Die Burätenschmiede schlagen das Silber so dünn aus wie nur möglich; machen dann die Stelle der Eisenware, welche sie belegen wollen, mit einem Rauhhammer, dessen Bart einer Feile gleicht, straubig und punktiert. Sodann schneiden sie das Silber nach Schablonen von Birkenrinde in solche Figuren wie sie verlangt werden und legen es auf die rauh und zuvor heiss gemachte Stelle des Eisens, schlagen es dann sanft auf dem Rauhhammer, wodurch sich das Silber in die rauhe Oberfläche eindrückt. Dann lassen sie die Stücke im Feuer blau anlaufen, machen die ganze Fläche mit dem Polierhammer recht glatt und reiben dieselbe zum Schlusse mit einem Stückchen Holzkohle blank. Zinn und Gold werden in derselben Weise auf- getragen. Besonders für Pferdegeschirr, Hirschfänger, Löffel, Leib- gürtel und zu Ornamenten ist diese eingelegte Arbeit beliebt.
Dieselbe Kunst findet man auch bei den westlicher wohnenden, in Filzgurten (Zelten) lebenden Kalmücken 1). Ihr einfaches Haus- gerät besteht aus einem grossen, eisernen Dreifuss, unter welchem be- ständig Feuer brennt, auf dem sie ihre Speisen in grossen, flachen, eisernen Schalen kochen. Dergleichen Schalen werden von den russi- schen Eisenhütten in grosser Menge gegossen und an die Steppenvölker verkauft. Jeder wohlequipierte Kalmücke besitzt auch seinen Panzer, der nach orientalischer Art aus einem Netzwerke von eisernen und stählernen Ringen besteht 2). Diese Panzer machen sie sich jedoch nicht selbst, sondern erhandeln sie von den Turkomanen. Ein Ringel- und Schuppenpanzer aus poliertem Stahl wird auf funfzig und mehr Pferde geschätzt. Ein schlechter gilt immerhin noch 6 bis 8 Pferde. Die kleinen Eisenarbeiten machen sie dagegen selbst, wie sie auch nach bratzkischer Art zu damaszieren verstehen. Weiter nördlich in der Gegend des Angaraflusses treiben die Sibiriaken3) ebenfalls diese Art von Arbeit. Sie hauen die Rauhigkeit mit scharfen Meisseln ein und überziehen nach der gleichen Methode, z. B. ihre eisernen Löffel, vollständig mit Zinn.
Die Kirgisen sind zwar auch seit alter Zeit mit dem Eisen be- kannt, aber ihre Schmiedekunst ist nicht sehr vorgeschritten.
Interessant ist dagegen die Schmelzarbeit der eigentlichen "Schmiedetataren4)" (kusnetzki-tatari). Ihr Schmelzofen steht in ihren Hütten an dem Orte, wo man sonst kocht und besteht aus einer in die Erde gemachten Höhlung von etwa 1/2 Fuss Durchmesser
1) Pallas, Reise nach Sibirien, I, 240.
2) Die baktrische Rüstung Herodots.
3) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 407.
4) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 280.
Turanier und Mongolen.
Die Burätenschmiede schlagen das Silber so dünn aus wie nur möglich; machen dann die Stelle der Eisenware, welche sie belegen wollen, mit einem Rauhhammer, dessen Bart einer Feile gleicht, straubig und punktiert. Sodann schneiden sie das Silber nach Schablonen von Birkenrinde in solche Figuren wie sie verlangt werden und legen es auf die rauh und zuvor heiſs gemachte Stelle des Eisens, schlagen es dann sanft auf dem Rauhhammer, wodurch sich das Silber in die rauhe Oberfläche eindrückt. Dann lassen sie die Stücke im Feuer blau anlaufen, machen die ganze Fläche mit dem Polierhammer recht glatt und reiben dieselbe zum Schluſse mit einem Stückchen Holzkohle blank. Zinn und Gold werden in derselben Weise auf- getragen. Besonders für Pferdegeschirr, Hirschfänger, Löffel, Leib- gürtel und zu Ornamenten ist diese eingelegte Arbeit beliebt.
Dieselbe Kunst findet man auch bei den westlicher wohnenden, in Filzgurten (Zelten) lebenden Kalmücken 1). Ihr einfaches Haus- gerät besteht aus einem groſsen, eisernen Dreifuſs, unter welchem be- ständig Feuer brennt, auf dem sie ihre Speisen in groſsen, flachen, eisernen Schalen kochen. Dergleichen Schalen werden von den russi- schen Eisenhütten in groſser Menge gegossen und an die Steppenvölker verkauft. Jeder wohlequipierte Kalmücke besitzt auch seinen Panzer, der nach orientalischer Art aus einem Netzwerke von eisernen und stählernen Ringen besteht 2). Diese Panzer machen sie sich jedoch nicht selbst, sondern erhandeln sie von den Turkomanen. Ein Ringel- und Schuppenpanzer aus poliertem Stahl wird auf funfzig und mehr Pferde geschätzt. Ein schlechter gilt immerhin noch 6 bis 8 Pferde. Die kleinen Eisenarbeiten machen sie dagegen selbst, wie sie auch nach bratzkischer Art zu damaszieren verstehen. Weiter nördlich in der Gegend des Angaraflusses treiben die Sibiriaken3) ebenfalls diese Art von Arbeit. Sie hauen die Rauhigkeit mit scharfen Meiſseln ein und überziehen nach der gleichen Methode, z. B. ihre eisernen Löffel, vollständig mit Zinn.
Die Kirgisen sind zwar auch seit alter Zeit mit dem Eisen be- kannt, aber ihre Schmiedekunst ist nicht sehr vorgeschritten.
Interessant ist dagegen die Schmelzarbeit der eigentlichen „Schmiedetataren4)“ (kusnetzki-tatari). Ihr Schmelzofen steht in ihren Hütten an dem Orte, wo man sonst kocht und besteht aus einer in die Erde gemachten Höhlung von etwa ½ Fuſs Durchmesser
1) Pallas, Reise nach Sibirien, I, 240.
2) Die baktrische Rüstung Herodots.
3) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 407.
4) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 280.
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Turanier und Mongolen.
Die Burätenschmiede schlagen das Silber so dünn aus wie nur
möglich; machen dann die Stelle der Eisenware, welche sie belegen
wollen, mit einem Rauhhammer, dessen Bart einer Feile gleicht,
straubig und punktiert. Sodann schneiden sie das Silber nach
Schablonen von Birkenrinde in solche Figuren wie sie verlangt werden
und legen es auf die rauh und zuvor heiſs gemachte Stelle des Eisens,
schlagen es dann sanft auf dem Rauhhammer, wodurch sich das Silber
in die rauhe Oberfläche eindrückt. Dann lassen sie die Stücke im
Feuer blau anlaufen, machen die ganze Fläche mit dem Polierhammer
recht glatt und reiben dieselbe zum Schluſse mit einem Stückchen
Holzkohle blank. Zinn und Gold werden in derselben Weise auf-
getragen. Besonders für Pferdegeschirr, Hirschfänger, Löffel, Leib-
gürtel und zu Ornamenten ist diese eingelegte Arbeit beliebt.
Dieselbe Kunst findet man auch bei den westlicher wohnenden,
in Filzgurten (Zelten) lebenden Kalmücken 1). Ihr einfaches Haus-
gerät besteht aus einem groſsen, eisernen Dreifuſs, unter welchem be-
ständig Feuer brennt, auf dem sie ihre Speisen in groſsen, flachen,
eisernen Schalen kochen. Dergleichen Schalen werden von den russi-
schen Eisenhütten in groſser Menge gegossen und an die Steppenvölker
verkauft. Jeder wohlequipierte Kalmücke besitzt auch seinen Panzer,
der nach orientalischer Art aus einem Netzwerke von eisernen und
stählernen Ringen besteht 2). Diese Panzer machen sie sich jedoch
nicht selbst, sondern erhandeln sie von den Turkomanen. Ein Ringel-
und Schuppenpanzer aus poliertem Stahl wird auf funfzig und mehr
Pferde geschätzt. Ein schlechter gilt immerhin noch 6 bis 8 Pferde.
Die kleinen Eisenarbeiten machen sie dagegen selbst, wie sie auch
nach bratzkischer Art zu damaszieren verstehen. Weiter nördlich in
der Gegend des Angaraflusses treiben die Sibiriaken 3) ebenfalls
diese Art von Arbeit. Sie hauen die Rauhigkeit mit scharfen Meiſseln
ein und überziehen nach der gleichen Methode, z. B. ihre eisernen
Löffel, vollständig mit Zinn.
Die Kirgisen sind zwar auch seit alter Zeit mit dem Eisen be-
kannt, aber ihre Schmiedekunst ist nicht sehr vorgeschritten.
Interessant ist dagegen die Schmelzarbeit der eigentlichen
„Schmiedetataren 4)“ (kusnetzki-tatari). Ihr Schmelzofen steht
in ihren Hütten an dem Orte, wo man sonst kocht und besteht aus
einer in die Erde gemachten Höhlung von etwa ½ Fuſs Durchmesser
1) Pallas, Reise nach Sibirien, I, 240.
2) Die baktrische Rüstung Herodots.
3) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 407.
4) Gmelin, Reise durch Sibirien, I, 280.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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