natürlichen Zug. Die Tschudenschürfe sind es gewesen, die überall Veranlassung zu russischen Bergwerksunternehmungen gegeben haben. Die massenhaften Schlackenhalden deuten auf eine starke Bevölkerung und langdauernden Betrieb.
Bei Krasnojarsk hat man inmitten der Grabhügel Spuren alter Goldwäschereien gefunden; ebenso in Daurien. Die Schürfe bei Ner- tschinsk deuten auf Kupfer-, Blei- und Silbergewinnung. Die Kupfer- schlacken der Alten sind meist so reich an Metall, dass sie nochmals ausgeschmolzen werden.
Die Tschudengräber finden sich am ganzen Nordrande Hoch- asiens und erstrecken sich durch die Gebiete der Kirgisen, Kalmücken, Tungusen und Buräten, 4 bis 500 Meilen weit. Am Jenisei heissen sie Goldhügel, da in ihnen Spangen und Zierrate von Gold gefunden werden, die den Toten mit in das Grab gegeben wurden. Diese Gold- hügel werden schon seit undenklich langer Zeit von den Eingeborenen umgewühlt. Im Erzgebirge des Altai finden sich die Gräber meist in der Nähe alter Schlackenhalden.
Die Tschudengräber sind nach Konstruktion und Inhalt sehr ab- weichend. Pallas unterschied vier Arten:
Erstens: Die Majaki oder Denksäulen. Sie sind kunstvoll hergerichtet. Das Grab ist ringsum mit grossen, aufgerichteten, vier- eckigen Felsstücken umgeben; über dem Grabe selbst sind Steine auf- gehäuft, darinnen sind die ganzen Leichen beigesetzt, manchmal mit Pferden, die Zaum und Steigbügel tragen. Dabei finden sich mancherlei Schmucksachen von Gold und Silber, besonders Gefässe, Arm- und Ohrringe mit Perlen geschmückt, Salbentöpfchen, auch irdene und steinerne Aschenurnen; ferner Steigbügel von Eisen mit Silber ver- ziert an Sätteln, die den deutschen Sätteln ähnlich sehen. In einem Grabe am Jenisei wurde auch ein eisernes Messer, mit einer auf der Klinge angelöteten Schlange gefunden. Auch Gold in Barren hat man entdeckt. Meistenteils liegen mehrere Leichen in einem solchen Grabe beisammen.
Die zweite Art der Tschudengräber, Slanzi genannt, sind mit grossen Steintafeln bedeckt. In ihnen finden sich meist verbrannte Knochen, dabei häufig Steigbügel.
Die dritte Art sind die "Totenhügel". Es befinden sich meist mehrere Gräber in einem solchen Hügel. In jeder Ecke stehen höl- zerne Pfeiler mit Querbalken verbunden, die mit Birkenrinde belegt und mit Erde beschüttet wurden. Man will in diesen Grabkammern Holzsärge mit eisernen Nägeln gefunden haben. Silber findet sich
Turanier und Mongolen.
natürlichen Zug. Die Tschudenschürfe sind es gewesen, die überall Veranlassung zu russischen Bergwerksunternehmungen gegeben haben. Die massenhaften Schlackenhalden deuten auf eine starke Bevölkerung und langdauernden Betrieb.
Bei Krasnojarsk hat man inmitten der Grabhügel Spuren alter Goldwäschereien gefunden; ebenso in Daurien. Die Schürfe bei Ner- tschinsk deuten auf Kupfer-, Blei- und Silbergewinnung. Die Kupfer- schlacken der Alten sind meist so reich an Metall, daſs sie nochmals ausgeschmolzen werden.
Die Tschudengräber finden sich am ganzen Nordrande Hoch- asiens und erstrecken sich durch die Gebiete der Kirgisen, Kalmücken, Tungusen und Buräten, 4 bis 500 Meilen weit. Am Jenisei heiſsen sie Goldhügel, da in ihnen Spangen und Zierrate von Gold gefunden werden, die den Toten mit in das Grab gegeben wurden. Diese Gold- hügel werden schon seit undenklich langer Zeit von den Eingeborenen umgewühlt. Im Erzgebirge des Altai finden sich die Gräber meist in der Nähe alter Schlackenhalden.
Die Tschudengräber sind nach Konstruktion und Inhalt sehr ab- weichend. Pallas unterschied vier Arten:
Erstens: Die Majaki oder Denksäulen. Sie sind kunstvoll hergerichtet. Das Grab ist ringsum mit groſsen, aufgerichteten, vier- eckigen Felsstücken umgeben; über dem Grabe selbst sind Steine auf- gehäuft, darinnen sind die ganzen Leichen beigesetzt, manchmal mit Pferden, die Zaum und Steigbügel tragen. Dabei finden sich mancherlei Schmucksachen von Gold und Silber, besonders Gefäſse, Arm- und Ohrringe mit Perlen geschmückt, Salbentöpfchen, auch irdene und steinerne Aschenurnen; ferner Steigbügel von Eisen mit Silber ver- ziert an Sätteln, die den deutschen Sätteln ähnlich sehen. In einem Grabe am Jenisei wurde auch ein eisernes Messer, mit einer auf der Klinge angelöteten Schlange gefunden. Auch Gold in Barren hat man entdeckt. Meistenteils liegen mehrere Leichen in einem solchen Grabe beisammen.
Die zweite Art der Tschudengräber, Slanzi genannt, sind mit groſsen Steintafeln bedeckt. In ihnen finden sich meist verbrannte Knochen, dabei häufig Steigbügel.
Die dritte Art sind die „Totenhügel“. Es befinden sich meist mehrere Gräber in einem solchen Hügel. In jeder Ecke stehen höl- zerne Pfeiler mit Querbalken verbunden, die mit Birkenrinde belegt und mit Erde beschüttet wurden. Man will in diesen Grabkammern Holzsärge mit eisernen Nägeln gefunden haben. Silber findet sich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0300"n="278"/><fwplace="top"type="header">Turanier und Mongolen.</fw><lb/>
natürlichen Zug. Die Tschudenschürfe sind es gewesen, die überall<lb/>
Veranlassung zu russischen Bergwerksunternehmungen gegeben haben.<lb/>
Die massenhaften Schlackenhalden deuten auf eine starke Bevölkerung<lb/>
und langdauernden Betrieb.</p><lb/><p>Bei Krasnojarsk hat man inmitten der Grabhügel Spuren alter<lb/>
Goldwäschereien gefunden; ebenso in Daurien. Die Schürfe bei Ner-<lb/>
tschinsk deuten auf Kupfer-, Blei- und Silbergewinnung. Die Kupfer-<lb/>
schlacken der Alten sind meist so reich an Metall, daſs sie nochmals<lb/>
ausgeschmolzen werden.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Tschudengräber</hi> finden sich am ganzen Nordrande Hoch-<lb/>
asiens und erstrecken sich durch die Gebiete der Kirgisen, Kalmücken,<lb/>
Tungusen und Buräten, 4 bis 500 Meilen weit. Am Jenisei heiſsen sie<lb/>
Goldhügel, da in ihnen Spangen und Zierrate von Gold gefunden<lb/>
werden, die den Toten mit in das Grab gegeben wurden. Diese Gold-<lb/>
hügel werden schon seit undenklich langer Zeit von den Eingeborenen<lb/>
umgewühlt. Im Erzgebirge des Altai finden sich die Gräber meist in<lb/>
der Nähe alter Schlackenhalden.</p><lb/><p>Die Tschudengräber sind nach Konstruktion und Inhalt sehr ab-<lb/>
weichend. Pallas unterschied vier Arten:</p><lb/><p><hirendition="#g">Erstens</hi>: Die <hirendition="#g">Majaki</hi> oder <hirendition="#g">Denksäulen</hi>. Sie sind kunstvoll<lb/>
hergerichtet. Das Grab ist ringsum mit groſsen, aufgerichteten, vier-<lb/>
eckigen Felsstücken umgeben; über dem Grabe selbst sind Steine auf-<lb/>
gehäuft, darinnen sind die ganzen Leichen beigesetzt, manchmal mit<lb/>
Pferden, die Zaum und Steigbügel tragen. Dabei finden sich mancherlei<lb/>
Schmucksachen von Gold und Silber, besonders Gefäſse, Arm- und<lb/>
Ohrringe mit Perlen geschmückt, Salbentöpfchen, auch irdene und<lb/>
steinerne Aschenurnen; ferner Steigbügel von Eisen mit Silber ver-<lb/>
ziert an Sätteln, die den deutschen Sätteln ähnlich sehen. In einem<lb/>
Grabe am Jenisei wurde auch ein eisernes Messer, mit einer auf der<lb/>
Klinge angelöteten Schlange gefunden. Auch Gold in Barren hat man<lb/>
entdeckt. Meistenteils liegen mehrere Leichen in einem solchen<lb/>
Grabe beisammen.</p><lb/><p>Die zweite Art der Tschudengräber, <hirendition="#g">Slanzi</hi> genannt, sind mit<lb/>
groſsen Steintafeln bedeckt. In ihnen finden sich meist verbrannte<lb/>
Knochen, dabei häufig Steigbügel.</p><lb/><p>Die dritte Art sind die „<hirendition="#g">Totenhügel</hi>“. Es befinden sich meist<lb/>
mehrere Gräber in einem solchen Hügel. In jeder Ecke stehen höl-<lb/>
zerne Pfeiler mit Querbalken verbunden, die mit Birkenrinde belegt<lb/>
und mit Erde beschüttet wurden. Man will in diesen Grabkammern<lb/>
Holzsärge mit eisernen Nägeln gefunden haben. Silber findet sich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[278/0300]
Turanier und Mongolen.
natürlichen Zug. Die Tschudenschürfe sind es gewesen, die überall
Veranlassung zu russischen Bergwerksunternehmungen gegeben haben.
Die massenhaften Schlackenhalden deuten auf eine starke Bevölkerung
und langdauernden Betrieb.
Bei Krasnojarsk hat man inmitten der Grabhügel Spuren alter
Goldwäschereien gefunden; ebenso in Daurien. Die Schürfe bei Ner-
tschinsk deuten auf Kupfer-, Blei- und Silbergewinnung. Die Kupfer-
schlacken der Alten sind meist so reich an Metall, daſs sie nochmals
ausgeschmolzen werden.
Die Tschudengräber finden sich am ganzen Nordrande Hoch-
asiens und erstrecken sich durch die Gebiete der Kirgisen, Kalmücken,
Tungusen und Buräten, 4 bis 500 Meilen weit. Am Jenisei heiſsen sie
Goldhügel, da in ihnen Spangen und Zierrate von Gold gefunden
werden, die den Toten mit in das Grab gegeben wurden. Diese Gold-
hügel werden schon seit undenklich langer Zeit von den Eingeborenen
umgewühlt. Im Erzgebirge des Altai finden sich die Gräber meist in
der Nähe alter Schlackenhalden.
Die Tschudengräber sind nach Konstruktion und Inhalt sehr ab-
weichend. Pallas unterschied vier Arten:
Erstens: Die Majaki oder Denksäulen. Sie sind kunstvoll
hergerichtet. Das Grab ist ringsum mit groſsen, aufgerichteten, vier-
eckigen Felsstücken umgeben; über dem Grabe selbst sind Steine auf-
gehäuft, darinnen sind die ganzen Leichen beigesetzt, manchmal mit
Pferden, die Zaum und Steigbügel tragen. Dabei finden sich mancherlei
Schmucksachen von Gold und Silber, besonders Gefäſse, Arm- und
Ohrringe mit Perlen geschmückt, Salbentöpfchen, auch irdene und
steinerne Aschenurnen; ferner Steigbügel von Eisen mit Silber ver-
ziert an Sätteln, die den deutschen Sätteln ähnlich sehen. In einem
Grabe am Jenisei wurde auch ein eisernes Messer, mit einer auf der
Klinge angelöteten Schlange gefunden. Auch Gold in Barren hat man
entdeckt. Meistenteils liegen mehrere Leichen in einem solchen
Grabe beisammen.
Die zweite Art der Tschudengräber, Slanzi genannt, sind mit
groſsen Steintafeln bedeckt. In ihnen finden sich meist verbrannte
Knochen, dabei häufig Steigbügel.
Die dritte Art sind die „Totenhügel“. Es befinden sich meist
mehrere Gräber in einem solchen Hügel. In jeder Ecke stehen höl-
zerne Pfeiler mit Querbalken verbunden, die mit Birkenrinde belegt
und mit Erde beschüttet wurden. Man will in diesen Grabkammern
Holzsärge mit eisernen Nägeln gefunden haben. Silber findet sich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/300>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.