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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.
seiner rechten Hüfte und stiess es ihm . . . . in den Bauch, dass auch
das Heft der Schneide noch hinein fuhr und das Fett das Heft verschloss."
Hier handelt es sich um einen, mit grosser List und Vorsicht aus-
geführten Meuchelmord. Das Schwert war dolchartig und kurz, um
es besser verbergen zu können, er versteckte es in seinem Gewand auf
der rechten, verkehrten Seite, um weniger Verdacht zu erregen, auf
den furchtbaren Todesstoss mit der linken Hand hatte er sich jeden-
falls eingeübt. Der Erzähler gibt die ungewöhnlichen Einzelheiten,
nämlich, dass er die Waffe auf der rechten Seite in seinem Gewand
verbarg und den Stoss mit der Linken führte, gerade deshalb an, weil
dies gegen den Gebrauch war, um darzuthun, mit welcher List Ehud
seinen Mord vollbrachte. Statt also den Schluss zu ziehen, die Juden
hätten für gewöhnlich die Schwerter rechts getragen, muss man gerade
das Umgekehrte folgern, sonst müsste man gerade so folgerichtig an-
nehmen, sie hätten auch alle mit der Linken gekämpft, was an und für
sich widersinnig ist und durch viele Stellen widerlegt wird.

Das Schwert wurde an einem Gehänge an der linken Seite ge-
tragen und stak in einer Scheide. Das Gehänge scheint unter dem
Obergewande um die Lenden befestigt gewesen zu sein 1). David, als
er gegen den Goliath kämpfen will, gürtete das Schwert, das ihm
Saul gegeben, über seine Kleider 2). Nachdem er den Riesen mit der
Schleuder zu Boden gestreckt, riss er dessen eigenes Schwert aus der
Scheide und hieb ihm den Kopf ab 3). Doch liessen sich die Fürsten
und Heerführer ihr Schlachtschwert auch öfter von einem Waffenträger
nachtragen, wie dies Saul in seinem letzten verzweifelten Kampfe gegen
die Philister auf dem Gebirge Gilboa that. Er nahm das Schwert von
seinem Waffenträger, der sich weigert, ihn zu durchbohren, und stürzt
sich selbst hinein 4). Sauls Schwert war also gerade und spitz, wahr-
scheinlich ein zweischneidiges, gerades Schlachtschwert. Zweischneidige
Schwerter werden oft erwähnt 5). Ebenso wird der Blitz der ge-
schwungenen Klinge gerühmt.

Im Buche Hiob heisst es (20, 25): "Ein blosses Schwert wird durch
ihn ausgehen und des Schwertes Blitz, der ihnen bitter sein wird, wird
mit Schrecken über ihn fahren". Das Schwert war das Symbol des
Krieges; Jehovah verheisst: "Es soll kein Schwert durch Euer Land
gehen, d. h. ihr sollt in Frieden leben 6)." Fragen wir uns nun, aus
welchem Material bestanden die Schwerter, so geben uns in Erman-

1) Siehe Mos. 32, 27.
2) 1. Samuel 17, 39.
3) 1. Samuel 17, 51.
4) 1. Samuel 31, 4; vergleiche auch 4. Mos. 26, 7.
5) Siehe Sprüche Sal. 5, 4.
6) 3. Mos. 26, 6.

Syrien.
seiner rechten Hüfte und stieſs es ihm . . . . in den Bauch, daſs auch
das Heft der Schneide noch hinein fuhr und das Fett das Heft verschloſs.“
Hier handelt es sich um einen, mit groſser List und Vorsicht aus-
geführten Meuchelmord. Das Schwert war dolchartig und kurz, um
es besser verbergen zu können, er versteckte es in seinem Gewand auf
der rechten, verkehrten Seite, um weniger Verdacht zu erregen, auf
den furchtbaren Todesstoſs mit der linken Hand hatte er sich jeden-
falls eingeübt. Der Erzähler gibt die ungewöhnlichen Einzelheiten,
nämlich, daſs er die Waffe auf der rechten Seite in seinem Gewand
verbarg und den Stoſs mit der Linken führte, gerade deshalb an, weil
dies gegen den Gebrauch war, um darzuthun, mit welcher List Ehud
seinen Mord vollbrachte. Statt also den Schluſs zu ziehen, die Juden
hätten für gewöhnlich die Schwerter rechts getragen, muſs man gerade
das Umgekehrte folgern, sonst müſste man gerade so folgerichtig an-
nehmen, sie hätten auch alle mit der Linken gekämpft, was an und für
sich widersinnig ist und durch viele Stellen widerlegt wird.

Das Schwert wurde an einem Gehänge an der linken Seite ge-
tragen und stak in einer Scheide. Das Gehänge scheint unter dem
Obergewande um die Lenden befestigt gewesen zu sein 1). David, als
er gegen den Goliath kämpfen will, gürtete das Schwert, das ihm
Saul gegeben, über seine Kleider 2). Nachdem er den Riesen mit der
Schleuder zu Boden gestreckt, riſs er dessen eigenes Schwert aus der
Scheide und hieb ihm den Kopf ab 3). Doch lieſsen sich die Fürsten
und Heerführer ihr Schlachtschwert auch öfter von einem Waffenträger
nachtragen, wie dies Saul in seinem letzten verzweifelten Kampfe gegen
die Philister auf dem Gebirge Gilboa that. Er nahm das Schwert von
seinem Waffenträger, der sich weigert, ihn zu durchbohren, und stürzt
sich selbst hinein 4). Sauls Schwert war also gerade und spitz, wahr-
scheinlich ein zweischneidiges, gerades Schlachtschwert. Zweischneidige
Schwerter werden oft erwähnt 5). Ebenso wird der Blitz der ge-
schwungenen Klinge gerühmt.

Im Buche Hiob heiſst es (20, 25): „Ein bloſses Schwert wird durch
ihn ausgehen und des Schwertes Blitz, der ihnen bitter sein wird, wird
mit Schrecken über ihn fahren“. Das Schwert war das Symbol des
Krieges; Jehovah verheiſst: „Es soll kein Schwert durch Euer Land
gehen, d. h. ihr sollt in Frieden leben 6).“ Fragen wir uns nun, aus
welchem Material bestanden die Schwerter, so geben uns in Erman-

1) Siehe Mos. 32, 27.
2) 1. Samuel 17, 39.
3) 1. Samuel 17, 51.
4) 1. Samuel 31, 4; vergleiche auch 4. Mos. 26, 7.
5) Siehe Sprüche Sal. 5, 4.
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[165/0187] Syrien. seiner rechten Hüfte und stieſs es ihm . . . . in den Bauch, daſs auch das Heft der Schneide noch hinein fuhr und das Fett das Heft verschloſs.“ Hier handelt es sich um einen, mit groſser List und Vorsicht aus- geführten Meuchelmord. Das Schwert war dolchartig und kurz, um es besser verbergen zu können, er versteckte es in seinem Gewand auf der rechten, verkehrten Seite, um weniger Verdacht zu erregen, auf den furchtbaren Todesstoſs mit der linken Hand hatte er sich jeden- falls eingeübt. Der Erzähler gibt die ungewöhnlichen Einzelheiten, nämlich, daſs er die Waffe auf der rechten Seite in seinem Gewand verbarg und den Stoſs mit der Linken führte, gerade deshalb an, weil dies gegen den Gebrauch war, um darzuthun, mit welcher List Ehud seinen Mord vollbrachte. Statt also den Schluſs zu ziehen, die Juden hätten für gewöhnlich die Schwerter rechts getragen, muſs man gerade das Umgekehrte folgern, sonst müſste man gerade so folgerichtig an- nehmen, sie hätten auch alle mit der Linken gekämpft, was an und für sich widersinnig ist und durch viele Stellen widerlegt wird. Das Schwert wurde an einem Gehänge an der linken Seite ge- tragen und stak in einer Scheide. Das Gehänge scheint unter dem Obergewande um die Lenden befestigt gewesen zu sein 1). David, als er gegen den Goliath kämpfen will, gürtete das Schwert, das ihm Saul gegeben, über seine Kleider 2). Nachdem er den Riesen mit der Schleuder zu Boden gestreckt, riſs er dessen eigenes Schwert aus der Scheide und hieb ihm den Kopf ab 3). Doch lieſsen sich die Fürsten und Heerführer ihr Schlachtschwert auch öfter von einem Waffenträger nachtragen, wie dies Saul in seinem letzten verzweifelten Kampfe gegen die Philister auf dem Gebirge Gilboa that. Er nahm das Schwert von seinem Waffenträger, der sich weigert, ihn zu durchbohren, und stürzt sich selbst hinein 4). Sauls Schwert war also gerade und spitz, wahr- scheinlich ein zweischneidiges, gerades Schlachtschwert. Zweischneidige Schwerter werden oft erwähnt 5). Ebenso wird der Blitz der ge- schwungenen Klinge gerühmt. Im Buche Hiob heiſst es (20, 25): „Ein bloſses Schwert wird durch ihn ausgehen und des Schwertes Blitz, der ihnen bitter sein wird, wird mit Schrecken über ihn fahren“. Das Schwert war das Symbol des Krieges; Jehovah verheiſst: „Es soll kein Schwert durch Euer Land gehen, d. h. ihr sollt in Frieden leben 6).“ Fragen wir uns nun, aus welchem Material bestanden die Schwerter, so geben uns in Erman- 1) Siehe Mos. 32, 27. 2) 1. Samuel 17, 39. 3) 1. Samuel 17, 51. 4) 1. Samuel 31, 4; vergleiche auch 4. Mos. 26, 7. 5) Siehe Sprüche Sal. 5, 4. 6) 3. Mos. 26, 6.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/187>, abgerufen am 28.04.2024.