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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Schatten. "Ich machte mir Deiche, daraus zu wässern den Wald der grünenden Bäume." Noch andere Deiche schuf ich, die das Land beschützen vor den drohenden Meereswogen, ich opferte mich auf für dieses Land. "Ich hatte Knechte und Mägde und Gesinde," habe sie noch, füttere und nähre Viele umsonst, deren ich nicht mehr bedarf, die aber meiner bedürfen. "Ich sammelte mir auch Silber und Gold, und war den Königen und Ländern ein Schatz" , spricht der weise Prediger. So that auch ich; ich sammelte einen reichen Schatz in Gold und Silber und in Erz, welches der edle Rost von Jahrtausenden ziert, meine Münzen. Und was wird das Loos dieser Sammlung sein? Die sie nach mir besitzen, werden gemünztes Gold und Silber nöthiger brauchen, werden meinen Schatz verkaufen, und er wird allmählig wieder kommen in die Hände der Händler, wird zerstreut werden, wie er vor mir zerstreut war, denn es ist Alles eitel, ja, "da ich ansah alle meine Werke, die meine Hand gethan hatte, und die Mühe schätze, die ich gehabt hatte, siehe da war es Alles eitel und Jammer und Nichts mehr unter der Sonne." Jammer, ja wohl, Jammer! O du hoher Prophet, du Weiser im Purpurmantel! Theure und werthe Verwandte sah ich verbannt werden und in Jammer und Elend ziehen, werthes Besitzthum sah ich verloren gehen und mich dessen beraubt werden, womit ich Andere glücklich machen wollte, mein geliebtester Enkel ist weit, weit von mir gegangen, wird mir nicht die Augen zudrücken, zieht einem jungen schönen Stern liebend nach, und drüben in Kniphausen bricht ein reines, edles Herz an einem Weh, das unaussprechlich ist. Jammer! Jammer! Und so werde ich mit vollem Rechte sagen müssen mit dem Prediger: "Mich verdroß alle meine Arbeit, die ich unter der Sonne hatte, daß ich dieselbe einem Menschen lassen mußte, der nach mir sein soll. Denn wer weiß ob er weise oder toll sein wird, und soll doch herrschen in aller meiner Arbeit!"

Fort mit den thörichten Gedanken! rief aus ihrem trüben Sinnen sich aufrichtend die Reichsgräfin; mit derartigen Gedanken sich zu quälen, ist auch eitel, und "der Herr," singt der Psalmist, "der Herr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind."

Die Matrone klingelte, der Diener trat ein: Ich lasse die Herren bitten!

Schatten. „Ich machte mir Deiche, daraus zu wässern den Wald der grünenden Bäume.“ Noch andere Deiche schuf ich, die das Land beschützen vor den drohenden Meereswogen, ich opferte mich auf für dieses Land. „Ich hatte Knechte und Mägde und Gesinde,“ habe sie noch, füttere und nähre Viele umsonst, deren ich nicht mehr bedarf, die aber meiner bedürfen. „Ich sammelte mir auch Silber und Gold, und war den Königen und Ländern ein Schatz“ , spricht der weise Prediger. So that auch ich; ich sammelte einen reichen Schatz in Gold und Silber und in Erz, welches der edle Rost von Jahrtausenden ziert, meine Münzen. Und was wird das Loos dieser Sammlung sein? Die sie nach mir besitzen, werden gemünztes Gold und Silber nöthiger brauchen, werden meinen Schatz verkaufen, und er wird allmählig wieder kommen in die Hände der Händler, wird zerstreut werden, wie er vor mir zerstreut war, denn es ist Alles eitel, ja, „da ich ansah alle meine Werke, die meine Hand gethan hatte, und die Mühe schätze, die ich gehabt hatte, siehe da war es Alles eitel und Jammer und Nichts mehr unter der Sonne.“ Jammer, ja wohl, Jammer! O du hoher Prophet, du Weiser im Purpurmantel! Theure und werthe Verwandte sah ich verbannt werden und in Jammer und Elend ziehen, werthes Besitzthum sah ich verloren gehen und mich dessen beraubt werden, womit ich Andere glücklich machen wollte, mein geliebtester Enkel ist weit, weit von mir gegangen, wird mir nicht die Augen zudrücken, zieht einem jungen schönen Stern liebend nach, und drüben in Kniphausen bricht ein reines, edles Herz an einem Weh, das unaussprechlich ist. Jammer! Jammer! Und so werde ich mit vollem Rechte sagen müssen mit dem Prediger: „Mich verdroß alle meine Arbeit, die ich unter der Sonne hatte, daß ich dieselbe einem Menschen lassen mußte, der nach mir sein soll. Denn wer weiß ob er weise oder toll sein wird, und soll doch herrschen in aller meiner Arbeit!“

Fort mit den thörichten Gedanken! rief aus ihrem trüben Sinnen sich aufrichtend die Reichsgräfin; mit derartigen Gedanken sich zu quälen, ist auch eitel, und „der Herr,“ singt der Psalmist, „der Herr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind.“

Die Matrone klingelte, der Diener trat ein: Ich lasse die Herren bitten!

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[338/0342] Schatten. „Ich machte mir Deiche, daraus zu wässern den Wald der grünenden Bäume.“ Noch andere Deiche schuf ich, die das Land beschützen vor den drohenden Meereswogen, ich opferte mich auf für dieses Land. „Ich hatte Knechte und Mägde und Gesinde,“ habe sie noch, füttere und nähre Viele umsonst, deren ich nicht mehr bedarf, die aber meiner bedürfen. „Ich sammelte mir auch Silber und Gold, und war den Königen und Ländern ein Schatz“ , spricht der weise Prediger. So that auch ich; ich sammelte einen reichen Schatz in Gold und Silber und in Erz, welches der edle Rost von Jahrtausenden ziert, meine Münzen. Und was wird das Loos dieser Sammlung sein? Die sie nach mir besitzen, werden gemünztes Gold und Silber nöthiger brauchen, werden meinen Schatz verkaufen, und er wird allmählig wieder kommen in die Hände der Händler, wird zerstreut werden, wie er vor mir zerstreut war, denn es ist Alles eitel, ja, „da ich ansah alle meine Werke, die meine Hand gethan hatte, und die Mühe schätze, die ich gehabt hatte, siehe da war es Alles eitel und Jammer und Nichts mehr unter der Sonne.“ Jammer, ja wohl, Jammer! O du hoher Prophet, du Weiser im Purpurmantel! Theure und werthe Verwandte sah ich verbannt werden und in Jammer und Elend ziehen, werthes Besitzthum sah ich verloren gehen und mich dessen beraubt werden, womit ich Andere glücklich machen wollte, mein geliebtester Enkel ist weit, weit von mir gegangen, wird mir nicht die Augen zudrücken, zieht einem jungen schönen Stern liebend nach, und drüben in Kniphausen bricht ein reines, edles Herz an einem Weh, das unaussprechlich ist. Jammer! Jammer! Und so werde ich mit vollem Rechte sagen müssen mit dem Prediger: „Mich verdroß alle meine Arbeit, die ich unter der Sonne hatte, daß ich dieselbe einem Menschen lassen mußte, der nach mir sein soll. Denn wer weiß ob er weise oder toll sein wird, und soll doch herrschen in aller meiner Arbeit!“ Fort mit den thörichten Gedanken! rief aus ihrem trüben Sinnen sich aufrichtend die Reichsgräfin; mit derartigen Gedanken sich zu quälen, ist auch eitel, und „der Herr,“ singt der Psalmist, „der Herr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind.“ Die Matrone klingelte, der Diener trat ein: Ich lasse die Herren bitten!

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/342>, abgerufen am 21.11.2024.