Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Windt drängte, was er zu sagen hatte, in geflügelte Worte zusammen; gute Wünsche für baldige Befreiung, die Nothwendigkeit, wenn diese in der nächsten Stunde erfolgen sollte, ohne Verweilen die Angelegenheit zu ordnen, und da dieses nur in Deutschland geschehen könne, dorthin zu reisen, Windt in Doorwerth abzuholen und ihn mit nach Hamburg oder wo die Reichsgräfin sonst sich aufhalten werde, zu nehmen. Falls Windt bereits in Pyrmont, Bückeburg oder Stadthagen sei, solle ihn der Erbherr ohne Verzug von jedem gethanen oder beabsichtigten Schritt unterrichten. Windt fand den gefangenen Herrn zu Allem willig, erhielt Grüße von ihm an alle Freunde und Bekannte und schied mit der Beruhigung im Herzen, abermals zum guten Werke endlichen Vergleiches beigetragen und seinen Aufbau, wenn auch nicht merklich höher, doch in Etwas weiter gefördert zu haben. Der Abend vereinte die drei Freunde in gemüthlicher Unterhaltung auf einem ihrer Zimmer. Leonardus war Windt bisher immer noch die Erzählung von Dem schuldig geblieben, was ihm begegnet war, seit er zum letztenmale le Mans verlassen hatte, und was eigentlich Ursache an seinem Kranksein und der ganzen traurigen Verfassung sei, in welcher er jüngst zu Doorwerth angekommen war. Der Diener besorgte daher zur gemüthlichen Plauderstunde für Windt und Leonardus die unvermeidlichen holländischen Thonpfeifen, und als der köstlichste Tabak das Zimmer durchduftete, begann Leonardus seine Erzählung. 9. Die Abenteuer des Leonardus.
Ich hatte nicht Rast nicht Ruhe, eine unaussprechliche und unbezwingliche Sehnsucht trieb mich an, Anges zu suchen, und ganz vergebens war die Stimme der Vernunft, die mir zurief: was willst du bei ihr? Störe nicht die Ruhe dieser so edlen Freundin, wecke nicht neuen Schmerz auf, errege nicht neue Kämpfe, strebe nicht nach einem Siege über sie, der dir nicht ehrenvoll und rühmlich wäre! Dämonisch Windt drängte, was er zu sagen hatte, in geflügelte Worte zusammen; gute Wünsche für baldige Befreiung, die Nothwendigkeit, wenn diese in der nächsten Stunde erfolgen sollte, ohne Verweilen die Angelegenheit zu ordnen, und da dieses nur in Deutschland geschehen könne, dorthin zu reisen, Windt in Doorwerth abzuholen und ihn mit nach Hamburg oder wo die Reichsgräfin sonst sich aufhalten werde, zu nehmen. Falls Windt bereits in Pyrmont, Bückeburg oder Stadthagen sei, solle ihn der Erbherr ohne Verzug von jedem gethanen oder beabsichtigten Schritt unterrichten. Windt fand den gefangenen Herrn zu Allem willig, erhielt Grüße von ihm an alle Freunde und Bekannte und schied mit der Beruhigung im Herzen, abermals zum guten Werke endlichen Vergleiches beigetragen und seinen Aufbau, wenn auch nicht merklich höher, doch in Etwas weiter gefördert zu haben. Der Abend vereinte die drei Freunde in gemüthlicher Unterhaltung auf einem ihrer Zimmer. Leonardus war Windt bisher immer noch die Erzählung von Dem schuldig geblieben, was ihm begegnet war, seit er zum letztenmale le Mans verlassen hatte, und was eigentlich Ursache an seinem Kranksein und der ganzen traurigen Verfassung sei, in welcher er jüngst zu Doorwerth angekommen war. Der Diener besorgte daher zur gemüthlichen Plauderstunde für Windt und Leonardus die unvermeidlichen holländischen Thonpfeifen, und als der köstlichste Tabak das Zimmer durchduftete, begann Leonardus seine Erzählung. 9. Die Abenteuer des Leonardus.
Ich hatte nicht Rast nicht Ruhe, eine unaussprechliche und unbezwingliche Sehnsucht trieb mich an, Angés zu suchen, und ganz vergebens war die Stimme der Vernunft, die mir zurief: was willst du bei ihr? Störe nicht die Ruhe dieser so edlen Freundin, wecke nicht neuen Schmerz auf, errege nicht neue Kämpfe, strebe nicht nach einem Siege über sie, der dir nicht ehrenvoll und rühmlich wäre! Dämonisch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0286" n="282"/> <p>Windt drängte, was er zu sagen hatte, in geflügelte Worte zusammen; gute Wünsche für baldige Befreiung, die Nothwendigkeit, wenn diese in der nächsten Stunde erfolgen sollte, ohne Verweilen die Angelegenheit zu ordnen, und da dieses nur in Deutschland geschehen könne, dorthin zu reisen, Windt in Doorwerth abzuholen und ihn mit nach Hamburg oder wo die Reichsgräfin sonst sich aufhalten werde, zu nehmen. Falls Windt bereits in Pyrmont, Bückeburg oder Stadthagen sei, solle ihn der Erbherr ohne Verzug von jedem gethanen oder beabsichtigten Schritt unterrichten.</p> <p>Windt fand den gefangenen Herrn zu Allem willig, erhielt Grüße von ihm an alle Freunde und Bekannte und schied mit der Beruhigung im Herzen, abermals zum guten Werke endlichen Vergleiches beigetragen und seinen Aufbau, wenn auch nicht merklich höher, doch in Etwas weiter gefördert zu haben. Der Abend vereinte die drei Freunde in gemüthlicher Unterhaltung auf einem ihrer Zimmer.</p> <p>Leonardus war Windt bisher immer noch die Erzählung von Dem schuldig geblieben, was ihm begegnet war, seit er zum letztenmale le Mans verlassen hatte, und was eigentlich Ursache an seinem Kranksein und der ganzen traurigen Verfassung sei, in welcher er jüngst zu Doorwerth angekommen war. Der Diener besorgte daher zur gemüthlichen Plauderstunde für Windt und Leonardus die unvermeidlichen holländischen Thonpfeifen, und als der köstlichste Tabak das Zimmer durchduftete, begann Leonardus seine Erzählung.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head>9. Die Abenteuer des Leonardus.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich hatte nicht Rast nicht Ruhe, eine unaussprechliche und unbezwingliche Sehnsucht trieb mich an, Angés zu suchen, und ganz vergebens war die Stimme der Vernunft, die mir zurief: was willst du bei ihr? Störe nicht die Ruhe dieser so edlen Freundin, wecke nicht neuen Schmerz auf, errege nicht neue Kämpfe, strebe nicht nach einem Siege über sie, der dir nicht ehrenvoll und rühmlich wäre! Dämonisch </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0286]
Windt drängte, was er zu sagen hatte, in geflügelte Worte zusammen; gute Wünsche für baldige Befreiung, die Nothwendigkeit, wenn diese in der nächsten Stunde erfolgen sollte, ohne Verweilen die Angelegenheit zu ordnen, und da dieses nur in Deutschland geschehen könne, dorthin zu reisen, Windt in Doorwerth abzuholen und ihn mit nach Hamburg oder wo die Reichsgräfin sonst sich aufhalten werde, zu nehmen. Falls Windt bereits in Pyrmont, Bückeburg oder Stadthagen sei, solle ihn der Erbherr ohne Verzug von jedem gethanen oder beabsichtigten Schritt unterrichten.
Windt fand den gefangenen Herrn zu Allem willig, erhielt Grüße von ihm an alle Freunde und Bekannte und schied mit der Beruhigung im Herzen, abermals zum guten Werke endlichen Vergleiches beigetragen und seinen Aufbau, wenn auch nicht merklich höher, doch in Etwas weiter gefördert zu haben. Der Abend vereinte die drei Freunde in gemüthlicher Unterhaltung auf einem ihrer Zimmer.
Leonardus war Windt bisher immer noch die Erzählung von Dem schuldig geblieben, was ihm begegnet war, seit er zum letztenmale le Mans verlassen hatte, und was eigentlich Ursache an seinem Kranksein und der ganzen traurigen Verfassung sei, in welcher er jüngst zu Doorwerth angekommen war. Der Diener besorgte daher zur gemüthlichen Plauderstunde für Windt und Leonardus die unvermeidlichen holländischen Thonpfeifen, und als der köstlichste Tabak das Zimmer durchduftete, begann Leonardus seine Erzählung.
9. Die Abenteuer des Leonardus.
Ich hatte nicht Rast nicht Ruhe, eine unaussprechliche und unbezwingliche Sehnsucht trieb mich an, Angés zu suchen, und ganz vergebens war die Stimme der Vernunft, die mir zurief: was willst du bei ihr? Störe nicht die Ruhe dieser so edlen Freundin, wecke nicht neuen Schmerz auf, errege nicht neue Kämpfe, strebe nicht nach einem Siege über sie, der dir nicht ehrenvoll und rühmlich wäre! Dämonisch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML.
(2013-01-22T14:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
austrian literature online: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-22T14:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-22T14:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |