euthutona (unseren Kanonen entsprechend) und Katapulte mit Winkel- spannung (palintona, ähnlich unseren Mörsern). Den ersten Gebrauch von schwerem Geschütz in offener Feldschlacht machte Machanides, 207 v. Chr. in der Schlacht von Mantineia. Er stellte sie in Abständen vor der Front beim Angriff gegen die Phalanx auf. Dies wurde von da ab stehender Gebrauch. Zur Zeit des Vegetius war jede römische Legion mit 55 Curoballistae (leichteren Horizontalgeschützen) und 10 Onagri (schweren Bogengeschützen) ausgerüstet. Die Zahl der Geschütze in den reichen Städten war sehr gross. Die Karthager sollen den Römern bei ihrer Entwaffnung 3000 schwere Geschütze ausgeliefert haben, da- von bildeten Pfeilgeschütze die Mehrzahl. Philon beschreibt auch eine Art Katapulte, die mit Hilfe von komprimierter Luft abgefeuert wurden, ein Luftspanner oder Windgeschütz. Heron und seine Lehre vom Ge- schützbau berichtet darüber eingehend und scheint es, als ob es seine Erfindung gewesen sei. Heron war wahrscheinlich der Sohn, jedenfalls ein Schüler des berühmten Ktesibios und scheint ein Zeitgenosse Philons gewesen zu sein, von dem wir wissen, dass er zur Zeit der ersten Ptolemäer in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunders gelebt und zu Rhodos in Alexandrien studiert hat. Die Beschreibung des Windgeschützes, welche Heron hinterlassen hat, ist für uns auch des- halb von besonderem Interesse, weil er sämmtliche Eisenteile der Maschine gewissenhaft aufzählt. Er nennt eiserne Zapfen und Lager, eiserne Drücker, eiserne Riegel, eine Zahnstange und Sperrklinke von Eisen.
Ebenso waren die Bolzen zum Anziehen der Sehnen der Torsions- geschosse von Eisen. Heron sagt ganz ausdrücklich (§. 21): "Der Spannbolzen wird aus reinem Eisen gemacht und in der Schmiede sorgfältig bearbeitet, damit er die ganze Gewalt des Geschützes aus- halten könne." Und allgemein empfiehlt Heron (§. 25): "Man muss die Stellen wo es nötig, d. h. diejenigen, welche etwas auszuhalten haben, mit eisernen Beschlägen versehen und diese mit Nägeln ver- sichern und sich harter Hölzer bedienen, um auf jede mögliche Art die erwähnten Stellen zu versichern." Natürlich war auch die Herstellung der Spannsehnen selbst von grosser Wichtigkeit. Er empfiehlt als bestes Material die Schulter- und Rückensehnen der Tiere und ge- flochtene Seile aus Weiberhaaren.
Von Interesse ist ferner, dass bei diesen Kriegsmaschinen schon mancherlei maschinelle Vorrichtungen in Anwendung kamen, so zum Drehen schwerer Torsionsgeschütze ein Haspel mit Handspeichen. Die eigentliche Büchse bei kleineren Windspannern war aus Erz geschmiedet,
Griechenland.
εὐϑύτονα (unseren Kanonen entsprechend) und Katapulte mit Winkel- spannung (παλίντονα, ähnlich unseren Mörsern). Den ersten Gebrauch von schwerem Geschütz in offener Feldschlacht machte Machanides, 207 v. Chr. in der Schlacht von Mantineia. Er stellte sie in Abständen vor der Front beim Angriff gegen die Phalanx auf. Dies wurde von da ab stehender Gebrauch. Zur Zeit des Vegetius war jede römische Legion mit 55 Curoballistae (leichteren Horizontalgeschützen) und 10 Onagri (schweren Bogengeschützen) ausgerüstet. Die Zahl der Geschütze in den reichen Städten war sehr groſs. Die Karthager sollen den Römern bei ihrer Entwaffnung 3000 schwere Geschütze ausgeliefert haben, da- von bildeten Pfeilgeschütze die Mehrzahl. Philon beschreibt auch eine Art Katapulte, die mit Hilfe von komprimierter Luft abgefeuert wurden, ein Luftspanner oder Windgeschütz. Heron und seine Lehre vom Ge- schützbau berichtet darüber eingehend und scheint es, als ob es seine Erfindung gewesen sei. Heron war wahrscheinlich der Sohn, jedenfalls ein Schüler des berühmten Ktesibios und scheint ein Zeitgenosse Philons gewesen zu sein, von dem wir wissen, daſs er zur Zeit der ersten Ptolemäer in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunders gelebt und zu Rhodos in Alexandrien studiert hat. Die Beschreibung des Windgeschützes, welche Heron hinterlassen hat, ist für uns auch des- halb von besonderem Interesse, weil er sämmtliche Eisenteile der Maschine gewissenhaft aufzählt. Er nennt eiserne Zapfen und Lager, eiserne Drücker, eiserne Riegel, eine Zahnstange und Sperrklinke von Eisen.
Ebenso waren die Bolzen zum Anziehen der Sehnen der Torsions- geschosse von Eisen. Heron sagt ganz ausdrücklich (§. 21): „Der Spannbolzen wird aus reinem Eisen gemacht und in der Schmiede sorgfältig bearbeitet, damit er die ganze Gewalt des Geschützes aus- halten könne.“ Und allgemein empfiehlt Heron (§. 25): „Man muſs die Stellen wo es nötig, d. h. diejenigen, welche etwas auszuhalten haben, mit eisernen Beschlägen versehen und diese mit Nägeln ver- sichern und sich harter Hölzer bedienen, um auf jede mögliche Art die erwähnten Stellen zu versichern.“ Natürlich war auch die Herstellung der Spannsehnen selbst von groſser Wichtigkeit. Er empfiehlt als bestes Material die Schulter- und Rückensehnen der Tiere und ge- flochtene Seile aus Weiberhaaren.
Von Interesse ist ferner, daſs bei diesen Kriegsmaschinen schon mancherlei maschinelle Vorrichtungen in Anwendung kamen, so zum Drehen schwerer Torsionsgeschütze ein Haspel mit Handspeichen. Die eigentliche Büchse bei kleineren Windspannern war aus Erz geschmiedet,
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Griechenland.
εὐϑύτονα (unseren Kanonen entsprechend) und Katapulte mit Winkel-
spannung (παλίντονα, ähnlich unseren Mörsern). Den ersten Gebrauch
von schwerem Geschütz in offener Feldschlacht machte Machanides,
207 v. Chr. in der Schlacht von Mantineia. Er stellte sie in Abständen
vor der Front beim Angriff gegen die Phalanx auf. Dies wurde von da
ab stehender Gebrauch. Zur Zeit des Vegetius war jede römische Legion
mit 55 Curoballistae (leichteren Horizontalgeschützen) und 10 Onagri
(schweren Bogengeschützen) ausgerüstet. Die Zahl der Geschütze in
den reichen Städten war sehr groſs. Die Karthager sollen den Römern
bei ihrer Entwaffnung 3000 schwere Geschütze ausgeliefert haben, da-
von bildeten Pfeilgeschütze die Mehrzahl. Philon beschreibt auch eine
Art Katapulte, die mit Hilfe von komprimierter Luft abgefeuert wurden,
ein Luftspanner oder Windgeschütz. Heron und seine Lehre vom Ge-
schützbau berichtet darüber eingehend und scheint es, als ob es seine
Erfindung gewesen sei. Heron war wahrscheinlich der Sohn, jedenfalls
ein Schüler des berühmten Ktesibios und scheint ein Zeitgenosse
Philons gewesen zu sein, von dem wir wissen, daſs er zur Zeit der
ersten Ptolemäer in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunders gelebt
und zu Rhodos in Alexandrien studiert hat. Die Beschreibung des
Windgeschützes, welche Heron hinterlassen hat, ist für uns auch des-
halb von besonderem Interesse, weil er sämmtliche Eisenteile der
Maschine gewissenhaft aufzählt. Er nennt eiserne Zapfen und Lager,
eiserne Drücker, eiserne Riegel, eine Zahnstange und Sperrklinke von
Eisen.
Ebenso waren die Bolzen zum Anziehen der Sehnen der Torsions-
geschosse von Eisen. Heron sagt ganz ausdrücklich (§. 21): „Der
Spannbolzen wird aus reinem Eisen gemacht und in der Schmiede
sorgfältig bearbeitet, damit er die ganze Gewalt des Geschützes aus-
halten könne.“ Und allgemein empfiehlt Heron (§. 25): „Man muſs
die Stellen wo es nötig, d. h. diejenigen, welche etwas auszuhalten
haben, mit eisernen Beschlägen versehen und diese mit Nägeln ver-
sichern und sich harter Hölzer bedienen, um auf jede mögliche Art die
erwähnten Stellen zu versichern.“ Natürlich war auch die Herstellung
der Spannsehnen selbst von groſser Wichtigkeit. Er empfiehlt als
bestes Material die Schulter- und Rückensehnen der Tiere und ge-
flochtene Seile aus Weiberhaaren.
Von Interesse ist ferner, daſs bei diesen Kriegsmaschinen schon
mancherlei maschinelle Vorrichtungen in Anwendung kamen, so zum
Drehen schwerer Torsionsgeschütze ein Haspel mit Handspeichen. Die
eigentliche Büchse bei kleineren Windspannern war aus Erz geschmiedet,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/469>, abgerufen am 22.11.2024.
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