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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
Geldaristokratie kam die unwürdige Moral auf, dass es schimpflich
sei für eine Arbeit Geld zu nehmen
. Die Industrie blieb liegen
und alle industriellen Anlagen, welche in die Hände der Römer fielen,
gingen zurück. An die Stelle der Vaterlandsliebe aber trat der unge-
zügelte Egoismus. In Cato, der als Führer der Reformpartei dasteht,
begegnen sich am meisten unvermittelt die Gegensätze der alten und
der neuen Zeit. Im Grunde vertrat er die Politik des grossen Grund-
besitzes in ihrer schroffsten Form. Er rühmt sich, was er als echter
Römer überhaupt sehr oft that, dass er sein Vermögen nur zwei Quellen
verdanke, dem Ackerbau und der Sparsamkeit. Aber es war bekannt,
dass er ein so eifriger Getreidespekulant war, wie einer in Rom. Dennoch
sagte er: "Geld auf Zinsen zu leihen hat manches für sich, aber es ist
nicht ehrenhaft. Unsere Väter haben also geordnet und in dem Ge-
setz geschrieben, dass der Dieb zwiefachen, der Zinsennehmer vier-
fachen Ersatz zu leisten schuldig sei: woraus man ersehen kann, ein
wieviel schlechterer Bürger der Zinsennehmer als der Dieb von ihnen
gehalten wird." An einer anderen Stelle setzt er den Geldverleiher
mit dem Mörder auf gleiche Stufe. Als Statthalter von Sardinien trieb
er die römischen Bankiers aus dem Lande. Und doch ging der ganze
Bauernstand Italiens nur daran zu Grunde, dass es ihm erschwert war
in solider Weise Kapitalanleihen zu machen. Die römischen Kapita-
listen, d. h. die römischen Grossgrundbesitzer liehen den hartbedrängten
Bauern allerdings nicht auf Zinsen, sondern nur auf kurze Frist, allein
wenn sie am Verfalltage nicht zahlten, so liessen sie den Schuldner
rücksichtslos ins Gefängnis werfen und kauften sein Hofgut zu einem
Spottpreise auf. Diese kleinen Höfe wurden dann zu grossen Meiereien
zusammengelegt, die wohl nach einem gemeinschaftlichen Wirtschafts-
plan bebaut wurden, wobei man aber an eine Schonung des Bodens
nicht dachte. Wo früher 50 Bauern mit ihren Angehörigen bequem
hatten leben können, da stand jetzt eine Villa drei Viertel des Jahres
leer und ausserdem arbeiteten 50 Sklaven unter der Peitsche. Durch
die fortwährenden Ernten, bei Unterlassung aller rationellen Düngung,
verschlechterte sich der Boden und immer mehr wurde das ausgesogene
Land entvölkert. Gleichzeitig hiermit gingen auch die kleinen Pro-
vinzialstädte zurück. Gesetze unterstützten diese Kapitalwirtschaft
und so wurde die italienische Landbevölkerung für Jahrtausende ruiniert.

Die alte Gemeinschaft der Bürger löste sich in den Gegensatz von
Herren und Sklaven auf. Die Zahl der Sklaven nahm im Verhältnis
zu den Freien immer gefährlichere Dimensionen an. Die Aristokratie
legte einen verblendeten Indifferentismus dem Bürger- und Bauern-

Italien und die Römer.
Geldaristokratie kam die unwürdige Moral auf, daſs es schimpflich
sei für eine Arbeit Geld zu nehmen
. Die Industrie blieb liegen
und alle industriellen Anlagen, welche in die Hände der Römer fielen,
gingen zurück. An die Stelle der Vaterlandsliebe aber trat der unge-
zügelte Egoismus. In Cato, der als Führer der Reformpartei dasteht,
begegnen sich am meisten unvermittelt die Gegensätze der alten und
der neuen Zeit. Im Grunde vertrat er die Politik des groſsen Grund-
besitzes in ihrer schroffsten Form. Er rühmt sich, was er als echter
Römer überhaupt sehr oft that, daſs er sein Vermögen nur zwei Quellen
verdanke, dem Ackerbau und der Sparsamkeit. Aber es war bekannt,
daſs er ein so eifriger Getreidespekulant war, wie einer in Rom. Dennoch
sagte er: „Geld auf Zinsen zu leihen hat manches für sich, aber es ist
nicht ehrenhaft. Unsere Väter haben also geordnet und in dem Ge-
setz geschrieben, daſs der Dieb zwiefachen, der Zinsennehmer vier-
fachen Ersatz zu leisten schuldig sei: woraus man ersehen kann, ein
wieviel schlechterer Bürger der Zinsennehmer als der Dieb von ihnen
gehalten wird.“ An einer anderen Stelle setzt er den Geldverleiher
mit dem Mörder auf gleiche Stufe. Als Statthalter von Sardinien trieb
er die römischen Bankiers aus dem Lande. Und doch ging der ganze
Bauernstand Italiens nur daran zu Grunde, daſs es ihm erschwert war
in solider Weise Kapitalanleihen zu machen. Die römischen Kapita-
listen, d. h. die römischen Groſsgrundbesitzer liehen den hartbedrängten
Bauern allerdings nicht auf Zinsen, sondern nur auf kurze Frist, allein
wenn sie am Verfalltage nicht zahlten, so lieſsen sie den Schuldner
rücksichtslos ins Gefängnis werfen und kauften sein Hofgut zu einem
Spottpreise auf. Diese kleinen Höfe wurden dann zu groſsen Meiereien
zusammengelegt, die wohl nach einem gemeinschaftlichen Wirtschafts-
plan bebaut wurden, wobei man aber an eine Schonung des Bodens
nicht dachte. Wo früher 50 Bauern mit ihren Angehörigen bequem
hatten leben können, da stand jetzt eine Villa drei Viertel des Jahres
leer und auſserdem arbeiteten 50 Sklaven unter der Peitsche. Durch
die fortwährenden Ernten, bei Unterlassung aller rationellen Düngung,
verschlechterte sich der Boden und immer mehr wurde das ausgesogene
Land entvölkert. Gleichzeitig hiermit gingen auch die kleinen Pro-
vinzialstädte zurück. Gesetze unterstützten diese Kapitalwirtschaft
und so wurde die italienische Landbevölkerung für Jahrtausende ruiniert.

Die alte Gemeinschaft der Bürger löste sich in den Gegensatz von
Herren und Sklaven auf. Die Zahl der Sklaven nahm im Verhältnis
zu den Freien immer gefährlichere Dimensionen an. Die Aristokratie
legte einen verblendeten Indifferentismus dem Bürger- und Bauern-

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[489/0511] Italien und die Römer. Geldaristokratie kam die unwürdige Moral auf, daſs es schimpflich sei für eine Arbeit Geld zu nehmen. Die Industrie blieb liegen und alle industriellen Anlagen, welche in die Hände der Römer fielen, gingen zurück. An die Stelle der Vaterlandsliebe aber trat der unge- zügelte Egoismus. In Cato, der als Führer der Reformpartei dasteht, begegnen sich am meisten unvermittelt die Gegensätze der alten und der neuen Zeit. Im Grunde vertrat er die Politik des groſsen Grund- besitzes in ihrer schroffsten Form. Er rühmt sich, was er als echter Römer überhaupt sehr oft that, daſs er sein Vermögen nur zwei Quellen verdanke, dem Ackerbau und der Sparsamkeit. Aber es war bekannt, daſs er ein so eifriger Getreidespekulant war, wie einer in Rom. Dennoch sagte er: „Geld auf Zinsen zu leihen hat manches für sich, aber es ist nicht ehrenhaft. Unsere Väter haben also geordnet und in dem Ge- setz geschrieben, daſs der Dieb zwiefachen, der Zinsennehmer vier- fachen Ersatz zu leisten schuldig sei: woraus man ersehen kann, ein wieviel schlechterer Bürger der Zinsennehmer als der Dieb von ihnen gehalten wird.“ An einer anderen Stelle setzt er den Geldverleiher mit dem Mörder auf gleiche Stufe. Als Statthalter von Sardinien trieb er die römischen Bankiers aus dem Lande. Und doch ging der ganze Bauernstand Italiens nur daran zu Grunde, daſs es ihm erschwert war in solider Weise Kapitalanleihen zu machen. Die römischen Kapita- listen, d. h. die römischen Groſsgrundbesitzer liehen den hartbedrängten Bauern allerdings nicht auf Zinsen, sondern nur auf kurze Frist, allein wenn sie am Verfalltage nicht zahlten, so lieſsen sie den Schuldner rücksichtslos ins Gefängnis werfen und kauften sein Hofgut zu einem Spottpreise auf. Diese kleinen Höfe wurden dann zu groſsen Meiereien zusammengelegt, die wohl nach einem gemeinschaftlichen Wirtschafts- plan bebaut wurden, wobei man aber an eine Schonung des Bodens nicht dachte. Wo früher 50 Bauern mit ihren Angehörigen bequem hatten leben können, da stand jetzt eine Villa drei Viertel des Jahres leer und auſserdem arbeiteten 50 Sklaven unter der Peitsche. Durch die fortwährenden Ernten, bei Unterlassung aller rationellen Düngung, verschlechterte sich der Boden und immer mehr wurde das ausgesogene Land entvölkert. Gleichzeitig hiermit gingen auch die kleinen Pro- vinzialstädte zurück. Gesetze unterstützten diese Kapitalwirtschaft und so wurde die italienische Landbevölkerung für Jahrtausende ruiniert. Die alte Gemeinschaft der Bürger löste sich in den Gegensatz von Herren und Sklaven auf. Die Zahl der Sklaven nahm im Verhältnis zu den Freien immer gefährlichere Dimensionen an. Die Aristokratie legte einen verblendeten Indifferentismus dem Bürger- und Bauern-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/511>, abgerufen am 22.11.2024.