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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung.

Indessen muss bemerkt werden, dass die Angaben bezüglich der
Hämmerbarkeit nicht gleichen Wert haben, indem viele nur sehr oben
hin geprüft worden zu sein scheinen. Es wird deshalb von Interesse
sein, diejenigen Fälle besonders aufzuführen, über die wir Näheres
wissen.

Nur ganz nebenbei erwähnen wir hier der sagenhaften Über-
lieferungen, welche Attila, Timur und anderen Eroberern vom Himmel
gefallene Schwerter in die siegreichen Hände geben. Immerhin deuten
sie auf einen erfahrungsmässigen Kern. Dagegen wissen wir, dass
Kapitän Sowerby im Anfang des Jahrhunderts aus einem Stück Me-
teoreisen vom Kap ein 2 Fuss langes, 1 3/8 Zoll breites Schwert für den
Kaiser Alexander I. von Russland schmieden liess. Ebenso liessen
Partsch und v. Brudern aus dem Eisen von Lenarto Klingen an-
fertigen, die eine mittlere Stahlhärte und auf ihrer Oberfläche die
welligen Linien des Damaszenerstahles zeigten.

Aus dem Eisen von Krasnojarsk, obgleich Pallasit, sind Nägel und
andere Gegenstände geschmiedet worden. Ferner befinden sich ver-
schiedene aus Meteoreisen geschmiedete Gegenstände in öffentlichen
Sammlungen, so ein quadratisch geschmiedetes Stäbchen von 22 g Ge-
wicht von Bemdegoeisen in Göttingen, ferner in derselben Kollektion
ein 260 g schweres, geschmiedetes Stück von Schwetz an der Weichsel.

Von dem Eisen von Grönland (Baffinsbay) brachte Kapitän Ross
bereits 1819 ein Messer, welches er von den Eskimos eralten hatte,
mit. Es befindet sich im Britischen Museum und wurde von Wolla-
ston
, der es untersuchte, für Meteoreisen erklärt. Ähnliche Messer
befinden sich in Wien und in Göttingen (von Kapitän Sabine). Diese
Messer stammen indes wahrscheinlich alle von dem Diskoeisen, über
dessen meteorischen Charakter Zweifel herrschen. Bekannt ist, dass
Meteoreisen von den Eingeborenen verschiedener Gegenden verarbeitet
wird, so von den mexikanischen Indianern im Tolukathal, von den
Negern am Senegal, welche Töpfe daraus gefertigt haben sollen, den
Nomaqua in Südafrika, welche sich aus dem Meteoreisen vom Löwen-
fluss Waffen herstellten. Ähnliches wird von Madagaskar berichtet.
Das Guildfordeisen soll vor seiner wissenschaftlichen Entdeckung von
den Schmieden der Umgegend zu Nägeln, Hufeisen u. s. w. verarbeitet
worden sein. Der Reisende Wrangel berichtet, dass sich auf den
Alaseyschen Bergrücken in Sibirien eine Menge gediegenes Eisen von
vorzüglicher Güte finde, das von den Jakuten zu Messern, Beilen u. s. w.
verarbeitet werde.

Trotz dieser grossen Zahl glaubwürdiger Thatsachen, die für die

Einleitung.

Indessen muſs bemerkt werden, daſs die Angaben bezüglich der
Hämmerbarkeit nicht gleichen Wert haben, indem viele nur sehr oben
hin geprüft worden zu sein scheinen. Es wird deshalb von Interesse
sein, diejenigen Fälle besonders aufzuführen, über die wir Näheres
wissen.

Nur ganz nebenbei erwähnen wir hier der sagenhaften Über-
lieferungen, welche Attila, Timur und anderen Eroberern vom Himmel
gefallene Schwerter in die siegreichen Hände geben. Immerhin deuten
sie auf einen erfahrungsmäſsigen Kern. Dagegen wissen wir, daſs
Kapitän Sowerby im Anfang des Jahrhunderts aus einem Stück Me-
teoreisen vom Kap ein 2 Fuſs langes, 1⅜ Zoll breites Schwert für den
Kaiser Alexander I. von Ruſsland schmieden lieſs. Ebenso lieſsen
Partsch und v. Brudern aus dem Eisen von Lenarto Klingen an-
fertigen, die eine mittlere Stahlhärte und auf ihrer Oberfläche die
welligen Linien des Damaszenerstahles zeigten.

Aus dem Eisen von Krasnojarsk, obgleich Pallasit, sind Nägel und
andere Gegenstände geschmiedet worden. Ferner befinden sich ver-
schiedene aus Meteoreisen geschmiedete Gegenstände in öffentlichen
Sammlungen, so ein quadratisch geschmiedetes Stäbchen von 22 g Ge-
wicht von Bemdegoeisen in Göttingen, ferner in derselben Kollektion
ein 260 g schweres, geschmiedetes Stück von Schwetz an der Weichsel.

Von dem Eisen von Grönland (Baffinsbay) brachte Kapitän Roſs
bereits 1819 ein Messer, welches er von den Eskimos eralten hatte,
mit. Es befindet sich im Britischen Museum und wurde von Wolla-
ston
, der es untersuchte, für Meteoreisen erklärt. Ähnliche Messer
befinden sich in Wien und in Göttingen (von Kapitän Sabine). Diese
Messer stammen indes wahrscheinlich alle von dem Diskoeisen, über
dessen meteorischen Charakter Zweifel herrschen. Bekannt ist, daſs
Meteoreisen von den Eingeborenen verschiedener Gegenden verarbeitet
wird, so von den mexikanischen Indianern im Tolukathal, von den
Negern am Senegal, welche Töpfe daraus gefertigt haben sollen, den
Nomaqua in Südafrika, welche sich aus dem Meteoreisen vom Löwen-
fluſs Waffen herstellten. Ähnliches wird von Madagaskar berichtet.
Das Guildfordeisen soll vor seiner wissenschaftlichen Entdeckung von
den Schmieden der Umgegend zu Nägeln, Hufeisen u. s. w. verarbeitet
worden sein. Der Reisende Wrangel berichtet, daſs sich auf den
Alaseyschen Bergrücken in Sibirien eine Menge gediegenes Eisen von
vorzüglicher Güte finde, das von den Jakuten zu Messern, Beilen u. s. w.
verarbeitet werde.

Trotz dieser groſsen Zahl glaubwürdiger Thatsachen, die für die

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[27/0049] Einleitung. Indessen muſs bemerkt werden, daſs die Angaben bezüglich der Hämmerbarkeit nicht gleichen Wert haben, indem viele nur sehr oben hin geprüft worden zu sein scheinen. Es wird deshalb von Interesse sein, diejenigen Fälle besonders aufzuführen, über die wir Näheres wissen. Nur ganz nebenbei erwähnen wir hier der sagenhaften Über- lieferungen, welche Attila, Timur und anderen Eroberern vom Himmel gefallene Schwerter in die siegreichen Hände geben. Immerhin deuten sie auf einen erfahrungsmäſsigen Kern. Dagegen wissen wir, daſs Kapitän Sowerby im Anfang des Jahrhunderts aus einem Stück Me- teoreisen vom Kap ein 2 Fuſs langes, 1⅜ Zoll breites Schwert für den Kaiser Alexander I. von Ruſsland schmieden lieſs. Ebenso lieſsen Partsch und v. Brudern aus dem Eisen von Lenarto Klingen an- fertigen, die eine mittlere Stahlhärte und auf ihrer Oberfläche die welligen Linien des Damaszenerstahles zeigten. Aus dem Eisen von Krasnojarsk, obgleich Pallasit, sind Nägel und andere Gegenstände geschmiedet worden. Ferner befinden sich ver- schiedene aus Meteoreisen geschmiedete Gegenstände in öffentlichen Sammlungen, so ein quadratisch geschmiedetes Stäbchen von 22 g Ge- wicht von Bemdegoeisen in Göttingen, ferner in derselben Kollektion ein 260 g schweres, geschmiedetes Stück von Schwetz an der Weichsel. Von dem Eisen von Grönland (Baffinsbay) brachte Kapitän Roſs bereits 1819 ein Messer, welches er von den Eskimos eralten hatte, mit. Es befindet sich im Britischen Museum und wurde von Wolla- ston, der es untersuchte, für Meteoreisen erklärt. Ähnliche Messer befinden sich in Wien und in Göttingen (von Kapitän Sabine). Diese Messer stammen indes wahrscheinlich alle von dem Diskoeisen, über dessen meteorischen Charakter Zweifel herrschen. Bekannt ist, daſs Meteoreisen von den Eingeborenen verschiedener Gegenden verarbeitet wird, so von den mexikanischen Indianern im Tolukathal, von den Negern am Senegal, welche Töpfe daraus gefertigt haben sollen, den Nomaqua in Südafrika, welche sich aus dem Meteoreisen vom Löwen- fluſs Waffen herstellten. Ähnliches wird von Madagaskar berichtet. Das Guildfordeisen soll vor seiner wissenschaftlichen Entdeckung von den Schmieden der Umgegend zu Nägeln, Hufeisen u. s. w. verarbeitet worden sein. Der Reisende Wrangel berichtet, daſs sich auf den Alaseyschen Bergrücken in Sibirien eine Menge gediegenes Eisen von vorzüglicher Güte finde, das von den Jakuten zu Messern, Beilen u. s. w. verarbeitet werde. Trotz dieser groſsen Zahl glaubwürdiger Thatsachen, die für die

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/49>, abgerufen am 28.03.2024.