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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Afrika.
nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer
und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.

Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und
Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die
Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische
Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die
Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawele bringen
(Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so
bei Pakhaundi 1), bei Kwasere und in den Ortschaften um Nyangwe.
Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermassen 2):

"In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über
30 Fuss lang und etwa 20 Fuss weit, mit niedrigen Mauern und einem
ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube,
6 Fuss weit, 4 Fuss tief und 20 Fuss lang, an einem Ende etwas flacher
als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuss von dem flacheren Ende,
stand ein Thonofen, 4 Fuss weit. Die kleinere Abteilung der Grube
diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken-
abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur
Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu
einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden
Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden,
flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden,
welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird.
Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen,
in deren Mitte ein Stock von 3 Fuss befestigt ist und werden gezogen,
indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie
möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten
und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung
wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund
Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis
aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von
der Gestalt einer grossen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird
es zum Verkaufe ausgeboten.

Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose
und grössere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da-
gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen
versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen
Hämmer in die blosse Hand genommen werden und keinen Stiel haben."


1) Cameron, Across Africa. I, 338.
2) Cameron a. a. O. I, 371.

Afrika.
nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer
und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.

Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und
Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die
Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische
Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die
Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawélé bringen
(Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so
bei Pakhûndi 1), bei Kwaséré und in den Ortschaften um Nyangwe.
Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermaſsen 2):

„In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über
30 Fuſs lang und etwa 20 Fuſs weit, mit niedrigen Mauern und einem
ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube,
6 Fuſs weit, 4 Fuſs tief und 20 Fuſs lang, an einem Ende etwas flacher
als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuſs von dem flacheren Ende,
stand ein Thonofen, 4 Fuſs weit. Die kleinere Abteilung der Grube
diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken-
abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur
Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu
einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden
Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden,
flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden,
welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird.
Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen,
in deren Mitte ein Stock von 3 Fuſs befestigt ist und werden gezogen,
indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie
möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten
und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung
wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund
Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis
aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von
der Gestalt einer groſsen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird
es zum Verkaufe ausgeboten.

Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose
und gröſsere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da-
gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen
versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen
Hämmer in die bloſse Hand genommen werden und keinen Stiel haben.“


1) Cameron, Across Africa. I, 338.
2) Cameron a. a. O. I, 371.
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[328/0350] Afrika. nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen. Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawélé bringen (Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so bei Pakhûndi 1), bei Kwaséré und in den Ortschaften um Nyangwe. Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermaſsen 2): „In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über 30 Fuſs lang und etwa 20 Fuſs weit, mit niedrigen Mauern und einem ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube, 6 Fuſs weit, 4 Fuſs tief und 20 Fuſs lang, an einem Ende etwas flacher als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuſs von dem flacheren Ende, stand ein Thonofen, 4 Fuſs weit. Die kleinere Abteilung der Grube diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken- abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden, flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden, welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird. Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen, in deren Mitte ein Stock von 3 Fuſs befestigt ist und werden gezogen, indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von der Gestalt einer groſsen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird es zum Verkaufe ausgeboten. Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose und gröſsere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da- gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen Hämmer in die bloſse Hand genommen werden und keinen Stiel haben.“ 1) Cameron, Across Africa. I, 338. 2) Cameron a. a. O. I, 371.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/350>, abgerufen am 23.11.2024.