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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.
Fette gereinigt, und mit Wasser abgespült; hierauf wird sie in die
starke Vitriollösung, die auf 1 Teil des Salzes 3,77 Teile Wasser ent-
hält, und welche in einem Bleigefässe zum Kochen erhitzt ist, ein-
getaucht und nochmals abgespült. Sobald der Grund und die Streifen
hervortreten, wäscht man sie wieder mit der schwachen Lauge und mit
kaltem Wasser, trocknet sie möglichst rasch, bei gelindem Wischen mit
einem leinenen Lappen. Bleiben Stellen feucht, so bilden sie Flecke.
Statt der Mineralsäuren kann man auch Citronensaft oder Bieressig
anwenden. Die geätzten Gegenstände werden mit Baumöl überstrichen
und trocken gerieben. Solcher Stahl widersteht dem Roste besser als
ungeätzter. Anossow veranschlagte die Kosten der Darstellung und
Verarbeitung auf das Vierfache des uralischen Gussstahles. Die Klingen
aus gutem Bulat sind aber auch besser und feiner als solche aus eng-
lischem Gussstahl, namentlich sollen die Schneiden fast doppelt so
lange halten. Die gründlichen Untersuchungen und Mitteilungen von
Anossow werfen ein helles Licht auf die Darstellung des Wutzstahles
und seine Verarbeitung. Und da diese in Indien ihre Heimat hat, so
haben wir sie um somehr hier mitgeteilt, da auch bei der Verarbeitung
des Wutz von den indischen Schmieden gerade so verfahren wird, wie
von den persischen und turkomanischen.

Aus dem Angeführten geht ferner klar hervor, dass der echte
orientalische Damaststahl nicht das ist, wofür er bei uns meist gehalten
wird, für ein aus Stahl und Eisenstäben zusammengeschweisstes Pro-
dukt, dessen Zeichnung durch diese Zusammensetzung künstlich hervor-
gebracht worden ist, sondern die Zeichnung des echten Damastes
entsteht durch eine innere Krystallisation, die der geschmolzene
Gussstahl bei seiner langsamen Erstarrung im Schmelztiegel erleidet.
Deshalb ist auch die Zeichnung des indischen Damastes ein noch
sichereres Kennzeichen für die Güte des Stahls, als dies bei dem zu-
sammengeschweissten Damaststahl der Fall ist, da einerseits keine auf
andere Art dargestellte Stahlsorte diese Muster zeigen, andererseits
auch schon kleine Verschiedenheiten der Darstellung oder Unvor-
sichtigkeiten bei der Behandlung die Zeichnung des indischen Stahls
verändern oder zerstören. Durch das Zusammenschweissen von Eisen-
stücken, durch Dublieren und Ätzen kann man wie bekannt ebenfalls
regelmässige Muster erzeugen, die mehr oder weniger dem echten
Damast ähnlich sind und es ist wohl möglich, dass diese Erzeugung
künstlicher Muster auf Stahl die Nachahmung resp. Verfälschung des
indischen Stahls bezweckte. Doch sind künstliche Muster von den
natürlichen des Wutzstahls leicht zu unterscheiden, da auch die kom-

Die Arier in Asien.
Fette gereinigt, und mit Wasser abgespült; hierauf wird sie in die
starke Vitriollösung, die auf 1 Teil des Salzes 3,77 Teile Wasser ent-
hält, und welche in einem Bleigefäſse zum Kochen erhitzt ist, ein-
getaucht und nochmals abgespült. Sobald der Grund und die Streifen
hervortreten, wäscht man sie wieder mit der schwachen Lauge und mit
kaltem Wasser, trocknet sie möglichst rasch, bei gelindem Wischen mit
einem leinenen Lappen. Bleiben Stellen feucht, so bilden sie Flecke.
Statt der Mineralsäuren kann man auch Citronensaft oder Bieressig
anwenden. Die geätzten Gegenstände werden mit Baumöl überstrichen
und trocken gerieben. Solcher Stahl widersteht dem Roste besser als
ungeätzter. Anossow veranschlagte die Kosten der Darstellung und
Verarbeitung auf das Vierfache des uralischen Guſsstahles. Die Klingen
aus gutem Bulat sind aber auch besser und feiner als solche aus eng-
lischem Guſsstahl, namentlich sollen die Schneiden fast doppelt so
lange halten. Die gründlichen Untersuchungen und Mitteilungen von
Anossow werfen ein helles Licht auf die Darstellung des Wutzstahles
und seine Verarbeitung. Und da diese in Indien ihre Heimat hat, so
haben wir sie um somehr hier mitgeteilt, da auch bei der Verarbeitung
des Wutz von den indischen Schmieden gerade so verfahren wird, wie
von den persischen und turkomanischen.

Aus dem Angeführten geht ferner klar hervor, daſs der echte
orientalische Damaststahl nicht das ist, wofür er bei uns meist gehalten
wird, für ein aus Stahl und Eisenstäben zusammengeschweiſstes Pro-
dukt, dessen Zeichnung durch diese Zusammensetzung künstlich hervor-
gebracht worden ist, sondern die Zeichnung des echten Damastes
entsteht durch eine innere Krystallisation, die der geschmolzene
Guſsstahl bei seiner langsamen Erstarrung im Schmelztiegel erleidet.
Deshalb ist auch die Zeichnung des indischen Damastes ein noch
sichereres Kennzeichen für die Güte des Stahls, als dies bei dem zu-
sammengeschweiſsten Damaststahl der Fall ist, da einerseits keine auf
andere Art dargestellte Stahlsorte diese Muster zeigen, andererseits
auch schon kleine Verschiedenheiten der Darstellung oder Unvor-
sichtigkeiten bei der Behandlung die Zeichnung des indischen Stahls
verändern oder zerstören. Durch das Zusammenschweiſsen von Eisen-
stücken, durch Dublieren und Ätzen kann man wie bekannt ebenfalls
regelmäſsige Muster erzeugen, die mehr oder weniger dem echten
Damast ähnlich sind und es ist wohl möglich, daſs diese Erzeugung
künstlicher Muster auf Stahl die Nachahmung resp. Verfälschung des
indischen Stahls bezweckte. Doch sind künstliche Muster von den
natürlichen des Wutzstahls leicht zu unterscheiden, da auch die kom-

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[249/0271] Die Arier in Asien. Fette gereinigt, und mit Wasser abgespült; hierauf wird sie in die starke Vitriollösung, die auf 1 Teil des Salzes 3,77 Teile Wasser ent- hält, und welche in einem Bleigefäſse zum Kochen erhitzt ist, ein- getaucht und nochmals abgespült. Sobald der Grund und die Streifen hervortreten, wäscht man sie wieder mit der schwachen Lauge und mit kaltem Wasser, trocknet sie möglichst rasch, bei gelindem Wischen mit einem leinenen Lappen. Bleiben Stellen feucht, so bilden sie Flecke. Statt der Mineralsäuren kann man auch Citronensaft oder Bieressig anwenden. Die geätzten Gegenstände werden mit Baumöl überstrichen und trocken gerieben. Solcher Stahl widersteht dem Roste besser als ungeätzter. Anossow veranschlagte die Kosten der Darstellung und Verarbeitung auf das Vierfache des uralischen Guſsstahles. Die Klingen aus gutem Bulat sind aber auch besser und feiner als solche aus eng- lischem Guſsstahl, namentlich sollen die Schneiden fast doppelt so lange halten. Die gründlichen Untersuchungen und Mitteilungen von Anossow werfen ein helles Licht auf die Darstellung des Wutzstahles und seine Verarbeitung. Und da diese in Indien ihre Heimat hat, so haben wir sie um somehr hier mitgeteilt, da auch bei der Verarbeitung des Wutz von den indischen Schmieden gerade so verfahren wird, wie von den persischen und turkomanischen. Aus dem Angeführten geht ferner klar hervor, daſs der echte orientalische Damaststahl nicht das ist, wofür er bei uns meist gehalten wird, für ein aus Stahl und Eisenstäben zusammengeschweiſstes Pro- dukt, dessen Zeichnung durch diese Zusammensetzung künstlich hervor- gebracht worden ist, sondern die Zeichnung des echten Damastes entsteht durch eine innere Krystallisation, die der geschmolzene Guſsstahl bei seiner langsamen Erstarrung im Schmelztiegel erleidet. Deshalb ist auch die Zeichnung des indischen Damastes ein noch sichereres Kennzeichen für die Güte des Stahls, als dies bei dem zu- sammengeschweiſsten Damaststahl der Fall ist, da einerseits keine auf andere Art dargestellte Stahlsorte diese Muster zeigen, andererseits auch schon kleine Verschiedenheiten der Darstellung oder Unvor- sichtigkeiten bei der Behandlung die Zeichnung des indischen Stahls verändern oder zerstören. Durch das Zusammenschweiſsen von Eisen- stücken, durch Dublieren und Ätzen kann man wie bekannt ebenfalls regelmäſsige Muster erzeugen, die mehr oder weniger dem echten Damast ähnlich sind und es ist wohl möglich, daſs diese Erzeugung künstlicher Muster auf Stahl die Nachahmung resp. Verfälschung des indischen Stahls bezweckte. Doch sind künstliche Muster von den natürlichen des Wutzstahls leicht zu unterscheiden, da auch die kom-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/271>, abgerufen am 11.05.2024.