dolches in der Trümmerschicht von Troja, von dessen Auffindung Schliemann in einem Briefe an Virchow am 27. November 1878 1) Mit- teilung machte, nicht bestätigt, indem die chemische Untersuchung erwiesen hat, dass die fragliche Klinge von Silber und nicht von Stahl oder gar von Meteoreisen war 2).
Dagegen fand Schliemann ein eisernes Messer, welches der Fund- stelle nach der sogenannten vierten Stadt, d. h. derjenigen, welche dem zerstörten Troja folgte, angehört. Er schreibt 3): "Nro. 1421 ist ein eisernes Messer mit einem Ringe zum Aufhängen (Fig. 65). Ein Nagel, dessen Kopf auf dem Holzschnitte deutlich zu sehen ist, macht es unzweifelhaft, dass der Griff in Holz eingefasst war. Dieses Messer wurde in einer Tiefe von 13 Fuss unter der Oberfläche gefunden und müsste, bloss nach der Tiefe zu urteilen, zur vierten oder fünften vorgeschichtlichen Stadt gehören." Trotz der Fundstelle will aber
[Abbildung]
Fig. 65.
Schliemann es der sechsten (lydischen) Stadt zuschreiben, indem er sagt: "Das Gewicht des Eisens würde es leicht erklären, dass das Stück bis zur Tiefe, in der man es fand, gefallen ist." Diese willkürliche Annahme scheint uns aber ganz unbegründet zu sein, dasselbe liess sich weit eher von den Gegenständen aus Gold und Bronze annehmen, die ja spezifisch noch schwerer sind. Der Hinweis auf spätere ähnliche Formen beweist auch nichts, da man umgekehrt auf ähnliche, weit ältere Messer der Ägypter verweisen kann.
Haben wir uns eingehend mit Homer beschäftigt und aus dem reichen Schatze seiner herzerfreuenden Dichtung auch für unsere Zwecke reiche Belehrung gesammelt, so ist es Pflicht, uns auch mit dem Nachfolger des Homer, dem zweiten alten und zweitberühmten, aus ganz anderen Verhältnissen hervorgegangenen Epiker der Griechen, mit Hesiod, gründlich bekannt zu machen. Wenn auch seine Gedichte nicht entfernt auf der Höhe der homerischen stehen, so verdienen sie doch durch ihr Alter, ihre historische Bedeutung und ihren Inhalt
1) Korrespondenzblatt der Gesellschaft für Anthropologie etc. Nro. 2, Februar 1879, S. 9.
2) Diese Thatsache ist dem Verfasser erst bekannt geworden, nach- dem die Einleitung bereits fertig gedruckt war.
3) Schliemann, Ilias 674.
Griechenland.
dolches in der Trümmerschicht von Troja, von dessen Auffindung Schliemann in einem Briefe an Virchow am 27. November 1878 1) Mit- teilung machte, nicht bestätigt, indem die chemische Untersuchung erwiesen hat, daſs die fragliche Klinge von Silber und nicht von Stahl oder gar von Meteoreisen war 2).
Dagegen fand Schliemann ein eisernes Messer, welches der Fund- stelle nach der sogenannten vierten Stadt, d. h. derjenigen, welche dem zerstörten Troja folgte, angehört. Er schreibt 3): „Nro. 1421 ist ein eisernes Messer mit einem Ringe zum Aufhängen (Fig. 65). Ein Nagel, dessen Kopf auf dem Holzschnitte deutlich zu sehen ist, macht es unzweifelhaft, daſs der Griff in Holz eingefaſst war. Dieses Messer wurde in einer Tiefe von 13 Fuſs unter der Oberfläche gefunden und müſste, bloſs nach der Tiefe zu urteilen, zur vierten oder fünften vorgeschichtlichen Stadt gehören.“ Trotz der Fundstelle will aber
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Fig. 65.
Schliemann es der sechsten (lydischen) Stadt zuschreiben, indem er sagt: „Das Gewicht des Eisens würde es leicht erklären, daſs das Stück bis zur Tiefe, in der man es fand, gefallen ist.“ Diese willkürliche Annahme scheint uns aber ganz unbegründet zu sein, dasſelbe lieſs sich weit eher von den Gegenständen aus Gold und Bronze annehmen, die ja spezifisch noch schwerer sind. Der Hinweis auf spätere ähnliche Formen beweist auch nichts, da man umgekehrt auf ähnliche, weit ältere Messer der Ägypter verweisen kann.
Haben wir uns eingehend mit Homer beschäftigt und aus dem reichen Schatze seiner herzerfreuenden Dichtung auch für unsere Zwecke reiche Belehrung gesammelt, so ist es Pflicht, uns auch mit dem Nachfolger des Homer, dem zweiten alten und zweitberühmten, aus ganz anderen Verhältnissen hervorgegangenen Epiker der Griechen, mit Hesiod, gründlich bekannt zu machen. Wenn auch seine Gedichte nicht entfernt auf der Höhe der homerischen stehen, so verdienen sie doch durch ihr Alter, ihre historische Bedeutung und ihren Inhalt
1) Korrespondenzblatt der Gesellschaft für Anthropologie etc. Nro. 2, Februar 1879, S. 9.
2) Diese Thatsache ist dem Verfasser erst bekannt geworden, nach- dem die Einleitung bereits fertig gedruckt war.
3) Schliemann, Ilias 674.
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Griechenland.
dolches in der Trümmerschicht von Troja, von dessen Auffindung
Schliemann in einem Briefe an Virchow am 27. November 1878 1) Mit-
teilung machte, nicht bestätigt, indem die chemische Untersuchung
erwiesen hat, daſs die fragliche Klinge von Silber und nicht von Stahl
oder gar von Meteoreisen war 2).
Dagegen fand Schliemann ein eisernes Messer, welches der Fund-
stelle nach der sogenannten vierten Stadt, d. h. derjenigen, welche dem
zerstörten Troja folgte, angehört. Er schreibt 3): „Nro. 1421 ist ein
eisernes Messer mit einem Ringe zum Aufhängen (Fig. 65). Ein Nagel,
dessen Kopf auf dem Holzschnitte deutlich zu sehen ist, macht es
unzweifelhaft, daſs der Griff in Holz eingefaſst war. Dieses Messer
wurde in einer Tiefe von 13 Fuſs unter der Oberfläche gefunden und
müſste, bloſs nach der Tiefe zu urteilen, zur vierten oder fünften
vorgeschichtlichen Stadt gehören.“ Trotz der Fundstelle will aber
[Abbildung Fig. 65.]
Schliemann es der sechsten (lydischen) Stadt zuschreiben, indem er
sagt: „Das Gewicht des Eisens würde es leicht erklären, daſs das Stück
bis zur Tiefe, in der man es fand, gefallen ist.“ Diese willkürliche
Annahme scheint uns aber ganz unbegründet zu sein, dasſelbe lieſs
sich weit eher von den Gegenständen aus Gold und Bronze annehmen,
die ja spezifisch noch schwerer sind. Der Hinweis auf spätere ähnliche
Formen beweist auch nichts, da man umgekehrt auf ähnliche, weit ältere
Messer der Ägypter verweisen kann.
Haben wir uns eingehend mit Homer beschäftigt und aus dem
reichen Schatze seiner herzerfreuenden Dichtung auch für unsere
Zwecke reiche Belehrung gesammelt, so ist es Pflicht, uns auch mit dem
Nachfolger des Homer, dem zweiten alten und zweitberühmten, aus
ganz anderen Verhältnissen hervorgegangenen Epiker der Griechen,
mit Hesiod, gründlich bekannt zu machen. Wenn auch seine Gedichte
nicht entfernt auf der Höhe der homerischen stehen, so verdienen sie
doch durch ihr Alter, ihre historische Bedeutung und ihren Inhalt
1) Korrespondenzblatt der Gesellschaft für Anthropologie etc. Nro. 2, Februar
1879, S. 9.
2) Diese Thatsache ist dem Verfasser erst bekannt geworden, nach-
dem die Einleitung bereits fertig gedruckt war.
3) Schliemann, Ilias 674.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/434>, abgerufen am 22.11.2024.
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