Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.dem Schlage wehte ein grüner Schleier, ein Blick auf die im Wagen sitzende Dame und Ludwig schrie Philipp zu: Mein Pferd! Mein Pferd! Auch der zweite Postillon, da er seinen Kameraden so eilen sah, hieb stark auf die Pferde ein, und die Kutsche flog pfeilgeschwind an Ludwig vorüber. Dennoch konnte er sehen, wie eine darin sitzende Dame den Schleier zurück schlug und jauchzend rief er aus: Halt! Halt! Anges! O Anges! -- Aber der Postillon, im Wahne, daß seinen Reisenden Gefahr drohe, denn die Dame war nicht allein, es saß noch ein ältlicher Mann im Wagen bei ihr, trieb unaufhaltsam die Pferde von dannen und jenem ersten Wagen nach. Mein Pferd! Mein Pferd! rief Ludwig noch einmal, schwang sich eilend auf und ritt im sausenden Galopp hinterdrein, was den Postillon in dem Glauben bestärkte, daß er ernstlich verfolgt werde, er jagte deshalb die Pferde zur Höhe hinan, daß sie dem Stürzen nahe kamen. Dennoch erreichte der Graf im raschen Ansprengen den Wagen und donnerte dem Kutscher mit einem gespannten Doppelterzerol in der Hand ein Halt! zu. Das wirkte, der Postillon ließ die Pferde im Schritt gehen, Ludwig ritt an den Schlag, und rief hinein: Anges! Um des Himmels Willen, Anges! Bist du es wirklich? Ja, ich bin es, o ich bin es, Graf Ludwig! O Gott! -- Und du? -- Wie treffen wir uns hier? Wunderbar! Wunderbar! rief Ludwig. Und wohin eilst du, Anges? Woher? Wohin? Weit -- weit fort! mein lieber Freund! Es ist keine Sicherheit mehr in Deutschland! Wir sind verscheucht aus jedem Asyle. Die Prinzessin flieht, ich folge, und auch hier, Herr Jacques in Diensten Seiner königlichen Hoheit des Prinzen. So sehe ich dich, nur um dich abermals zu verlieren, Anges? rief der Graf erschüttert aus. Es ist so des Schicksals Wille! seufzte Anges und Thränen entströmten ihren Augen. Warum entzogst du dich unserm treuen Leonardus? fragte er sie nach einer Weile, nicht ohne einigen Vorwurf im Tone. dem Schlage wehte ein grüner Schleier, ein Blick auf die im Wagen sitzende Dame und Ludwig schrie Philipp zu: Mein Pferd! Mein Pferd! Auch der zweite Postillon, da er seinen Kameraden so eilen sah, hieb stark auf die Pferde ein, und die Kutsche flog pfeilgeschwind an Ludwig vorüber. Dennoch konnte er sehen, wie eine darin sitzende Dame den Schleier zurück schlug und jauchzend rief er aus: Halt! Halt! Angés! O Angés! — Aber der Postillon, im Wahne, daß seinen Reisenden Gefahr drohe, denn die Dame war nicht allein, es saß noch ein ältlicher Mann im Wagen bei ihr, trieb unaufhaltsam die Pferde von dannen und jenem ersten Wagen nach. Mein Pferd! Mein Pferd! rief Ludwig noch einmal, schwang sich eilend auf und ritt im sausenden Galopp hinterdrein, was den Postillon in dem Glauben bestärkte, daß er ernstlich verfolgt werde, er jagte deshalb die Pferde zur Höhe hinan, daß sie dem Stürzen nahe kamen. Dennoch erreichte der Graf im raschen Ansprengen den Wagen und donnerte dem Kutscher mit einem gespannten Doppelterzerol in der Hand ein Halt! zu. Das wirkte, der Postillon ließ die Pferde im Schritt gehen, Ludwig ritt an den Schlag, und rief hinein: Angés! Um des Himmels Willen, Angés! Bist du es wirklich? Ja, ich bin es, o ich bin es, Graf Ludwig! O Gott! — Und du? — Wie treffen wir uns hier? Wunderbar! Wunderbar! rief Ludwig. Und wohin eilst du, Angés? Woher? Wohin? Weit — weit fort! mein lieber Freund! Es ist keine Sicherheit mehr in Deutschland! Wir sind verscheucht aus jedem Asyle. Die Prinzessin flieht, ich folge, und auch hier, Herr Jacques in Diensten Seiner königlichen Hoheit des Prinzen. So sehe ich dich, nur um dich abermals zu verlieren, Angés? rief der Graf erschüttert aus. Es ist so des Schicksals Wille! seufzte Angés und Thränen entströmten ihren Augen. Warum entzogst du dich unserm treuen Leonardus? fragte er sie nach einer Weile, nicht ohne einigen Vorwurf im Tone. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0330" n="326"/> dem Schlage wehte ein grüner Schleier, ein Blick auf die im Wagen sitzende Dame und Ludwig schrie Philipp zu: Mein Pferd! Mein Pferd!</p> <p>Auch der zweite Postillon, da er seinen Kameraden so eilen sah, hieb stark auf die Pferde ein, und die Kutsche flog pfeilgeschwind an Ludwig vorüber. Dennoch konnte er sehen, wie eine darin sitzende Dame den Schleier zurück schlug und jauchzend rief er aus: Halt! Halt! Angés! O Angés! — Aber der Postillon, im Wahne, daß seinen Reisenden Gefahr drohe, denn die Dame war nicht allein, es saß noch ein ältlicher Mann im Wagen bei ihr, trieb unaufhaltsam die Pferde von dannen und jenem ersten Wagen nach.</p> <p>Mein Pferd! Mein Pferd! rief Ludwig noch einmal, schwang sich eilend auf und ritt im sausenden Galopp hinterdrein, was den Postillon in dem Glauben bestärkte, daß er ernstlich verfolgt werde, er jagte deshalb die Pferde zur Höhe hinan, daß sie dem Stürzen nahe kamen. Dennoch erreichte der Graf im raschen Ansprengen den Wagen und donnerte dem Kutscher mit einem gespannten Doppelterzerol in der Hand ein Halt! zu. Das wirkte, der Postillon ließ die Pferde im Schritt gehen, Ludwig ritt an den Schlag, und rief hinein: Angés! Um des Himmels Willen, Angés! Bist du es wirklich?</p> <p>Ja, ich bin es, o ich bin es, Graf Ludwig! O Gott! — Und du? — Wie treffen wir uns hier?</p> <p>Wunderbar! Wunderbar! rief Ludwig. Und wohin eilst du, Angés? Woher? 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dem Schlage wehte ein grüner Schleier, ein Blick auf die im Wagen sitzende Dame und Ludwig schrie Philipp zu: Mein Pferd! Mein Pferd!
Auch der zweite Postillon, da er seinen Kameraden so eilen sah, hieb stark auf die Pferde ein, und die Kutsche flog pfeilgeschwind an Ludwig vorüber. Dennoch konnte er sehen, wie eine darin sitzende Dame den Schleier zurück schlug und jauchzend rief er aus: Halt! Halt! Angés! O Angés! — Aber der Postillon, im Wahne, daß seinen Reisenden Gefahr drohe, denn die Dame war nicht allein, es saß noch ein ältlicher Mann im Wagen bei ihr, trieb unaufhaltsam die Pferde von dannen und jenem ersten Wagen nach.
Mein Pferd! Mein Pferd! rief Ludwig noch einmal, schwang sich eilend auf und ritt im sausenden Galopp hinterdrein, was den Postillon in dem Glauben bestärkte, daß er ernstlich verfolgt werde, er jagte deshalb die Pferde zur Höhe hinan, daß sie dem Stürzen nahe kamen. Dennoch erreichte der Graf im raschen Ansprengen den Wagen und donnerte dem Kutscher mit einem gespannten Doppelterzerol in der Hand ein Halt! zu. Das wirkte, der Postillon ließ die Pferde im Schritt gehen, Ludwig ritt an den Schlag, und rief hinein: Angés! Um des Himmels Willen, Angés! Bist du es wirklich?
Ja, ich bin es, o ich bin es, Graf Ludwig! O Gott! — Und du? — Wie treffen wir uns hier?
Wunderbar! Wunderbar! rief Ludwig. Und wohin eilst du, Angés? Woher? Wohin?
Weit — weit fort! mein lieber Freund! Es ist keine Sicherheit mehr in Deutschland! Wir sind verscheucht aus jedem Asyle. Die Prinzessin flieht, ich folge, und auch hier, Herr Jacques in Diensten Seiner königlichen Hoheit des Prinzen.
So sehe ich dich, nur um dich abermals zu verlieren, Angés? rief der Graf erschüttert aus.
Es ist so des Schicksals Wille! seufzte Angés und Thränen entströmten ihren Augen.
Warum entzogst du dich unserm treuen Leonardus? fragte er sie nach einer Weile, nicht ohne einigen Vorwurf im Tone.
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/330>, abgerufen am 14.06.2024. |