Weiber ihre Kleider heftelten, Spiegel worin sie sich bewunderten, Sicheln mit denen sie ihre Saaten schnitten, so wie die Hämmer der Goldschmiede angefertigt. Aber wie wenig dies alles, oder auch die bekannte Historie, dass die Spanier auf dem Marsche nach Xauxa genötigt waren, ihre Pferde wegen Mangel an Eisen (a falta de hierro) mit Silber beschlagen zu lassen, beweisend sein kann für die Nicht- existenz des Eisens überhaupt, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Sonstige Belege aus dem 16. Jahrhundert für die Unbekanntschaft mit dem Eisen in den Kulturstaaten wüsste ich nicht beizubringen. Auch in den zahlreichen amtlichen Berichten, welche in Mendoza's Coleccion de documentos ineditos del Archivo de Indias und in den erst neuer- dings mit überflüssigem Aufwand publizierten Cartas de Indias auf- genommen sind, ist mit Ausnahme der schon oben angezogenen Be- merkung des Ondegardo nichts enthalten, was auf ein Fehlen des Eisens hindeuten könnte. Besonders auffallen muss es aber, dass gerade solche Beobachter und Berichterstatter, die unmittelbar teilnahmen an der Eroberung oder ihr nur wenig später nachfolgten, darunter ein Cortez, Bernal Diaz, Zurita, Las Casas, Hernandez, ein Pizarro, Cieza de Leon, Sarmiento und Zarate völliges Schweigen in dieser Beziehung beobachten. Und wenn sie selbst auch nirgend den Gebrauch des Eisens ausdrücklich erwähnen, so liegen doch von anderen Zeitgenossen Nach- richten vor, aus denen hervorgeht, dass es zur Zeit der spanischen Invasion keineswegs unbekannt war. Wenn Acosta allgemein von den Indiern sagt 1): "sie pflegten Kupfer zu benutzen, weil ihre Werk- zeuge und Waffen für gewöhnlich nicht aus Eisen waren, sondern aus Kupfer", so lässt dies auf eine beschränkte Anwendung des Eisens schliessen. Ausserdem versichert Sahagun, der schon im Jahre 1529 nach Mexiko kam, ein tüchtiger Schmied verstehe mit der Schmiede, dem Gebläse und den Kohlen umzugehen, auch das Eisen so schnell zu durchschneiden als ob es Wachs wäre 2), -- ohne dabei, was er schwerlich unterlassen hätte, auch nur mit Einem Worte anzudeuten, dass die Eisenindustrie erst durch die Spanier eingeführt sei. Im
1) Acosta Hist. nat. y moral. lib. IV, c. 3, p. 198: Cobre usaron labrar los Indios porque sus herramientas y armas no eran communmente de hierro, sino de cobre. Die englische Übersetzung v. J. 1604 giebt: As for copper, the Indians have drawne of it, and used it for their arms, the which were not usually of iron, but of copper.
2) Sahagun, Hist. univers. etc. lib. X, c. VII (Kingsborough, Vol. VII, p. 265): El buen herrero usar de fragua, y de fuelles y de carbon y cortar el hierro de presto como si fuese alguna cera. Dass fuelles statt cannutos gesetzt wird, ergeben die schon oben angeführten Stellen.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
Amerika.
Weiber ihre Kleider heftelten, Spiegel worin sie sich bewunderten, Sicheln mit denen sie ihre Saaten schnitten, so wie die Hämmer der Goldschmiede angefertigt. Aber wie wenig dies alles, oder auch die bekannte Historie, daſs die Spanier auf dem Marsche nach Xauxa genötigt waren, ihre Pferde wegen Mangel an Eisen (á falta de hierro) mit Silber beschlagen zu lassen, beweisend sein kann für die Nicht- existenz des Eisens überhaupt, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Sonstige Belege aus dem 16. Jahrhundert für die Unbekanntschaft mit dem Eisen in den Kulturstaaten wüſste ich nicht beizubringen. Auch in den zahlreichen amtlichen Berichten, welche in Mendoza’s Coleccion de documentos inéditos del Archivo de Indias und in den erst neuer- dings mit überflüssigem Aufwand publizierten Cartas de Indias auf- genommen sind, ist mit Ausnahme der schon oben angezogenen Be- merkung des Ondegardo nichts enthalten, was auf ein Fehlen des Eisens hindeuten könnte. Besonders auffallen muſs es aber, daſs gerade solche Beobachter und Berichterstatter, die unmittelbar teilnahmen an der Eroberung oder ihr nur wenig später nachfolgten, darunter ein Cortez, Bernal Diaz, Zurita, Las Casas, Hernandez, ein Pizarro, Cieza de Leon, Sarmiento und Zárate völliges Schweigen in dieser Beziehung beobachten. Und wenn sie selbst auch nirgend den Gebrauch des Eisens ausdrücklich erwähnen, so liegen doch von anderen Zeitgenossen Nach- richten vor, aus denen hervorgeht, daſs es zur Zeit der spanischen Invasion keineswegs unbekannt war. Wenn Acosta allgemein von den Indiern sagt 1): „sie pflegten Kupfer zu benutzen, weil ihre Werk- zeuge und Waffen für gewöhnlich nicht aus Eisen waren, sondern aus Kupfer“, so läſst dies auf eine beschränkte Anwendung des Eisens schlieſsen. Auſserdem versichert Sahagun, der schon im Jahre 1529 nach Mexiko kam, ein tüchtiger Schmied verstehe mit der Schmiede, dem Gebläse und den Kohlen umzugehen, auch das Eisen so schnell zu durchschneiden als ob es Wachs wäre 2), — ohne dabei, was er schwerlich unterlassen hätte, auch nur mit Einem Worte anzudeuten, daſs die Eisenindustrie erst durch die Spanier eingeführt sei. Im
1) Acosta Hist. nat. y moral. lib. IV, c. 3, p. 198: Cobre usaron labrar los Indios porque sus herramientas y armas no eran communmente de hierro, sino de cobre. Die englische Übersetzung v. J. 1604 giebt: As for copper, the Indians have drawne of it, and used it for their arms, the which were not usually of iron, but of copper.
2) Sahagun, Hist. univers. etc. lib. X, c. VII (Kingsborough, Vol. VII, p. 265): El buen herrero usar de fragua, y de fuelles y de carbon y cortar el hierro de presto como si fuese alguna cera. Daſs fuelles statt cañutos gesetzt wird, ergeben die schon oben angeführten Stellen.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
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Weiber ihre Kleider heftelten, Spiegel worin sie sich bewunderten,
Sicheln mit denen sie ihre Saaten schnitten, so wie die Hämmer der
Goldschmiede angefertigt. Aber wie wenig dies alles, oder auch die
bekannte Historie, daſs die Spanier auf dem Marsche nach Xauxa
genötigt waren, ihre Pferde wegen Mangel an Eisen (á falta de hierro)
mit Silber beschlagen zu lassen, beweisend sein kann für die Nicht-
existenz des Eisens überhaupt, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Sonstige Belege aus dem 16. Jahrhundert für die Unbekanntschaft
mit dem Eisen in den Kulturstaaten wüſste ich nicht beizubringen. Auch
in den zahlreichen amtlichen Berichten, welche in Mendoza’s Coleccion
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merkung des Ondegardo nichts enthalten, was auf ein Fehlen des Eisens
hindeuten könnte. Besonders auffallen muſs es aber, daſs gerade
solche Beobachter und Berichterstatter, die unmittelbar teilnahmen an
der Eroberung oder ihr nur wenig später nachfolgten, darunter ein
Cortez, Bernal Diaz, Zurita, Las Casas, Hernandez, ein Pizarro, Cieza
de Leon, Sarmiento und Zárate völliges Schweigen in dieser Beziehung
beobachten. Und wenn sie selbst auch nirgend den Gebrauch des Eisens
ausdrücklich erwähnen, so liegen doch von anderen Zeitgenossen Nach-
richten vor, aus denen hervorgeht, daſs es zur Zeit der spanischen
Invasion keineswegs unbekannt war. Wenn Acosta allgemein von den
Indiern sagt 1): „sie pflegten Kupfer zu benutzen, weil ihre Werk-
zeuge und Waffen für gewöhnlich nicht aus Eisen waren, sondern aus
Kupfer“, so läſst dies auf eine beschränkte Anwendung des Eisens
schlieſsen. Auſserdem versichert Sahagun, der schon im Jahre 1529
nach Mexiko kam, ein tüchtiger Schmied verstehe mit der Schmiede,
dem Gebläse und den Kohlen umzugehen, auch das Eisen so schnell
zu durchschneiden als ob es Wachs wäre 2), — ohne dabei, was er
schwerlich unterlassen hätte, auch nur mit Einem Worte anzudeuten,
daſs die Eisenindustrie erst durch die Spanier eingeführt sei. Im
1) Acosta Hist. nat. y moral. lib. IV, c. 3, p. 198: Cobre usaron labrar los
Indios porque sus herramientas y armas no eran communmente de hierro, sino
de cobre. Die englische Übersetzung v. J. 1604 giebt: As for copper, the Indians
have drawne of it, and used it for their arms, the which were not usually of iron,
but of copper.
2) Sahagun, Hist. univers. etc. lib. X, c. VII (Kingsborough, Vol. VII, p. 265):
El buen herrero usar de fragua, y de fuelles y de carbon y cortar el hierro de
presto como si fuese alguna cera. Daſs fuelles statt cañutos gesetzt wird, ergeben
die schon oben angeführten Stellen.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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