Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Entschlüssen. Diese Frau hat es über sich vermocht. Aber ihr Grund war auch ein gerechter; sie schrieb, was sie schrieb, für einen geliebten Sohn. Für wen sollte ich die Ereignisse meines Lebens aufzeichnen? "Ich beginne dies," schrieb sie: "im Jahre 1682, im einunddreißigsten meines Lebens, im ersten des deinigen." "Ich bin geboren zu Thouars, Mittwoch den 3. Januar 1652, nach der neuen Zeitrechnung, und den 25. December 1651, nach der alten. Ich wurde im Schlosse *)von Herrn Chabrolle am 12. März getauft und Charlotte Amalie genannt. Herr von St. Cyr, Gouverneur von Thouars, vertrat meinen Pathen, welcher der Landgraf Wilhelm VI. von Hessen, Bruder meiner Frau Mutter, Emilie von Hessen war, außerdem waren Herr von Turenne, Herr Landgraf Friedrich von Hessen (Oheim des regierenden Landgrafen), und Graf Moritz von Nassau meine männlichen Pathen; meine Pathinnen waren die Frau Herzogin von Zweibrücken, Aebtissin von Herfort, die Gräfin Charlotte von Derby **), geborene Herzogin de la Tremouille, die Frau Herzogin Eleonore Dorothea zu Sachsen-Weimar, die Frau Kurfürstin Charlotte von der Pfalz, Tochter des Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen, und Mademoiselle de Bouillon. Den Namen Amalie empfing ich von meiner Großmutter, der Frau Landgräfin Amalie Elisabeth, Gemahlin des regierenden Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen-Cassel." Welch ein Kranz glorreicher und strahlender Namen um die Wiege eines kleinen Mädchens! rief Ludwig aus. Ist mir doch als erblickte ich meine gute Großmutter, die so bewandert war in der Genealogie, leibhaftig vor mir, und hörte sie den Ruhm und die Verbindungen ihres alten Hauses verkünden! Wie oft mag sie mit stillem Vergnügen über diesem interessanten Buche gesessen haben! "Meine Frau Mutter ließ mich im Schlosse bei der Herzogin meiner Großmutter, die mich als einzige Tochter adoptirte und für *) Thouars an der Thoye hat ein schönes Bergschloß, die ehemalige Residenz der Herzoge de la Tremouille. **) Die hochherzige Wittwe des 1651 zu Bolton enthaupteten Jakob Stanislaus, Grafen von Derby.
Entschlüssen. Diese Frau hat es über sich vermocht. Aber ihr Grund war auch ein gerechter; sie schrieb, was sie schrieb, für einen geliebten Sohn. Für wen sollte ich die Ereignisse meines Lebens aufzeichnen? „Ich beginne dies,“ schrieb sie: „im Jahre 1682, im einunddreißigsten meines Lebens, im ersten des deinigen.“ „Ich bin geboren zu Thouars, Mittwoch den 3. Januar 1652, nach der neuen Zeitrechnung, und den 25. December 1651, nach der alten. Ich wurde im Schlosse *)von Herrn Chabrolle am 12. März getauft und Charlotte Amalie genannt. Herr von St. Cyr, Gouverneur von Thouars, vertrat meinen Pathen, welcher der Landgraf Wilhelm VI. von Hessen, Bruder meiner Frau Mutter, Emilie von Hessen war, außerdem waren Herr von Turenne, Herr Landgraf Friedrich von Hessen (Oheim des regierenden Landgrafen), und Graf Moritz von Nassau meine männlichen Pathen; meine Pathinnen waren die Frau Herzogin von Zweibrücken, Aebtissin von Herfort, die Gräfin Charlotte von Derby **), geborene Herzogin de la Tremouille, die Frau Herzogin Eleonore Dorothea zu Sachsen-Weimar, die Frau Kurfürstin Charlotte von der Pfalz, Tochter des Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen, und Mademoiselle de Bouillon. Den Namen Amalie empfing ich von meiner Großmutter, der Frau Landgräfin Amalie Elisabeth, Gemahlin des regierenden Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen-Cassel.“ Welch ein Kranz glorreicher und strahlender Namen um die Wiege eines kleinen Mädchens! rief Ludwig aus. Ist mir doch als erblickte ich meine gute Großmutter, die so bewandert war in der Genealogie, leibhaftig vor mir, und hörte sie den Ruhm und die Verbindungen ihres alten Hauses verkünden! Wie oft mag sie mit stillem Vergnügen über diesem interessanten Buche gesessen haben! „Meine Frau Mutter ließ mich im Schlosse bei der Herzogin meiner Großmutter, die mich als einzige Tochter adoptirte und für *) Thouars an der Thoye hat ein schönes Bergschloß, die ehemalige Residenz der Herzoge de la Tremouille. **) Die hochherzige Wittwe des 1651 zu Bolton enthaupteten Jakob Stanislaus, Grafen von Derby.
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Entschlüssen. Diese Frau hat es über sich vermocht. Aber ihr Grund war auch ein gerechter; sie schrieb, was sie schrieb, für einen geliebten Sohn. Für wen sollte ich die Ereignisse meines Lebens aufzeichnen?
„Ich beginne dies,“ schrieb sie: „im Jahre 1682, im einunddreißigsten meines Lebens, im ersten des deinigen.“
„Ich bin geboren zu Thouars, Mittwoch den 3. Januar 1652, nach der neuen Zeitrechnung, und den 25. December 1651, nach der alten. Ich wurde im Schlosse *)von Herrn Chabrolle am 12. März getauft und Charlotte Amalie genannt. Herr von St. Cyr, Gouverneur von Thouars, vertrat meinen Pathen, welcher der Landgraf Wilhelm VI. von Hessen, Bruder meiner Frau Mutter, Emilie von Hessen war, außerdem waren Herr von Turenne, Herr Landgraf Friedrich von Hessen (Oheim des regierenden Landgrafen), und Graf Moritz von Nassau meine männlichen Pathen; meine Pathinnen waren die Frau Herzogin von Zweibrücken, Aebtissin von Herfort, die Gräfin Charlotte von Derby **), geborene Herzogin de la Tremouille, die Frau Herzogin Eleonore Dorothea zu Sachsen-Weimar, die Frau Kurfürstin Charlotte von der Pfalz, Tochter des Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen, und Mademoiselle de Bouillon. Den Namen Amalie empfing ich von meiner Großmutter, der Frau Landgräfin Amalie Elisabeth, Gemahlin des regierenden Landgrafen Wilhelm V. zu Hessen-Cassel.“
Welch ein Kranz glorreicher und strahlender Namen um die Wiege eines kleinen Mädchens! rief Ludwig aus. Ist mir doch als erblickte ich meine gute Großmutter, die so bewandert war in der Genealogie, leibhaftig vor mir, und hörte sie den Ruhm und die Verbindungen ihres alten Hauses verkünden! Wie oft mag sie mit stillem Vergnügen über diesem interessanten Buche gesessen haben!
„Meine Frau Mutter ließ mich im Schlosse bei der Herzogin meiner Großmutter, die mich als einzige Tochter adoptirte und für
*) Thouars an der Thoye hat ein schönes Bergschloß, die ehemalige Residenz der Herzoge de la Tremouille.
**) Die hochherzige Wittwe des 1651 zu Bolton enthaupteten Jakob Stanislaus, Grafen von Derby.
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/471>, abgerufen am 23.07.2024. |