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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Amerika.
Lake Superior, wo allerdings im Trappgebirge mit schweren Stein-
hämmern und Holzrammen unter grosser Kraftanstrengung und Aus-
dauer Erstaunliches geleistet ist, um rohe Zerstörung und Beseitigung
der Gesteinsmassen, sondern um ein regelrechtes Behauen und Zu-
richten von Bausteinen. Auch die Benutzung des Jadeits und Amphibols,
oder ähnlicher zäher und harter Findlinge vermochte nichts an jener
Thatsache zu ändern. Unter unseren Feuersteinkeilen leisten beson-
ders die von opaker, chalcedonartiger Beschaffenheit ganz dasselbe
wie die klassische Steinaxt des Columbus, und trotzdem sind diese
Werkzeuge, wovon jeder sich leicht überzeugen kann, zur eigentlichen
Bearbeitung oder, worauf es hier wesentlich ankommt, zum Skulptieren
der harten Gesteine absolut unbrauchbar 1).

Nur Massengesteine von lockerer oder spröder Konstitution, gewisse
Sorten Sand-, Kalk- und Tufstein, Gips, oder auch solche, die erst,
wenn sie längere Zeit der freien Luft ausgesetzt waren, eine grössere
Härte anzunehmen pflegen, konnten unter dem Druck jener Stein-
hämmer zu Bausteinen hergerichtet werden, wobei man ausserdem auf
architektonische Gliederung der Werkstücke, auf künstliche Skulptierung
und technische Eleganz Verzicht leisten musste. Die Behauptung des
Mendieta, dass die alten Mexikaner mit ihren armseligen Steingeräten
ebenso vortreffliche und saubere Werke hergestellt hätten, wie nur
die besten Steinmetze Castiliens mit stählernen Meisseln und Spitz-
hauen 2), bedarf einer Widerlegung um so weniger, als der betreffende
Autor dies bereits selbst besorgte, indem er an anderer Stelle seiner
Kirchengeschichte ausdrücklich versichert, in den Leistungen der Stein-
arbeiter sei ein ganz erheblicher Fortschritt bemerkbar geworden, seit-
dem sie die stählernen Arbeitsgeräte der Spanier benutzt hätten 3).
Auch was sonst bis in die neueste Zeit in dieser Beziehung alles vor-

1) Mit einem solchen Instrumente, dessen Schneide haarscharf war -- man
konnte einen Papierbogen damit so leicht durchschneiden wie mit einem Feder-
messer -- habe ich einen 5 mm dicken Draht aus weichem Stahl mit kräftigen
Schlägen zerhackt, ohne dass nachher an der Schneide auch nur die kleinste
Fehlstelle zu bemerken gewesen wäre.
2) Mendieta, Hist. ecles. lib. IV, cap. XII, p. 403: Habia entre ellos grandes
escultores de canteria, que labraban cuanto querian en piedra, con guijarros o
pedernales tan prima y curiosamente como en nuestra Castilla los muy buenos
oficiales con escodas y picos de acero; Torquemada, Monarq. Ind. lib. XIII, c. XXXIV,
p. 524, wiederholt den Satz wörtlich.
3) Mendieta, l. c. lib. IV, cap. XIII, p. 409: Los canteros labraban sin hierro
con solas piedras cosas muy de ver, despues que tuvieron picos y escodas y los
demas instrumentos de hierro, y vieron obras que los nuestros hacian, se aventa-
jaron en gran manera.

Amerika.
Lake Superior, wo allerdings im Trappgebirge mit schweren Stein-
hämmern und Holzrammen unter groſser Kraftanstrengung und Aus-
dauer Erstaunliches geleistet ist, um rohe Zerstörung und Beseitigung
der Gesteinsmassen, sondern um ein regelrechtes Behauen und Zu-
richten von Bausteinen. Auch die Benutzung des Jadeits und Amphibols,
oder ähnlicher zäher und harter Findlinge vermochte nichts an jener
Thatsache zu ändern. Unter unseren Feuersteinkeilen leisten beson-
ders die von opaker, chalcedonartiger Beschaffenheit ganz dasſelbe
wie die klassische Steinaxt des Columbus, und trotzdem sind diese
Werkzeuge, wovon jeder sich leicht überzeugen kann, zur eigentlichen
Bearbeitung oder, worauf es hier wesentlich ankommt, zum Skulptieren
der harten Gesteine absolut unbrauchbar 1).

Nur Massengesteine von lockerer oder spröder Konstitution, gewisse
Sorten Sand-, Kalk- und Tufstein, Gips, oder auch solche, die erst,
wenn sie längere Zeit der freien Luft ausgesetzt waren, eine gröſsere
Härte anzunehmen pflegen, konnten unter dem Druck jener Stein-
hämmer zu Bausteinen hergerichtet werden, wobei man auſserdem auf
architektonische Gliederung der Werkstücke, auf künstliche Skulptierung
und technische Eleganz Verzicht leisten muſste. Die Behauptung des
Mendieta, daſs die alten Mexikaner mit ihren armseligen Steingeräten
ebenso vortreffliche und saubere Werke hergestellt hätten, wie nur
die besten Steinmetze Castiliens mit stählernen Meiſseln und Spitz-
hauen 2), bedarf einer Widerlegung um so weniger, als der betreffende
Autor dies bereits selbst besorgte, indem er an anderer Stelle seiner
Kirchengeschichte ausdrücklich versichert, in den Leistungen der Stein-
arbeiter sei ein ganz erheblicher Fortschritt bemerkbar geworden, seit-
dem sie die stählernen Arbeitsgeräte der Spanier benutzt hätten 3).
Auch was sonst bis in die neueste Zeit in dieser Beziehung alles vor-

1) Mit einem solchen Instrumente, dessen Schneide haarscharf war — man
konnte einen Papierbogen damit so leicht durchschneiden wie mit einem Feder-
messer — habe ich einen 5 mm dicken Draht aus weichem Stahl mit kräftigen
Schlägen zerhackt, ohne daſs nachher an der Schneide auch nur die kleinste
Fehlstelle zu bemerken gewesen wäre.
2) Mendieta, Hist. ecles. lib. IV, cap. XII, p. 403: Habia entre ellos grandes
escultores de cantería, que labraban cuanto querian en piedra, con guijarros ó
pedernales tan prima y curiosamente como en nuestra Castilla los muy buenos
oficiales con escodas y picos de acero; Torquemada, Monarq. Ind. lib. XIII, c. XXXIV,
p. 524, wiederholt den Satz wörtlich.
3) Mendieta, l. c. lib. IV, cap. XIII, p. 409: Los canteros labraban sin hierro
con solas piedras cosas muy de ver, despues que tuvieron picos y escodas y los
demas instrumentos de hierro, y vieron obras que los nuestros hacian, se aventa-
jaron en gran manera.
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[362/0384] Amerika. Lake Superior, wo allerdings im Trappgebirge mit schweren Stein- hämmern und Holzrammen unter groſser Kraftanstrengung und Aus- dauer Erstaunliches geleistet ist, um rohe Zerstörung und Beseitigung der Gesteinsmassen, sondern um ein regelrechtes Behauen und Zu- richten von Bausteinen. Auch die Benutzung des Jadeits und Amphibols, oder ähnlicher zäher und harter Findlinge vermochte nichts an jener Thatsache zu ändern. Unter unseren Feuersteinkeilen leisten beson- ders die von opaker, chalcedonartiger Beschaffenheit ganz dasſelbe wie die klassische Steinaxt des Columbus, und trotzdem sind diese Werkzeuge, wovon jeder sich leicht überzeugen kann, zur eigentlichen Bearbeitung oder, worauf es hier wesentlich ankommt, zum Skulptieren der harten Gesteine absolut unbrauchbar 1). Nur Massengesteine von lockerer oder spröder Konstitution, gewisse Sorten Sand-, Kalk- und Tufstein, Gips, oder auch solche, die erst, wenn sie längere Zeit der freien Luft ausgesetzt waren, eine gröſsere Härte anzunehmen pflegen, konnten unter dem Druck jener Stein- hämmer zu Bausteinen hergerichtet werden, wobei man auſserdem auf architektonische Gliederung der Werkstücke, auf künstliche Skulptierung und technische Eleganz Verzicht leisten muſste. Die Behauptung des Mendieta, daſs die alten Mexikaner mit ihren armseligen Steingeräten ebenso vortreffliche und saubere Werke hergestellt hätten, wie nur die besten Steinmetze Castiliens mit stählernen Meiſseln und Spitz- hauen 2), bedarf einer Widerlegung um so weniger, als der betreffende Autor dies bereits selbst besorgte, indem er an anderer Stelle seiner Kirchengeschichte ausdrücklich versichert, in den Leistungen der Stein- arbeiter sei ein ganz erheblicher Fortschritt bemerkbar geworden, seit- dem sie die stählernen Arbeitsgeräte der Spanier benutzt hätten 3). Auch was sonst bis in die neueste Zeit in dieser Beziehung alles vor- 1) Mit einem solchen Instrumente, dessen Schneide haarscharf war — man konnte einen Papierbogen damit so leicht durchschneiden wie mit einem Feder- messer — habe ich einen 5 mm dicken Draht aus weichem Stahl mit kräftigen Schlägen zerhackt, ohne daſs nachher an der Schneide auch nur die kleinste Fehlstelle zu bemerken gewesen wäre. 2) Mendieta, Hist. ecles. lib. IV, cap. XII, p. 403: Habia entre ellos grandes escultores de cantería, que labraban cuanto querian en piedra, con guijarros ó pedernales tan prima y curiosamente como en nuestra Castilla los muy buenos oficiales con escodas y picos de acero; Torquemada, Monarq. Ind. lib. XIII, c. XXXIV, p. 524, wiederholt den Satz wörtlich. 3) Mendieta, l. c. lib. IV, cap. XIII, p. 409: Los canteros labraban sin hierro con solas piedras cosas muy de ver, despues que tuvieron picos y escodas y los demas instrumentos de hierro, y vieron obras que los nuestros hacian, se aventa- jaron en gran manera.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/384>, abgerufen am 22.11.2024.