte Verbrecher zu den Bergwerksarbeiten. Dies waren die dam- nati ad metalla. In anderen Gegenden begingen sie, um der Sklaven- not abzuhelfen, einen weit schnöderen Frevel, indem sie die ein- gesessenen Bewohner, die ihren Besitz in der Nähe der Gruben hatten, zur Frohnarbeit zwangen. Diese Frohnbauern nannte man glebae et metallis adscripti. Ihr Loos war kaum besser als das der Sklaven. Anfangs war gesetzlich nur die Hälfte der Kinder gleicher Knecht- schaft unterworfen, die anderen waren frei; nach und nach wurden infolge des immer steigenden Arbeitermangels, alle herangezogen. Diese Unglücklichen entzogen sich oft durch die Flucht solchem Druck, indem sie die Armut der Knechtschaft vorzogen. Dem suchten erfindungsreiche Gesetzgeber dadurch abzuhelfen, daſs sie bestimmten, der Frohndienst hafte nicht an der Familie, sondern an dem Grund- besitze, so daſs jeder, der das verlassene Eigentum erwarb, in Person oder durch Sklaven den Frohn abzuleisten hatte. Wurden die Gruben verpachtet, so wurden die Frohnbauern mit verpachtet; so war es z. B. in England und später auch in Spanien.
Dies alles konnte indessen der Sklavennot auf die Dauer nicht steuern, um so weniger, da nach der Republik die Kaiser mehr und mehr strebten, alle Gruben selbst zu betreiben. Sie waren nicht mehr im stande, die Gruben im vollen Betriebe zu erhalten, geschweige denn neue zu eröffnen, und so sah sich denn die Regierung nach langem Sträuben dazu genötigt, den Betrieb neuer Gruben gegen eine Abgabe von 10 Proz. der Ausbeute der Privatspekulation zu überlassen. Es
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[491/0513]
Italien und die Römer.
Höchstbietenden. Da der Pacht nur eine beschränkte Reihe von Jahren
lief, so hatte der Pächter kein anderes Interesse, als innerhalb dieser
Frist möglichst viel herauszuschlagen. Er begann deshalb einen
Raubbau ohne alle Rücksicht auf die Zukunft. Die Arbeit wurde mit
Sklaven betrieben.
In welch groſsartiger Weise der Grubenbau forciert wurde, kann
man daraus erkennen, daſs in den Silberbergwerken von Neukarthago
in einem Umkreise von 300 Stadien 40000 Sklaven beschäftigt waren
und daſs das römische Volk damals täglich 25000 Drachmen Silber
aus diesen Gruben zog. Die Sklaven wurden auf das roheste behandelt,
sie muſsten Tag und Nacht in den Gruben bleiben und wurden grausam
gepeitscht, so daſs Diodor entsetzt ausruft: „Die Schwachen sterben und
die Starken werden nur zu längerem Elend erhalten!“
Da der Staat in den von ihm selbst betriebenen Gruben stets
in Sklavennot war, so wendete er ein System an, welches angeblich
schon bei Ägyptern und Assyrern in Ausübung gewesen sein soll, er
verurteilte Verbrecher zu den Bergwerksarbeiten. Dies waren die dam-
nati ad metalla. In anderen Gegenden begingen sie, um der Sklaven-
not abzuhelfen, einen weit schnöderen Frevel, indem sie die ein-
gesessenen Bewohner, die ihren Besitz in der Nähe der Gruben hatten,
zur Frohnarbeit zwangen. Diese Frohnbauern nannte man glebae et
metallis adscripti. Ihr Loos war kaum besser als das der Sklaven.
Anfangs war gesetzlich nur die Hälfte der Kinder gleicher Knecht-
schaft unterworfen, die anderen waren frei; nach und nach wurden
infolge des immer steigenden Arbeitermangels, alle herangezogen.
Diese Unglücklichen entzogen sich oft durch die Flucht solchem
Druck, indem sie die Armut der Knechtschaft vorzogen. Dem suchten
erfindungsreiche Gesetzgeber dadurch abzuhelfen, daſs sie bestimmten,
der Frohndienst hafte nicht an der Familie, sondern an dem Grund-
besitze, so daſs jeder, der das verlassene Eigentum erwarb, in Person
oder durch Sklaven den Frohn abzuleisten hatte. Wurden die Gruben
verpachtet, so wurden die Frohnbauern mit verpachtet; so war es z. B.
in England und später auch in Spanien.
Dies alles konnte indessen der Sklavennot auf die Dauer nicht
steuern, um so weniger, da nach der Republik die Kaiser mehr und
mehr strebten, alle Gruben selbst zu betreiben. Sie waren nicht mehr
im stande, die Gruben im vollen Betriebe zu erhalten, geschweige denn
neue zu eröffnen, und so sah sich denn die Regierung nach langem
Sträuben dazu genötigt, den Betrieb neuer Gruben gegen eine Abgabe
von 10 Proz. der Ausbeute der Privatspekulation zu überlassen. Es
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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