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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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zehn Prozent variiert. Wie wenig geeignet solche Werkzeuge für die
Steinmetzarbeit sein mussten, hätte sich bei einiger Aufmerksamkeit
schon daraus entnehmen lassen, dass sie von keinem der spanischen
Schriftsteller zu diesem Zwecke, sondern, von anderen, unwesentlichen
Bestimmungen abgesehen, höchstens bei der Bearbeitung leichter
Holzarten erwähnt werden 1).

Fragen wir nun, mit welchen Werkzeugen die Steine behauen und
zugerichtet wurden, so finden wir von denselben Schriftstellern, welche
die Kenntnis des Eisens und Stahls in Abrede nehmen, und einigen
anderen übereinstimmend bezeugt, dass hierzu, so paradox es klingen
mag, ausschliesslich -- steinerne Werkzeuge verwendet wurden. Es kann
darüber kein Zweifel sein; auch berichten offenbar die betreffenden
Geschichtsschreiber genau was sie selbst gesehen, oder wenigstens von
Augenzeugen erfahren hatten. Danach besass das Volk weder Eisen
noch Stahl; es bearbeitete die, in den Steinbrüchen "mit Holz" ge-
wonnenen Bausteine mit "Kiesel und Feuerstein" oder überhaupt mit
"harten Geschieben der Flussbetten", unter denen in Mexiko besonders
eine dunkelgrüne Art für "die bessere und stärkste" galt, während in
Peru schwarze Steine geschätzt waren. Der Verlauf der Arbeit wird
als langwierig bezeichnet, und den Vorgang dabei schildert Garcilasso
sehr treffend, indem er betont, dass die Steinwerkzeuge "mehr zer-
malmend durch die Kraft der Arme, als schneidend" gewirkt hätten 2).


1) Mendieta, Hist. eclesiast. p. 403: Los carpinteros y entalladores labraban
la madera con instrumentos de cobre; Torquemada, Monarq. Indian. lib. XIII,
cap. 34 (Sevilla 1615) copiert den Mendieta wörtlich; Sahagun, Hist. univ. lib. VIII,
c. XIX (Kingsb. Vol. VII, p. 223): Tambien con estos se ordenaban los que venden
hachas de kobre para cortar maderos, y punzones y escoplos y otras herramien-
tas (de cobre) para labrar madera; Petrus Martyr, Dec. V, c. X, p. 424: Cum ori-
calcheis suis securibus et dolabris, argute temperatis, arbores sternunt; Garcilasso,
Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: No tuvieron mas habilidad los Carpinteros,
antes parece que anduvieron mas cortos, porque de quantas herramientas usan
los de por aca para sus oficios, no alcanzaron los del Peru, mas de la Hacha y
Azuela, y essas de Cobre; Clavigero, Storia ant. del Messico, P. II: I Falegnami
lavoravano bene parecchie specie di legni co' loro strumenti di rame. Schon
Rivero y Tschudi, Ant. Per. p. 211, bemerken sehr richtig, dass man die harten
Holzarten unmöglich mit Bronze bearbeiten konnte. Nach Petr. Martyr, Dec. I,
c. V, p. 55, wurde das von Natur sehr harte, fettigglänzende schwarze Holz erst
am Feuer, wohl richtiger in heissen Dämpfen, gehörig erweicht und dann mit
Steinen bearbeitet.
2) Cieza de Leon, Cron. del Peru, cap. CXIV, p. 452: tambien hacen bultos
y otras cosas mayores, y en muchas partes se han visto que los han hecho y
hacen sin tener otras herramientas mas que piedras y sus grandes ingenios;
Ondegardo, Relacion etc. (Colecc. de docum. T. XVII, p. 75): porque como todas
las obras eran de canteria e no tenyan herramientas de hierro ny azero ansi

Amerika.
zehn Prozent variiert. Wie wenig geeignet solche Werkzeuge für die
Steinmetzarbeit sein muſsten, hätte sich bei einiger Aufmerksamkeit
schon daraus entnehmen lassen, daſs sie von keinem der spanischen
Schriftsteller zu diesem Zwecke, sondern, von anderen, unwesentlichen
Bestimmungen abgesehen, höchstens bei der Bearbeitung leichter
Holzarten erwähnt werden 1).

Fragen wir nun, mit welchen Werkzeugen die Steine behauen und
zugerichtet wurden, so finden wir von denselben Schriftstellern, welche
die Kenntnis des Eisens und Stahls in Abrede nehmen, und einigen
anderen übereinstimmend bezeugt, daſs hierzu, so paradox es klingen
mag, ausschlieſslich — steinerne Werkzeuge verwendet wurden. Es kann
darüber kein Zweifel sein; auch berichten offenbar die betreffenden
Geschichtsschreiber genau was sie selbst gesehen, oder wenigstens von
Augenzeugen erfahren hatten. Danach besaſs das Volk weder Eisen
noch Stahl; es bearbeitete die, in den Steinbrüchen „mit Holz“ ge-
wonnenen Bausteine mit „Kiesel und Feuerstein“ oder überhaupt mit
„harten Geschieben der Fluſsbetten“, unter denen in Mexiko besonders
eine dunkelgrüne Art für „die bessere und stärkste“ galt, während in
Peru schwarze Steine geschätzt waren. Der Verlauf der Arbeit wird
als langwierig bezeichnet, und den Vorgang dabei schildert Garcilasso
sehr treffend, indem er betont, daſs die Steinwerkzeuge „mehr zer-
malmend durch die Kraft der Arme, als schneidend“ gewirkt hätten 2).


1) Mendieta, Hist. eclesiast. p. 403: Los carpinteros y entalladores labraban
la madera con instrumentos de cobre; Torquemada, Monarq. Indian. lib. XIII,
cap. 34 (Sevilla 1615) copiert den Mendieta wörtlich; Sahagun, Hist. univ. lib. VIII,
c. XIX (Kingsb. Vol. VII, p. 223): Tambien con estos se ordenaban los que venden
hachas de kobre para cortar maderos, y punzones y escoplos y otras herramien-
tas (de cobre) para labrar madera; Petrus Martyr, Dec. V, c. X, p. 424: Cum ori-
calcheis suis securibus et dolabris, argute temperatis, arbores sternunt; Garcilasso,
Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: No tuvieron mas habilidad los Carpinteros,
antes parece que anduvieron mas cortos, porque de quantas herramientas usan
los de por acá para sus oficios, no alcanzaron los del Perú, mas de la Hacha y
Azuela, y essas de Cobre; Clavigero, Storia ant. del Messico, P. II: I Falegnami
lavoravano bene parecchie specie di legni co’ loro strumenti di rame. Schon
Rivero y Tschudi, Ant. Per. p. 211, bemerken sehr richtig, daſs man die harten
Holzarten unmöglich mit Bronze bearbeiten konnte. Nach Petr. Martyr, Dec. I,
c. V, p. 55, wurde das von Natur sehr harte, fettigglänzende schwarze Holz erst
am Feuer, wohl richtiger in heiſsen Dämpfen, gehörig erweicht und dann mit
Steinen bearbeitet.
2) Cieza de Leon, Cron. del Perú, cap. CXIV, p. 452: tambien hacen bultos
y otras cosas mayores, y en muchas partes se han visto que los han hecho y
hacen sin tener otras herramientas mas que piedras y sus grandes ingenios;
Ondegardo, Relacion etc. (Colecc. de docum. T. XVII, p. 75): porque como todas
las obras eran de canteria e no tenyan herramientas de hierro ny azero ansi
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[359/0381] Amerika. zehn Prozent variiert. Wie wenig geeignet solche Werkzeuge für die Steinmetzarbeit sein muſsten, hätte sich bei einiger Aufmerksamkeit schon daraus entnehmen lassen, daſs sie von keinem der spanischen Schriftsteller zu diesem Zwecke, sondern, von anderen, unwesentlichen Bestimmungen abgesehen, höchstens bei der Bearbeitung leichter Holzarten erwähnt werden 1). Fragen wir nun, mit welchen Werkzeugen die Steine behauen und zugerichtet wurden, so finden wir von denselben Schriftstellern, welche die Kenntnis des Eisens und Stahls in Abrede nehmen, und einigen anderen übereinstimmend bezeugt, daſs hierzu, so paradox es klingen mag, ausschlieſslich — steinerne Werkzeuge verwendet wurden. Es kann darüber kein Zweifel sein; auch berichten offenbar die betreffenden Geschichtsschreiber genau was sie selbst gesehen, oder wenigstens von Augenzeugen erfahren hatten. Danach besaſs das Volk weder Eisen noch Stahl; es bearbeitete die, in den Steinbrüchen „mit Holz“ ge- wonnenen Bausteine mit „Kiesel und Feuerstein“ oder überhaupt mit „harten Geschieben der Fluſsbetten“, unter denen in Mexiko besonders eine dunkelgrüne Art für „die bessere und stärkste“ galt, während in Peru schwarze Steine geschätzt waren. Der Verlauf der Arbeit wird als langwierig bezeichnet, und den Vorgang dabei schildert Garcilasso sehr treffend, indem er betont, daſs die Steinwerkzeuge „mehr zer- malmend durch die Kraft der Arme, als schneidend“ gewirkt hätten 2). 1) Mendieta, Hist. eclesiast. p. 403: Los carpinteros y entalladores labraban la madera con instrumentos de cobre; Torquemada, Monarq. Indian. lib. XIII, cap. 34 (Sevilla 1615) copiert den Mendieta wörtlich; Sahagun, Hist. univ. lib. VIII, c. XIX (Kingsb. Vol. VII, p. 223): Tambien con estos se ordenaban los que venden hachas de kobre para cortar maderos, y punzones y escoplos y otras herramien- tas (de cobre) para labrar madera; Petrus Martyr, Dec. V, c. X, p. 424: Cum ori- calcheis suis securibus et dolabris, argute temperatis, arbores sternunt; Garcilasso, Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: No tuvieron mas habilidad los Carpinteros, antes parece que anduvieron mas cortos, porque de quantas herramientas usan los de por acá para sus oficios, no alcanzaron los del Perú, mas de la Hacha y Azuela, y essas de Cobre; Clavigero, Storia ant. del Messico, P. II: I Falegnami lavoravano bene parecchie specie di legni co’ loro strumenti di rame. Schon Rivero y Tschudi, Ant. Per. p. 211, bemerken sehr richtig, daſs man die harten Holzarten unmöglich mit Bronze bearbeiten konnte. Nach Petr. Martyr, Dec. I, c. V, p. 55, wurde das von Natur sehr harte, fettigglänzende schwarze Holz erst am Feuer, wohl richtiger in heiſsen Dämpfen, gehörig erweicht und dann mit Steinen bearbeitet. 2) Cieza de Leon, Cron. del Perú, cap. CXIV, p. 452: tambien hacen bultos y otras cosas mayores, y en muchas partes se han visto que los han hecho y hacen sin tener otras herramientas mas que piedras y sus grandes ingenios; Ondegardo, Relacion etc. (Colecc. de docum. T. XVII, p. 75): porque como todas las obras eran de canteria e no tenyan herramientas de hierro ny azero ansi

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/381>, abgerufen am 12.05.2024.