grenzten Bodenfläche sich ernährt, bei vollkommener Bewirtschaftung ein Pfund Menschenfleisch weniger leben könnte. Ebenso konsequent ist es daher, wenn die Chinesen Maschinen nur insofern für gut halten, als sie die Arbeit erleichtern, sie aber nicht für gut halten, wenn sie durch Aufnutzung eines Kraftkapitals die Arbeit des Menschen unnötig machen. Denn sie erkennen weder in der Unthätigkeit des Menschen, noch in der Steigerung der Bedürfnisse, welche eine grössere Boden- fläche zur Befriedigung verlangt, ein Glück.
Diese grundverschiedene Anschauung, die aus einer ganz abweichen- den Kulturentwickelung entsprang, war die Ursache, dass die Gross- industrie, zu welcher in erster Linie Bergbau und Metallgewinnung gehören, nur sehr geringe Fortschritte bei ihnen machte. Und doch ist China ausserordentlich reich an allen Arten von Bergwerksprodukten; so reich, dass der Gedanke daran dem Europäer zum Trost gereichen kann, wenn er durch die Erinnerung an die rasche Erschöpfung seiner eigenen mineralischen Hilfsmittel sich beunruhigt fühlen sollte.
Gold ist als Münzmetall in Gebrauch und wird in grosser Menge aus dem Flussbett des Yang-tse-kiang, sowie mehrerer Flüsse der Pro- vinzen Yun-nan und Szy-tschuan gewonnen. Einiges wird indes auch aus Birma, Java und Borneo importiert.
Für Silber haben die Chinesen eine grosse Vorliebe. Es wird in einer grossen Anzahl von Bergwerken gewonnen, die verpachtet sind; namentlich befinden sich dieselhen in den Provinzen Kuei-tscheuang und Szy-tschuan, wo man Silber mit Kupfer und in Kuang-tuang, wo man Silber mit Blei zusammen gewinnt. Als das schönste Silber gilt das von Sci-tzi, welches Gold enthält.
Kupfer kommt in mehreren Provinzen vor, doch kommt auch viel aus Japan.
Eisen ist überall verbreitet. Blei und Zinn giebt es gleichfalls im Lande, doch reicht die Produktion für den Bedarf nicht hin. Da- gegen befindet sich ein Überfluss von Steinkohlen im Lande, und sind diese auch schon seit ältester Zeit benutzt worden.
Betrachtet man die einzelnen Provinzen, so enthält die Provinz Schan-se besonders Eisen, Salz, Marmor und Jaspis; Yun-nan Gold, Silber, Eisen, Kupfer und Zinn; Sze-tschuan Kupfer, Eisen und Zinn; der Bergdistrikt Kwei-Choo aber alle Arten der Metalle. Die Insel Formosa enthält Gold, Silber, Kupfer und Steinkohlen, während in Korea Gold, Silber, Eisen und Steinkohle gewonnen werden, dort wur- den nachweislich schon im zehnten Jahrhundert Degen, Piken und Musketen gemacht.
Chinesen.
grenzten Bodenfläche sich ernährt, bei vollkommener Bewirtschaftung ein Pfund Menschenfleisch weniger leben könnte. Ebenso konsequent ist es daher, wenn die Chinesen Maschinen nur insofern für gut halten, als sie die Arbeit erleichtern, sie aber nicht für gut halten, wenn sie durch Aufnutzung eines Kraftkapitals die Arbeit des Menschen unnötig machen. Denn sie erkennen weder in der Unthätigkeit des Menschen, noch in der Steigerung der Bedürfnisse, welche eine gröſsere Boden- fläche zur Befriedigung verlangt, ein Glück.
Diese grundverschiedene Anschauung, die aus einer ganz abweichen- den Kulturentwickelung entsprang, war die Ursache, daſs die Groſs- industrie, zu welcher in erster Linie Bergbau und Metallgewinnung gehören, nur sehr geringe Fortschritte bei ihnen machte. Und doch ist China auſserordentlich reich an allen Arten von Bergwerksprodukten; so reich, daſs der Gedanke daran dem Europäer zum Trost gereichen kann, wenn er durch die Erinnerung an die rasche Erschöpfung seiner eigenen mineralischen Hilfsmittel sich beunruhigt fühlen sollte.
Gold ist als Münzmetall in Gebrauch und wird in groſser Menge aus dem Fluſsbett des Yang-tse-kiang, sowie mehrerer Flüsse der Pro- vinzen Yun-nan und Szy-tschuan gewonnen. Einiges wird indes auch aus Birma, Java und Borneo importiert.
Für Silber haben die Chinesen eine groſse Vorliebe. Es wird in einer groſsen Anzahl von Bergwerken gewonnen, die verpachtet sind; namentlich befinden sich dieselhen in den Provinzen Kuei-tscheuang und Szy-tschuan, wo man Silber mit Kupfer und in Kuang-tuang, wo man Silber mit Blei zusammen gewinnt. Als das schönste Silber gilt das von Sci-tzi, welches Gold enthält.
Kupfer kommt in mehreren Provinzen vor, doch kommt auch viel aus Japan.
Eisen ist überall verbreitet. Blei und Zinn giebt es gleichfalls im Lande, doch reicht die Produktion für den Bedarf nicht hin. Da- gegen befindet sich ein Überfluſs von Steinkohlen im Lande, und sind diese auch schon seit ältester Zeit benutzt worden.
Betrachtet man die einzelnen Provinzen, so enthält die Provinz Schan-se besonders Eisen, Salz, Marmor und Jaspis; Yun-nan Gold, Silber, Eisen, Kupfer und Zinn; Sze-tschuan Kupfer, Eisen und Zinn; der Bergdistrikt Kwei-Choo aber alle Arten der Metalle. Die Insel Formosa enthält Gold, Silber, Kupfer und Steinkohlen, während in Korea Gold, Silber, Eisen und Steinkohle gewonnen werden, dort wur- den nachweislich schon im zehnten Jahrhundert Degen, Piken und Musketen gemacht.
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Chinesen.
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als sie die Arbeit erleichtern, sie aber nicht für gut halten, wenn sie
durch Aufnutzung eines Kraftkapitals die Arbeit des Menschen unnötig
machen. Denn sie erkennen weder in der Unthätigkeit des Menschen,
noch in der Steigerung der Bedürfnisse, welche eine gröſsere Boden-
fläche zur Befriedigung verlangt, ein Glück.
Diese grundverschiedene Anschauung, die aus einer ganz abweichen-
den Kulturentwickelung entsprang, war die Ursache, daſs die Groſs-
industrie, zu welcher in erster Linie Bergbau und Metallgewinnung
gehören, nur sehr geringe Fortschritte bei ihnen machte. Und doch
ist China auſserordentlich reich an allen Arten von Bergwerksprodukten;
so reich, daſs der Gedanke daran dem Europäer zum Trost gereichen
kann, wenn er durch die Erinnerung an die rasche Erschöpfung seiner
eigenen mineralischen Hilfsmittel sich beunruhigt fühlen sollte.
Gold ist als Münzmetall in Gebrauch und wird in groſser Menge
aus dem Fluſsbett des Yang-tse-kiang, sowie mehrerer Flüsse der Pro-
vinzen Yun-nan und Szy-tschuan gewonnen. Einiges wird indes auch
aus Birma, Java und Borneo importiert.
Für Silber haben die Chinesen eine groſse Vorliebe. Es wird in
einer groſsen Anzahl von Bergwerken gewonnen, die verpachtet sind;
namentlich befinden sich dieselhen in den Provinzen Kuei-tscheuang
und Szy-tschuan, wo man Silber mit Kupfer und in Kuang-tuang, wo
man Silber mit Blei zusammen gewinnt. Als das schönste Silber gilt
das von Sci-tzi, welches Gold enthält.
Kupfer kommt in mehreren Provinzen vor, doch kommt auch
viel aus Japan.
Eisen ist überall verbreitet. Blei und Zinn giebt es gleichfalls
im Lande, doch reicht die Produktion für den Bedarf nicht hin. Da-
gegen befindet sich ein Überfluſs von Steinkohlen im Lande, und sind
diese auch schon seit ältester Zeit benutzt worden.
Betrachtet man die einzelnen Provinzen, so enthält die Provinz
Schan-se besonders Eisen, Salz, Marmor und Jaspis; Yun-nan Gold,
Silber, Eisen, Kupfer und Zinn; Sze-tschuan Kupfer, Eisen und Zinn;
der Bergdistrikt Kwei-Choo aber alle Arten der Metalle. Die Insel
Formosa enthält Gold, Silber, Kupfer und Steinkohlen, während in
Korea Gold, Silber, Eisen und Steinkohle gewonnen werden, dort wur-
den nachweislich schon im zehnten Jahrhundert Degen, Piken und
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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